Amber-Zyklus 10 - Prinz des Chaos: der Titel
unverändert. Ich hätte die ganze Ewigkeit auf diese Weise verbringen können. Vielleicht hatte ich das bereits getan. Sieben. Die Bilder waren verschwunden. Jegliche Erinnerung war von mir abgefallen. Selbst meine Identität machte Urlaub. Ich war auf meinen bloßen Willen reduziert. Ich war eine Handlung, nämlich die Handlung, gegen den Widerstand anzukämpfen. Acht... Ich spürte meinen Körper nicht mehr. Zeit war eine unbekannte Größe. Das Kämpfen war nun kein Kämpfen mehr, sondern nur noch eine Form der elementaren Bewegung, von Gletschern umtost. Neun. Jetzt war ich nur noch Bewegung - unendlich, beständig...
Zehn.
Die Beschwerlichkeit ließ nach. Am Ende des Mittelteils würde es noch mal schwierig werden, aber ich wußte, daß der Rest der Strecke immer leichter werden würde. So etwas wie eine langsame, gedämpfte Musik beflügelte meinen Gang beim Dahinschreiten, Abbiegen und Weiterschreiten. Es begleitete mich durch den Letzten Schleier, und als ich den Mittelpunkt des letzten Stück Weges überwand, hörte es sich so ähnlich an wie Caravan.
Da standen wir nun in der Mitte, lange Zeit schweigend und keuchend. Was genau ich eigentlich erreicht hatte, war mir nicht ganz klar. Ich hatte jedoch das unbestimmte Gefühl, daraus könne folgen, daß ich meinen Vater jetzt besser verstand. Immer noch glitten Nebelschwaden über das Muster, durch das Tal.
»Ich fühle mich... stärker«, verkündete Luke nach einiger Zeit. »Ja, ich werde bei der Bewachung dieses Ortes helfen. Das scheint mir ein angenehmer Zeitvertreib zu sein.«
»Übrigens, Luke, wie lautete nun eigentlich die Nachricht, die du mir überbringen solltest?« fragte ich.
»Oh, ich sollte dir ausrichten, daß du aus den Burgen verschwinden sollst«, antwortete er, »und daß die Sache allmählich gefährlich wird.«
»Das mit der Gefahr wußte ich bereits«, sagte ich. »Aber ich muß trotzdem noch einiges erledigen.«
Er zuckte mit den Schultern. »Nun, so lautet jedenfalls die Nachricht. Wie es den Anschein hat, ist man zur Zeit nirgendwo sicher.«
»Hier gibt es bis jetzt noch keine Probleme«, warf Corwin ein. »Keine der beiden Mächte weiß so richtig, wie sie sich diesem Ort nähern oder wie sie ihn einschätzen soll. Er ist zu stark, als daß er vom Amber-Muster vereinnahmt werden könnte, und der Logrus weiß nicht, wie er ihn zerstören soll.«
»Das hört sich ja ziemlich tröstlich an.«
»Es wird jedoch irgendwann eine Zeit kommen, da sie einen Vorstoß gegen ihn versuchen werden.«
»Bis dahin werden wir warten und die Augen offenhalten. Wenn irgend etwas auftaucht, was könnte das sein?«
»Vermutlich Geister - wie wir -, die danach trachten, mehr darüber zu erfahren und sich daran zu versuchen. Kannst du einigermaßen gut mit dieser Klinge umgehen?«
»Bei aller Bescheidenheit: ja. Für den Fall, daß das nicht ausreichen sollte, bin ich auch noch in den magischen Künsten bewandert.«
»Sie fallen durch Stahl, obwohl sie Feuer vergießen -anstatt Blut. Du kannst dich jetzt vom Muster nach draußen verfrachten lassen, wenn du das möchtest. Ich werde gleich bei dir sein, um dir zu zeigen, wo die Waffen und die anderen Vorräte eingelagert sind. Ich unternähme gern eine kleine Reise und ließe euch für eine Weile allein.«
»Klar doch«, sagte Luke. »Was meinst du dazu, Merle?«
»Ich muß in die Burgen zurückkehren. Ich bin mit meiner Mutter zum Essen verabredet, und anschließend muß ich Swayvills Beerdigung beiwohnen.«
»Vielleicht ist es nicht in der Lage, dich über die ganze Strecke bis zu den Burgen zu befördern«, sagte Corwin. »Sie führt verdammt nahe an den Logrus heran. Aber du wirst dich schon irgendwie mit ihm einigen - oder umgekehrt. Übrigens, wie geht es Dara eigentlich?«
»Es ist lange her, seit ich sie länger als nur für ein paar flüchtige Augenblicke gesehen habe«, antwortete ich. »Sie ist immer noch herrisch, hochmütig und übertrieben besorgt, wenn es um mich geht. Ich habe außerdem den Eindruck, daß sie möglicherweise ebenso in lokale politische Machenschaften verwickelt ist wie auch in die übergeordneten Belange der Beziehung zwischen den Burgen und Amber.«
Luke schloß kurz die Augen und verschwand. Gleich darauf sah ich ihn neben dem Polly-Jackson-Wagen. Er öffnete eine Tür, glitt auf den Beifahrersitz, beugte sich vor und fummelte an etwas herum. Kurze Zeit später hörte ich über die Entfernung hinweg das Radio spielen.
»Das sieht ihr durchaus
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