Amber-Zyklus 08 - Zeichen des Chaos: der Titel
hat.«
»Wie interessant«, bemerkte sie. »Dann ist Luke also wirklich selbst ein Zauberer?«
»Ahm... ja«, sagte ich.
»Wie hat er diese Fähigkeit erlangt? Er zeigte keinerlei Anzeichen davon, als ich ihn damals kannte.«
»Zauberer erwerben ihr Können auf verschiedene Arten«, erklärte ich. »Aber das wißt Ihr ja auch.« Und plötzlich wurde mir bewußt, daß sie entschieden schlauer war, als dieses lächelnde Gesicht mit dem unschuldigen Ausdruck glauben machte. Ich hatte das deutliche Gefühl, daß sie auf ein Bekenntnis über eine musterbeherrschende Magie bei Luke hinsteuerte, was natürlich interessante Dinge über seine Vaterschaft aussagen würde. »Und seine Mutter, Jasra, ist selbst auch so etwas wie eine Zauberin.«
»Ach wirklich? Das wußte ich gar nicht.«
Verdammt! Ein Kommen und Gehen...
»Nun ja, sie hatte es irgendwo gelernt.«
»Und was ist mit seinem Vater?«
»Über ihn weiß ich eigentlich nichts«, antwortete ich.
»Habt Ihr ihn nie kennengelernt?«
»Nur flüchtig«, sagte ich.
Eine Lüge konnte der Sache den Anstrich von echter Wichtigkeit geben, wenn sie auch nur eine blasse Ahnung von der Wahrheit hatte. Also tat ich das einzige andere, das mir noch einfiel. An dem Tisch hinter ihr saß niemand, und hinter jenem Tisch war nur noch die Wand. Ich verschwendete einen meiner Bannsprüche mit einer nicht wahrnehmbaren Geste und einem einzigen gemurmelten Laut.
Der Tisch kippte um, als er nach hinten flog und gegen die Wand krachte. Der Lärm war aufsehenerregend. Einige andere Gäste stießen gellende Schreie aus, und ich sprang auf die Beine.
»Niemand verletzt?« rief ich und sah mich um, als ob ich nach Opfern Ausschau hielt.
»Was ist geschehen?« fragte sie.
»Ein hinterhältiger Windstoß oder so etwas«, sagte ich. »Vielleicht sollten wir besser von diesem Ort verschwinden.«
»Also gut«, willigte sie ein, während ihr Blick über die Trümmer schweifte. »Ich möchte keine Scherereien.«
Ich warf einige Münzen auf unseren Tisch, stand auf und setzte mich wieder in Bewegung, wobei ich über dies und jenes plauderte, das mir gerade so einfiel, um einen möglichst großen Abstand zwischen uns und das vorige Thema zu bringen. Das erzielte die gewünschte Wirkung, denn sie versuchte nicht, noch einmal auf die Frage zurückzukommen.
Der weitere Verlauf unseres Spaziergangs brachte uns in die Richtung von West-Weinheim. Dort angekommen, beschloß ich, den Weg hangabwärts zum Hafen fortzusetzen, da mir einfiel, daß sie ja etwas fürs Segeln übrig hatte. Doch sie legte mir die Hand auf den Arm und hielt mich auf.
»Gibt es nicht eine große Treppe an der Vorderseite des Kolvir?« fragte sie. »Ich glaube, Euer Vater hat einmal versucht, Truppen darüber einzuschleusen; er wurde geschnappt und mußte sich mit seinen Feinden schlagen.«
Ich nickte. »Ja, das stimmt«, bestätigte ich. »Eine uralte Konstruktion. Aus längst vergangenen Zeiten. Heute wird sie kaum noch benutzt. Aber sie ist immer noch in ordentlichem Zustand.«
»Ich sähe sie gern.«
»Na gut.«
Ich bog nach rechts ab, und wir gingen hangaufwärts zurück, zur Hauptstraße. Zwei Ritter, die Llewellas Gewänder trugen, begegneten uns, in entgegengesetzte Richtung unterwegs und im Vorbeigehen salutierend. Ich konnte mich der Überlegung nicht erwehren, ob sie sich wohl auf einem ordnungsgemäßen Botengang befänden oder einem Dauerbefehl gehorchend mich auf Schritt und Tritt beobachteten. Dieser Gedanke war offenbar auch Coral durch den Kopf gegangen, denn sie sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ich zuckte mit den Schultern und ging weiter. Als ich mich kurz darauf umdrehte, waren sie nirgends mehr zu sehen.
Während wir dahinschlenderten, trafen wir Leute in der Tracht zahlreicher verschiedener Regionen, und die Luft war erfüllt von Kochgerüchen aus offenen Buden, die der Befriedigung einer Vielzahl von Geschmacksrichtungen dienten. An verschiedenen Stellen unseres Aufstiegs hielten wir an und genossen Fleischpasteten, Joghurtspeisen und Süßigkeiten. Die Verlockungen waren für jeden, der nicht bis oben hin satt war, einfach überwältigend.
Mir fiel auf, wie leichtfüßig sie allen Hindernissen aus dem Weg ging. Es war nicht nur Anmut. Es war mehr ein Wesenszug - ein Auf-alles-gefaßt-Sein, vermute ich. Mehrmals beobachtete ich, daß sie in die Richtung zurücksah, aus der wir gekommen waren. Ich drehte mich dann ebenfalls um, bemerkte jedoch nichts Ungewöhnliches. Einmal, als
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