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Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts

Titel: Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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Dann erhob ich mich, wobei mir Frakir von der linken Hand baumelte, und schritt in den Wald.
    Ich hielt sorgsam Ausschau, doch es war niemand da. Ich kletterte auf den Stamm eines gefällten Baumes.
    »Ich wiederhole: Hast du Lust, darüber zu reden?« rief ich.
    Keine Antwort.
    »Also gut, sei's wie's sei«, sagte ich und setzte meinen Weg in Richtung Norden nach Arden fort.
    Während ich durch den uralten Wald wanderte, hörte ich gelegentlich die Geräusche von Pferden. Wenn ich verfolgt wurde, so zeigten die Reiter jedoch kein Interesse daran, zu dicht zu mir aufzuschließen. Wahrscheinlich verlief mein Weg in der Nähe einer von Julians Patrouillen.
    Nicht daß das von Bedeutung gewesen wäre. Ich machte bald einen Pfad aus und unternahm kleine Streckenkorrekturen, die mich immer weiter von ihnen wegführten.
    Eine hellere Tönung, von Braun zu Gelb, und etwas niedrigere Bäume... Weniger Unterbrechungen im Laubdach... Fremdartiges Vogelgezwitscher, seltsame Pilze...
    Nach und nach veränderte sich der Charakter des Waldes. Das Vorankommen wurde immer leichter, je weiter mich der Weg von Amber wegführte.
    Immer häufiger überquerte ich sonnige Lichtungen. Der Himmel nahm ein blässeres Blau an... Die Bäume waren jetzt ausnahmslos grün, doch die meisten waren Schößlinge...
    Ich verfiel in einen gemäßigten Laufschritt.
    Dicke Wolken kamen in Sicht, die schwammweiche Erde wurde fester, trockener...
    Ich beschleunigte meine Gangart weiter, hangabwärts. Die Grashalme wuchsen jetzt spärlicher. Die Bäume waren in Gruppen unterteilt, Inseln in einer wogenden See dieses blassen Grases. Mein Blick umfaßte eine weitere Ferne. Ein wabernder Perlenvorhang zu meiner Rechten: Regen.
    Donnergrollen drang mir ans Ohr, obwohl der Schein der Sonne noch immer meinen Weg beleuchtete. Ich atmete die saubere, feuchte Luft tief ein und rannte weiter.
    Der Grasbewuchs hörte auf, die Erde wies Risse auf, der Himmel wurde schwarz... Wasser rauschte durch Schluchten und Rinnen rings um mich herum... Sturzbäche ergossen sich von oben auf den nachgiebigen Untergrund...
    Ich rutschte. Ich verfluchte mich jedesmal, wenn ich mich wieder hochrappelte, wegen des Übereifers, den ich beim Laufen an den Tag legte.
    Die Wolken teilten sich wie ein Theatervorhang, hinter dem eine zitronengelbe Sonne Wärme und Licht aus einem lachsfarbenen Himmel vergoß. Der Donner verhielt mitten im Grollen, und der Wind frischte auf...
    Ich stieg einen Hügel hinauf und blickte hinab auf die Ruinen eines Dorfes: seit langem verlassen, zum Teil überwuchert, mit seltsamen Wällen, die seine zerstörte Hauptstraße säumten.
    Ich wanderte unter einem schieferfarbenen Himmel dahin, setzte meinen Weg behutsam über einen zugefrorenen Teich fort; die Gesichter der im Eis unter mir Erstarrten blicklos in alle Richtungen spähend ...
    Der Himmel war rußgestreift, der Schnee festgebacken, mein Atem federig, als ich den Skelettwald betrat, wo gefrorene Vögel auf den Zweigen thronten: ein Kupferstich.
    Abwärts rutschend, rollend, in die Schneeschmelze und den Frühling gleitend... Wieder Bewegung um mich herum... matschiger Boden und Klumpen von Grün... Seltsame Autos auf fernen Schnellstraßen...
    Eine Müllhalde, stinkend, sickernd, rostend, schwelend ... Ich bahne mir einen Weg zwischen weitläufigen Haufen von Unrat hindurch... Ratten huschen davon...
    Weg... Schneller laufend, schwerer atmend ... Die Horizontlinie unter einer Smogmütze ... Talsohle... Meeresküste... Goldene Pylone entlang der Straße... Landschaft mit Seen... Braunes Gras unter einem grünen Himmel...
    Langsamer... Sanft gewelltes Grasland, Fluß und See... Langsamer... Eine leichte Brise und Gras, wie am Meer... Ich wische mir die Stirn am Ärmel ab... Sauge die Luft tief in mich ein... Jetzt im Wanderschritt ...
    Ich bewegte mich gemäßigten Schrittes durch die Landschaft und zog es vor, an einem geeigneten Platz wie diesem, wo ich eine ziemlich weite Sicht hatte, eine Rast einzulegen. Der Wind streifte mit einem leisen Rauschen durchs Gras. Der nächstgelegene See hatte eine lindgrüne Farbe. Ein süßer Duft hing in der Luft.
    Ich glaubte, ein kurzes Aufflackern von Licht zu meiner Rechten zu sehen, doch als ich den Kopf in diese Richtung wandte, entdeckte ich dort nichts Ungewöhnliches. Kurze Zeit später war ich sicher, daß ich das ferne Geräusch von Hufgetrappel vernahm. Doch auch diesmal sah ich nichts. Das ist das Problem beim Schatten - man weiß nie genau, was dort

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