Amber Rain
Amber, ich werde es nicht tun.“
Ich verschlucke mich an meinem Atem. Warum?
„Nicht am Telefon.“ Alles, was an Erregung durch die Le i tung geflossen ist, hat er mit diesem Satz zum Versiegen g e bracht. Nicht am Telefon. Ich lasse mich mit dem Rücken g e gen die Wand fallen und blinzle gegen das Brennen in meinen Augen an. Es war ein schöner Traum. Kurz, aber schön. Cri s pin lässt sich von meiner Qual nicht beeindrucken. Er muss gehört haben, wie sehr er mich mit seiner Forderung aus dem Konzept gebracht hat, aber seine Stimme ist plötzlich wieder ganz sanft, als er weiterspricht. Die perfekte Verführung.
„Ich werde es dir zeigen. Bring die Sachen mit. Du musst keine Angst haben. Wir gehen an einen Ort, der öffentlich ist. Ein geschlossener Raum, nur du und ich. Deckenhohe Fenster lassen Licht in das Zimmer strömen, und es gibt keine verri e gelten Türen. Du kannst gehen. Zu jeder Zeit. Du bestimmst wann, und du bestimmst wie. Du hast die Zügel in der Hand.“
Und einfach so zerstreut er alle meine Zweifel. Ist es wirklich möglich, dass dieser Mann, dieser Fremde, genau weiß, was ich brauche? Fluchtmöglichkeiten, Abgeschiedenheit, Begrenzu n gen und Sicherheit.
„Crispin, ich weiß nicht.“ Zweifel drohen mich zu überma n nen. „Wir kennen uns doch gar nicht.“ Wie lahm mein Ei n wand ist, weiß ich schon, bevor er leise ins Telefon lacht.
„Ach Amber, ich finde, ich habe dich letzte Nacht schon recht gut kennengelernt. Oder wie viele Männer wissen, wie dein Seufzen klingt, wenn du dich mit drei Fingern selber fickst?“
Hat er das wirklich gesagt? Ich schlucke und kann es kaum glauben. Aber da ist noch etwas in mir, eine zarte Blume voll Neugier, die sich von seinen derben Worten angesprochen fühlt, und vorsichtig ihren Kopf aus dem Beet aus Angst hebt. „Ich …“
„Morgen Abend. Zwanzig Uhr. Ich bestell dir ein Taxi. Und Amber“, er lässt meinen Namen einen Augenblick in der Le i tung schweben, bevor er weiterspricht, „du wirst kommen.“
Bevor ich antworten kann, hat er aufgelegt. Die Doppelde u tigkeit seines letzten Satzes ist mir nicht entgangen. Wie schw e rer Samt legt sich die Erinnerung an diese drei Worte um me i ne Schultern. Ein Versprechen.
„Ehrlich, Amber, du bist doch verrückt.“
Ausgerechnet Charly, die mir mit ihrer ewigen Leier, dass ich mir endlich ein Liebesleben zulegen soll, monatelang auf die Nerven gegangen ist, bekommt jetzt Hemmungen. Sie sitzt auf meinem Bett und zwirbelt einen Streifen Bettwäsche zwischen ihren Fingern. „Der Typ klingt ganz schön durchgeknallt. Und mit dem willst du dich treffen? Was ist, wenn der ein absoluter Psycho ist und auf irgendwelche perversen Spielchen steht?“ Ihr Blick fällt auf das Kästchen mit Crispins Geschenken auf meinem Nachttisch.
Ich hebe die Schultern und grinse sie an. „Du passt auf mich auf.“
„Wie? Ich soll Anstandsdame spielen, während du dich mit Mr. Telefonsex triffst?“ 1:0 für Amber. Offenbar ist es mir das erste Mal in meinem Leben gelungen, Charly mit einer Mä n nergeschichte zu schockieren. Ihre Augen, als ich ihr von Cri s pin und unserer Art des Kennenlernens erzählt habe, waren ungefähr so groß wie Bauklötze. Ich wette, eine Weile lang hat sie sogar überlegt, ob ich mit ihr spiele. Aber der Handschuh und die Maske haben sie dann doch von meiner Geschichte überzeugt. Sie hat mir versprochen, direkt nach ihrem Feie r abend bei mir vorbei zu kommen, um meine Verabredung zu planen. Und hier sitzen wir nun. Ein Berg Klamotten zwischen uns aufgetürmt, die nicht mir gehören, und jeder eine Tasse heiße Schokolade in der Hand.
„So ungefähr. Ich gebe dir seinen Namen und seine beiden Telefonnummern und texte dir, sobald ich weiß, wo unsere Verabredung ist. Wenn ich mich bis Mitternacht nicht noch einmal gemeldet habe, rufst du die Polizei.“
„Warum ausgerechnet Mitternacht?“
„Naja, ich will sehen, ob er sich in einen Kürbis verwandelt.“ Ihre Lippen öffnen sich zu einem kleinen O, und sie schüttelt den Kopf. Dann prusten wir gemeinsam los. Die Vorstellung, dass Crispin-Sexy-Voice sich vor meinen Augen in einen ora n gefarbenen Klops verwandeln könnte, gefällt mir ganz und gar nicht. Charly greift über den Kleiderberg zwischen uns nach meinen Schultern und zieht mich in ihre Umarmung.
„Ach, Amber. Ich wünsch dir wirklich, dass das gut geht he u te Abend. Aber hast du dir schon einmal gedacht, dass er vie l leicht ein alter Kerl mit
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