Amber-Zyklus 08 - Zeichen des Chaos: der Titel
streng vertraulich ist?«
»Okay. Was passiert morgen?«
»Arkans, der Herzog von Schattbrunn, wird in Kashfa gekrönt.«
»Heilige Scheiße!« entfuhr es Luke. Er warf einen Blick auf Julian, dann sah er wieder mich an. »Das war eine verdammt schlaue Entscheidung von Random«, sagte er nach einer Weile. »Ich hätte nicht gedacht, daß er so schnell zuschlüge.«
Er starrte eine Zeitlang in eine ubestimmte Ferne. Dann sagte er: »Danke.«
»Nun, hilft dir das, oder tut es weh?« fragte ich.
»Mir oder Kashfa?« entgegnete er.
»Ich habe bisher keine so feine Unterteilung gemacht.«
»Das ist gut so, denn ich bin mir noch nicht sicher, wie ich das aufnehmen soll. Ich muß ein wenig nachdenken, um den großen Überblick zu bekommen.«
Ich sah ihn an, und er lächelte wieder.
»Es ist wirklich interessant«, fügte er hinzu. »Hast du noch etwas für mich?«
»Das reicht doch wohl«, sagte ich.
»Ja, wahrscheinlich hast du recht«, stimmte er mir zu. »Wir wollen den Bogen nicht überspannen. Verlieren wir vielleicht die Berührung mit den einfachen Dingen, alter Kumpel?«
»Nicht solange wir uns kennen«, sagte ich.
Julian ließ die Plane fallen, kehrte zu uns zurück und hielt Ausschau nach seinem Weinglas.
»Dein Essen wird in ein paar Minuten hier sein«, kündigte er Luke an.
»Danke.«
»Laut Benedict«, sagte er, »hast du Random erzählt, Dalt sei ein Sohn von Oberon.«
»Stimmt«, bestätigte Luke. »Einer, der das Muster durchwandelt hat, um genau zu sein. Macht das einen Unterschied?«
Julian zuckte mit den Schultern.
»Das wäre nicht das erstemal, daß ich Lust hätte, einen Verwandten umzubringen«, stellte er fest. »Übrigens, du bist mein Neffe, nicht wahr?«
»Stimmt... Onkel.«
Julian schwenkte erneut den Inhalt seines Glases.
»Nun denn, willkommen in Amber«, sagte er. »Gestern abend habe ich das Wehklagen einer Todesfee gehört. Ich frage mich, ob da ein Zusammenhang besteht?«
»Es bedeutet Veränderung«, sagte Luke. »Todesfeen künden davon, daß die Dinge sich verändern, und sie jammern um das Verlorene.«
»Es bedeutet Tod. Sie künden vom Tod, nicht wahr?«
»Nicht immer. Manchmal tauchen sie nur um der dramatischen Wirkung willen an irgendwelchen Wendepunkten auf.«
»Schade«, sagte Julian. »Aber man soll die Hoffnung nicht aufgeben.«
Ich glaubte, daß Luke noch etwas sagen wollte, doch Julian ergriff wieder das Wort, bevor er die Gelegenheit dazu hatte.
»Wie gut hast du deinen Vater gekannt?« fragte er.
Lukes Haltung straffte sich kaum merklich, doch er antwortete: »Vielleicht nicht so gut wie die meisten. Ich weiß es nicht. Er war wie ein Handelsvertreter. Kam und ging. Im allgemeinen blieb er nie lange bei uns.«
Julian nickte.
»Wie war er, gegen Ende?« wollte er wissen.
Luke betrachtete eingehend seine Hände.
»Nun, er war nicht ganz normal, wenn du das meinst«, sagte er schließlich. »Wie ich Merlin schon erzählte, glaube ich, daß der Vorgang, der ihm besondere Macht bescherte, ihn andererseits womöglich irgendwie aus dem Gleichgewicht brachte.«
»Diese Geschichte habe ich noch nie gehört.«
Luke zuckte mit den Schultern.
»Die Einzelheiten sind nicht so wichtig; was zählt, ist das Ergebnis.«
»Willst du damit sagen, daß er vor dieser Zeit kein übler Vater war?«
»Zum Teufel, das weiß ich nicht. Ich hatte nie einen anderen Vater, mit dem ich ihn hätte vergleichen können. Warum fragst du?«
»Aus reiner Neugier. Ich weiß überhaupt nichts über diesen Teil seines Lebens.«
»Nun, wie war er als Bruder?«
»Er war sehr wild«, antwortete Julian. »Wir sind nicht besonders gut miteinander ausgekommen. Also gingen wir uns gegenseitig nach Möglichkeit aus dem Weg. Er war jedoch klug - und auch begabt. Hatte eine künstlerische Ader. Ich habe gerade versucht dahinterzukommen, inwieweit du nach ihm geraten bist.«
Luke drehte die Innenflächen der Hände nach oben.
»Das haut mich um«, sagte er.
»Nun, mach dir nichts draus«, entgegnete Julian, während er sein Glas absetzte und sich wieder dem Zelteingang zuwandte. »Ich glaube, dein Essen wird soeben gebracht.«
Er trat zur Seite. Ich hörte winzige Eiskristalle auf die Zeltplane über uns prasseln, und von draußen war ein mehrstimmiges Heulen zu vernehmen: ein Concerto für Wind und Höllenhunde. Jedoch keine Todesfeen. Noch nicht.
-9-
I ch marschierte etwa einen Schritt hinter, und vielleicht einen Meter seitlich von Luke, wobei ich versuchte, auf einer
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