Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts

vor mir etwas auf mich lauerte. Was sollte das bedeuten? Sollte ich einfach meinen Verfolger oder meine Verfolgerin erwarten und ihn oder sie fragen, was eigentlich gespielt wurde? Oder sollte ich möglichst schnell weitereilen, in der Hoffnung, den anderen Teil zu erwischen und dort Erkundigungen anzustellen? Würden beide mir dieselbe Antwort geben? Oder gab es zwei verschiedene Antworten? Würde ein Duell irgend jemanden zufriedenstellen? Nun gut, dann würde ich mich zum Kampf stellen. Oder ging es um eine Bestechung? Ich war bereit, sie zu bezahlen. Ich wollte nichts anderes als eine Antwort und danach etwas Ruhe und Frieden. Ich schmunzelte. Das hörte sich an wie eine Beschreibung des Todes - obwohl ich mir über die Sache mit der Antwort nicht so ganz im klaren war.
    »Scheiße!« entfuhr es mir, an niemanden im besonderen gerichtet, und ich schleuderte einen Stein in den Fluß.
    Ich stand auf und durchquerte das Wasser. Auf der anderen Seite waren folgende Worte in den Sand geschrieben: kehr um! Ich trat darauf und lief los.
    Die Welt um mich herum drehte sich, als ich die Schatten berührte. Die Vegetation hörte auf. Steine wuchsen zu Felsbrocken, es blitzte, ein Funkeln erfüllte die Welt um mich herum...
    Ich rannte durch ein Tal von Prismen unter einem furchterregenden purpurfarbenen Himmel... Wind zwischen Regenbogensteinen, singend... Äolenmusik...
    Vom Sturm gepeitschte Gewänder... Purpur bis Lavendel über mir... Spitze Schreie innerhalb der Tonphasen ... aufreißende Erde...
    Schneller.
    Ich bin ein Riese. Irgendeine Landschaft, jetzt unendlich... Zyklopisch zermalme ich die glühenden Steine unter meinen Füßen... Regenbogenstaub auf meinen Stiefeln, Wolkenschwaden um meine Schultern ...
    Die Atmosphäre verdichtet sich, verdichtet sich fast bis zur Flüssigkeit, und grün... Wirbel... Zeitlupe, bei aller Anstrengung...
    Schwimmend ... Schlösser, passend für Aquarien, schweben vorbei... Helle Raketengeschosse wie Glühwürmchen greifen mich an... Ich fühle nichts...
    Von Grün zu Blau... Dünner werdend, dünner... Blauer Rauch und Luft wie duftgeschwängert... Der Widerhall von einer Million unsichtbarer Gongs, unaufhörlich... Ich knirsche mit den Zähnen...
    Schneller.
    Von Blau zu Rosa, funkendurchschossen... Eine Katzenwäsche von Feuer... Noch eine... Hitzelose Flammen tanzen wie Meerespflanzen... Höher, immer höher aufsteigend ... Feuerwände knicken ein und zerreißen ...
    Schritte hinter mir.
    Dreh dich nicht um. Beweg dich.
    Der Himmel mittendurch gespalten, die Sonne von einem Kometen gestreift... Da und weg... Wieder. Wieder. Drei Tage in ebenso vielen Herzschlägen... Ich atme die würzige Luft ein... Wirbel im Feuer, Abstieg zur purpurfarbenen Erde... Prisma am Himmel... Ich lege die Strecke entlang eines schimmernden Flusses im Laufschritt zurück, durch ein Feld von Pilzen in der Farbe von Blut, schwammig... Keime, die sich in Juwelen verwandeln, wie Gewehrkugeln herabfallen...
    Eine Nacht auf einer Messingebene, Schritte, die bis in die Ewigkeit widerhallen... Knollige, maschinenartige Pflanzen scheppern, Metallblumen entwickeln sich zu Metallstengeln zurück, Stengel zu Konsolen... Klirr, Klirr, Seufz ... Nur Echos, hinter mir?
    Ich drehe mich einmal blitzschnell um.
    War das eine dunkle Gestalt hinter einem windmühlenartigen Baum? Oder nur der Tanz der Schatten in meinen schattenverschiebenden Augen?
    Vorwärts. Durch Glas und Sandpapier, orangefarbenes Eis, eine Landschaft aus blassem Fleisch...
    Es gibt keine Sonne, nur blasses Licht... Es gibt keine Erde... Nur dünne Brücken und Inseln in der Luft... Die Welt ist eine kristallene Matrix...
    Hinauf, hinunter, rundherum... durch ein Loch in der Luft und eine Stromschnelle hinab...
    Gleitend... Zu einem Kobaltstrand an einem unbewegten Kupfermeer... Zwielicht ohne Sterne... Überall ein schwacher Schimmer... Tot, tot dieser Ort... Blaue Felsen... Zerbrochene Statuen von nichtmenschlichen Wesen... Nichts bewegt sich...
    Halt.
    Ich zog einen magischen Kreis um mich herum in den Sand und gab ihm die Kräfte des Chaos ein. Dann breitete ich meinen neuen Umhang in seiner Mitte aus, streckte mich aus und schlief ein. Ich träumte, daß das Wasser anstieg, um einen Teil des Kreises wegzuschwemmen, und daß ein schuppiges grünes Wesen mit purpurfarbenem Haar und scharfen Zähnen aus dem Meer kroch und zu mir kam, um mein Blut zu trinken.
    Als ich erwachte, sah ich, daß der Kreis durchbrochen war und ein schuppiges grünes