Amber-Zyklus 09 - Ritter der Schatten: der Titel
verleihen.
Nichts geschah.
Daraufhin gebrauchte ich eine starke Visualisierung und unterstützte sie noch einmal mit einem geistigen Befehl.
Wir rührten uns nicht vom Fleck.
Ich legte Coral sanft zu Boden, stand auf und blickte durch den dünnsten Teil der Flammenwand hinaus auf das Muster.
»Sieh mal«, sagte ich, »ich habe dir soeben einen großen Gefallen getan, verbunden mit erheblichem Kraftaufwand und beträchtlicher Gefahr. Jetzt möchte ich nichts lieber, als von hier wegzukommen und die Dame mitzunehmen. Könntest du diesem Wunsche bitte entsprechen?«
Die Flammen erstarben, setzten mehrere Schläge lang aus. Bei der folgenden düsteren Beleuchtung merkte ich, daß der Juwel pulsierte wie die Signallampe an einem Hoteltelefon. Ich hob ihn hoch und sah in sein Inneres.
Ich hatte bestimmt nicht mit einer per Strahlen übermittelten Kurznachricht gerechnet, doch genau um eine solche handelte es sich.
»Ich glaube, ich empfange den falschen Sender«, sagte ich. »Wenn du eine Nachricht hast, dann gib sie durch. Ansonsten möchte ich einfach nur nach Hause gehen.«
Nichts veränderte sich, außer daß mir eine starke Ähnlichkeit zwischen den beiden Gestalten in dem Juwel und Coral und mir bewußt wurde. Sie trieben es auf einem Umhang, und zwar allem Anschein nach in der Mitte des Musters, sozusagen flagrante ad infinitum - es schien eher wie eine würzige Abart des alten Salzpackungs-Etiketts, indem sie in den Juwel blickten, den der Knabe am Hals trug, der wiederum in diesen blickte und die beiden beobachtete ...
»Genug!« schrie ich. »Das ist vollkommen lächerlich! Wenn du ein tantrisches Ritual wünschst, dann schicke ich dir ein paar Profis. Die Dame ist noch nicht einmal wach...«
Der Juwel pulsierte erneut, und zwar mit solcher Eindringlichkeit, daß mir die Augen schmerzten. Ich ließ ihn fallen. Dann kniete ich nieder, schob die Arme unter Coral, stand auf und hob sie hoch.
»Ich weiß nicht, ob dich jemals jemand rückwärts durchwandelt hat«, sagte ich, »aber ich sehe keinen Grund, warum es nicht funktionieren sollte.«
Ich machte einen Schritt in die Richtung des Letzten Schleiers. Sofort loderte die Flammenwand vor mir auf. Ich taumelte, als ich davon zurückwich, und fiel auf den ausgebreiteten Umhang. Ich hielt Coral fest an mich gedrückt, damit sie nicht vom Feuer erfaßt wurde. Sie landete auf mir. Sie schien beinahe wach zu sein...
Ihre Arme umschlangen meinen Hals, und ihre Lippen murmelten sozusagen an meinem Hals. Jetzt wirkte sie eher verschlafen als bewußtlos. Ich hielt sie fest umklammert und dachte darüber nach.
»Coral?« versuchte ich es erneut.
»Hmm?« machte sie.
»Mir scheint, wir haben nur eine einzige Möglichkeit, hier herauszukommen, nämlich indem wir miteinander schlafen.«
»Ich dachte schon, du fingest überhaupt nie davon an«, murmelte sie, immer noch mit geschlossenen Augen.
Das nahm dem Ganzen etwas den Hauch von Nekrophilie, redete ich mir ein, während ich uns beide auf die Seite drehte, damit ich an ihre kupferartigen Knöpfe herankam. Sie murmelte noch einiges vor sich hin, während ich mich an ihr zu schaffen machte, doch es entwickelte sich nicht direkt eine Unterhaltung daraus. Dennoch reagierte ihr Körper durchaus willig auf meine Bemühungen, und die Begegnung nahm bald alle üblichen Züge an, die nur allzu bekannt sind und den intellektuell Orientierten kaum interessieren dürften. Es erschien mir als interessante Möglichkeit, einen Zauberbann zu brechen. Vielleicht hatte das Muster sogar Sinn für Humor. Ich weiß es nicht.
Das Feuer erlosch etwa zur selben Zeit, als unser Feuer erlosch, wie man so sagt. Endlich öffnete Coral die Augen.
»Damit haben wir den Flammenkreis offenbar zunichte gemacht«, sagte ich.
»Wann hat es aufgehört, ein Traum zu sein?« fragte sie.
»Eine gute Frage«, entgegnete ich, »und nur du allein kannst sie beantworten.«
»Hast du mich soeben von irgend etwas errettet?«
»So könnte man es auf die einfachste Weise ausdrücken«, antwortete ich, während sie sich ein wenig von mir zurückzog und den Blick durch das Gewölbe schweifen ließ. »Siehst du jetzt, wohin es dich gebracht hat, daß du das Muster aufgefordert hast, dich dorthin zu bringen, wohin du gehen solltest?« fragte ich.
»Blöd«, sagte sie.
»Genau.«
Wir lösten uns voneinander. Wir brachten unser Äußeres in Ordnung.
»Das ist eine angenehme Art, sich besser kennenzulernen...«, setzte ich an, als das Gewölbe von
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