Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts
natürlich ist; man ist sich nie sicher, wonach man Ausschau halten muß.
Einige Minuten vergingen, und dann roch ich es, bevor ich etwas sah.
Rauch.
Im nächsten Augenblick zuckte ein Feuerstrahl auf. Eine lange Flammenlinie schnitt quer durch meinen Weg.
Und wieder die Stimme: »Ich sagte doch: Kehr um!«
Der Wind war hinter dem Feuer und trieb es auf mich zu. Ich drehte mich um, um zu flüchten, und sah, daß es mich bereits seitlich eingekesselt hatte. Es dauert eine Weile, bis man die richtige Geistesverfassung für eine Schatten-Verschiebung aufbaut, und ich hatte meine leichtfertig aufgegeben. Ich zweifelte daran, daß ich sie rechtzeitig wieder aufbauen könnte.
Ich lief los.
Die Flammenlinie bog sich um mich herum, als ob sie einen großen Kreis beschreiben wollte. Ich hielt jedoch nicht inne, um die Präzision des Gebildes zu bewundern, da ich inzwischen bereits die Hitze spürte und der Rauch immer dichter wurde.
Über das Knistern des Feuers hinweg glaubte ich immer noch das Trommeln der Hufe zu hören. Meine Augen tränten jedoch, und dichte Rauchschwaden behinderten mir die Sicht. Und wieder entdeckte ich kein Anzeichen jener Person, die die Falle hatte zuschnappen lassen.
Und doch - eindeutig - bebte der Boden unter dem schnellen Herannahen behufter Geschöpfe, die sich in meine Richtung bewegten. Die Flammen schlugen immer höher und schoben sich dichter an mich heran, während der Kreis sich allmählich schloß.
Ich fragte mich, welche neue Bedrohung wohl auf mich zukommen mochte, als ein Pferd mit Reiter durch eine Lücke in der Flammenwand in mein Sichtfeld brach. Der Reiter riß an den Zügeln, doch das Pferd - ein kastanienbraunes Tier - war nicht besonders glücklich, so nahe an den Flammen. Es fletschte die Zähne, biß auf das Zaumzeug und versuchte mehrmals, sich aufzubäumen.
»Schnell! Hinter mir aufsitzen!« schrie der Reiter, und ich beeilte mich, der Aufforderung zu folgen.
Der Reiter war eine dunkelhaarige Frau. Ich erhaschte nur einen flüchtigen Blick auf ihre Gesichtszüge. Es gelang ihr, das Pferd in die Richtung zurückzulenken, aus der sie gekommen war, und sie schüttelte die Zügel. Der Kastanienbraune schoß nach vorn und bäumte sich plötzlich auf. Ich schaffte es, nicht abgeworfen zu werden.
Als seine Vorderhufe wieder den Boden berührten, sprang das Tier mit einem Satz um die eigene Achse und raste auf das Licht zu. Es war beinahe in den Flammen, als es wieder auf der Stelle kehrtmachte.
»Verdammt!« hörte ich die Reiterin fluchen, während sie ziemlich nervös mit den Zügeln herumhantierte.
Das Pferd drehte sich wieder um und wieherte laut. Blutiger Speichel tropfte ihm aus dem Maul. Inzwischen hatte sich der Kreis geschlossen, der Rauch war schwer, und die Flammen waren sehr nahe. Ich war nicht in der Lage zu helfen, außer daß ich ihm ein paar heftige Tritte in die Flanken geben konnte, als es sich wieder geradeaus vorwärtsbewegte.
Es stürzte auf die Flammen zu unserer Linken zu, wobei es wilde Schreie ausstieß. Ich hatte keine Ahnung, wie breit der Feuerstreifen zu diesem Zeitpunkt war. Ich spürte jedoch einen sengenden Schmerz entlang der Beine, und der Geruch brennender Haare stieg mir in die Nase.
Dann bäumte sich das Tier erneut auf, die Reiterin brüllte es an, und ich mußte feststellen, daß ich mich nicht mehr festhalten konnte. Ich merkte, wie ich nach hinten wegrutschte, und zwar genau in dem Augenblick, als wir den Feuerreif durchbrachen und auf verkohlten, schwelenden Boden gelangten, wo die Flammen bereits vorbeigezogen waren. Ich stürzte mitten zwischen heiße schwarze Klumpen; Asche stob rings um mich auf. Ich rollte mich mit aller Kraft nach links, ich hustete und drückte die Augen fest zu zum Schutz gegen die Aschewolken, die mein Gesicht angriffen.
Ich hörte die Schreie der Frau und rappelte mich auf, wobei ich mir die Augen rieb. Meine Sicht klärte sich rechtzeitig, damit ich sah, wie der Kastanienbraune sich von der Stelle erhob, wo er offenbar auf seine Reiterin gefallen war. Das Pferd stürmte sofort davon, um sich in den Rauchwolken zu verlieren. Die Frau lag reglos da, und ich eilte zu ihr. Ich kniete neben ihr nieder, wischte Funken von ihrer Kleidung und prüfte ihre Atmung und ihren Puls. Währenddessen öffnete sie die Augen.
»Mein Rücken... ist gebrochen... glaube ich«,
keuchte sie hustend. »Ich fühle... kaum noch was... Flieh... wenn du kannst... laß mich hier. Ich sterbe... sowieso.«
»Bestimmt
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