Amber-Zyklus 09 - Ritter der Schatten: der Titel
Dann blickte er nach oben.
»Wenn es einen einfachen Weg gibt, sie in meine Gemächer zu bringen - Vialle ist sehr bewandert in bestimmten Bereichen der Heilkunst«, sagte er in einem sanfteren Ton. »Ich übrigens auch.«
»Wo genau ist das, Hoheit?«
Random neigte sich zur Seite und deutete nach oben.
»Es sieht so aus, als würdet ihr keine Tür brauchen, um hineinzugelangen, aber ich vermag nicht zu sagen, ob noch genügend Treppenstufen vorhanden sind, um hinaufzusteigen, oder wo ihr herauskommen werdet, falls noch welche da sind.«
»Ich werde es schon schaffen«, sagte Mandor, und zwei weitere Kugeln schwebten schnell herbei und begaben sich in exzentrische Umlaufbahnen um ihn und Coral. Kurz darauf wurden sie hochgehoben und schwebten langsam auf die Öffnung zu, auf die Random gedeutet hatte.
»Ich komme gleich nach!« rief Random ihnen nach. Er machte den Eindruck, als wolle er noch etwas hinzufügen, doch dann betrachtete er die Verwüstung, senkte den Kopf und wandte sich ab. Ich tat das gleiche.
Dworkin reichte mir eine weitere Dosis der grünen Medizin, und ich nahm sie. Offenbar handelte es sich um eine Art Beruhigungsmittel, zusätzlich zu den sonstigen Wirkungen, die es darüber hinaus haben mochte.
»Ich muß zu ihr gehen«, sagte ich. »Ich mag die Dame, und ich möchte mich vergewissern, daß sie gut versorgt wird.«
»Selbstverständlich befördere ich dich dorthin«, sagte Dworkin, »obwohl ich mir nicht vorstellen kann, daß du irgend etwas für sie tun kannst, das die anderen nicht mindestens ebenso gut machen. Vielleicht wäre die Zeit gewinnbringender genutzt, wenn du dich an die Verfolgung jenes umherstreunenden Gebildes von dir, dieses Geistrades, machen würdest. Man muß es dazu überreden, den Juwel der Urteilskraft zurückzugeben.«
»Du hast recht«, stimmte ich zu. »Aber zuerst möchte ich Coral sehen.«
»Dein Auftauchen könnte eine erhebliche Verzögerung verursachen«, sagte er, »wegen einiger Erklärungen, die man möglicherweise von dir verlangen wird.«
»Das ist mir egal«, erwiderte ich.
»Also gut. Einen Augenblick.«
Er entfernte sich einige Schritte und nahm etwas von der Wand, das wie ein Zauberstab in einer Scheide aussah und das an einem Haken gehangen hatte. Er befestigte die Scheide an seinem Gürtel und ging dann quer durch den Raum zu einer kleinen Kommode, wo er einer der Schubladen einen flachen lederbezogenen Kasten entnahm. Er gab ein leises metallisches Klappern von sich, als er ihn in eine seiner Taschen gleiten ließ. Eine kleine Schmuckkassette verschwand lautlos in einem seiner Ärmel.
»Komm hier entlang«, forderte er mich auf, wobei er zu mir trat und meine Hand nahm.
Er drehte mich um und führte mich in die dunkelste Ecke des Raums, wo ein hoher, seltsam gerahmter Spiegel hing, den ich bis jetzt nicht bemerkt hatte. Er bot uns ein sehr sonderbares Spiegelbild, indem er uns und den Raum hinter uns aus einiger Entfernung in vollkommener Deutlichkeit zeigte, doch je näher wir seiner Fläche kamen, desto verschwommener wurde dieses Bild. Ich sah voraus, was kommen würde. Dennoch zuckte ich zusammen, als Dworkin, der mir inzwischen einen Schritt voraus war, durch die beschlagene Spiegelfläche trat und mich hinter sich her zerrte.
Ich taumelte, bevor ich wieder fest auf beiden Beinen stand, und kam im unversehrten Teil der in die Luft gejagten königlichen Suite vor einem prächtigen Spiegel wieder zu mir. Ich wich schnell zurück und berührte ihn vorsichtig mit den Fingerspitzen, doch seine Oberfläche blieb fest. Die gedrungene, gebückte Gestalt Dworkins stand vor mir, und er hielt meine rechte Hand noch immer in der seinen. Als ich an diesem Profil vorbeisah, das in gewisser Weise eine Karikatur meines eigenen darstellte, stellte ich fest, daß das Bett nach Osten verrückt worden war, weg von der abgebrochenen Ecke und einem großen Loch, wo früher ein Stück Boden gewesen war. Random und Vialle standen auf der uns nächstgelegenen Seite neben dem Bett, die Rücken uns zugewandt. Sie untersuchten Coral, die auf der Tagesdecke lag und anscheinend bewußtlos war. Mandor, der in einem wuchtigen Sessel am Fußende des Bettes saß und die Vorgänge überwachte, war der erste, der unsere Anwesenheit bemerkte, was er mit einem Nicken kundtat.
»Wie... geht es ihr?« fragte ich.
»Sie hat eine Gehirnerschütterung erlitten«, antwortete Mandor. »Und das rechte Auge ist verletzt.«
Random wandte sich um. Was immer er zu mir hatte
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