Amber-Zyklus 10 - Prinz des Chaos: der Titel
zurückzuziehen.«
»Wenn du einen Platz zum Verstecken brauchst...«
»Ich werde mich vielleicht demnächst wieder an dich wenden«, sagte ich, und damit schickte ich sie zurück in den Tempel am Rande des Daseins.
»Nützlichess Ungeziefer«, bemerkte Glait, während ich mit meiner Verwandlung in eine menschliche Gestalt begann. (In dieser Richtung finde ich es immer leichter als andersherum, vom Menschen zum Dämon.)
»Ich möchte dich gern in Sawalls Skulpturengarten zurückbringen lassen«, sagte ich.
»Warum aussgerechnet dorthin, Meisster Merlin?«
»Um eine Zeitlang abzuwarten und um zu sehen, ob du einen mit Intelligenz begabten Lichtkreis wahrnimmst. Und falls das so ist, damit du ihn mit >Geistrad< ansprichst und ihm ausrichtest, daß er zu mir kommen soll.«
»Und wass ssoll ich ihm ssagen, wo er dich ssuchen ssoll?«
»Das weiß ich auch nicht, aber er ist in solchen Dingen recht geschickt.«
»Dann laßß mich alsso dorthin befördern. Und wenn du nicht von irgend etwass Größßerem verschlungen wirst, dann erzähl mir irgendwann mal deine Geschichte.«
»Das werde ich hm.«
Es war die Sache eines einzigen Augenblicks, um die Schlange wieder in ihren Baum zu hängen. Ich war mir bei ihr niemals sicher, wann sie scherzte und wann sie es ernst meinte, da reptilischer Humor mehr als eigenartig ist.
Ich orderte frische Kleidung und gewandete mich in Grau und Purpur. Außerdem legte ich eine lange und eine kurze Klinge an.
Ich fragte mich, was meine Mutter in ihrer Kapelle wohl so treiben mochte, verwarf jedoch den Gedanken, ihr nachzuspionieren. Ich hob den Speichenkranz und betrachtete ihn eine Zeitlang, dann senkte ich ihn wieder. Möglicherweise war es meiner Sache eher abträglich, wenn ich mich jetzt nach Kashfa verfrachten ließ, solange ich nicht genau wußte, wieviel Zeit vergangen war und ob Luke überhaupt noch dort war. Ich holte meine Trümpfe hervor, die ich in meiner Trauerkleidung bei mir getragen hatte, und nahm sie aus ihrer Hülle.
Ich blätterte Lukes Karte heraus und konzentrierte mich darauf. Es dauerte nicht lange, da wurde sie kalt, und ich spürte Lukes Gegenwart.
»Ja?« sagte er. »Bist du es, Merle?« fragte er so ziemlich im selben Augenblick, da sein Bild verschwamm und sich veränderte, woraufhin ich ihn auf einem Pferd sitzend und durch eine zum Teil gepflasterte, zum Teil normale Landschaft reiten sah.
»Ja«, antwortete ich. »Ich gehe davon aus, daß du nicht mehr in Kashfa bist.«
»Richtig«, sagte er. »Und wo bist du?«
»Irgendwo im Schatten. Wie läuft's bei dir so?«
»Verdammt will ich sein, wenn ich das wüßte«, erwiderte er. »Wir verfolgen nun schon seit Tagen diesen schwarzen Pfad - und ich kann keine genaueren Angaben machen als irgendwo im Schatten<.«
»Oh, dann hast du ihn also ausfindig gemacht?«
»Nayda hat ihn gefunden. Ich habe überhaupt nichts gesehen, aber sie hat mich geführt. Nach und nach erkannte ich den Pfad immer deutlicher. Eine teuflisch gute Pfadfinderin, dieses Mädchen.«
»Ist sie bei dir?«
»Richtig. Und sie sagt, wir holen immer weiter auf.«
»Dann hol mich besser mal rüber.«
»Komm!«
Er streckte eine Hand aus. Ich griff danach, umklammerte sie, machte einen Schritt nach vom, ließ seine Hand los und lief neben ihm her, gefolgt von einem Lastengaul.
»Hallo, Nayda!« rief ich zu seiner anderen Seite hinüber, wo sie ritt. Eine grimmige Gestalt saß auf einem schwarzen Pferd rechts vor ihr.
Sie lächelte.
»Merlin«, sagte sie. »Hallo.«
»Wie wär's mit >Merle«
»Wenn du willst.«
Die Gestalt auf dem dunklen Pferd drehte sich um und musterte mich. Ich hielt einen Todesschlag, der auf den Speichenkranz einwirkte, so schnell zurück, daß es mich erschreckte. Die Luft zwischen uns qualmte und war erfüllt von einem quietschenden Ton, wie von einem Auto, das sich in den Straßenbelag beißt, um einem Zusammenstoß auszuweichen.
Er war ein großer blondhaariger Teufelskerl, und er war mit einem gelben Hemd, einer schwarzen Hose und schwarzen Stiefeln bekleidet sowie mit jeder Menge Klingen ausgerüstet. Das Medaillon mit dem Löwen und dem Einhorn hüpfte auf seiner breiten Brnst. Jedesmal, wenn ich diesen Mann gesehen oder etwas von ihm gehört hatte, war er im Begriff gewesen, eine scheußliche Untat zu verüben, und bei einer Gelegenheit war er sogar kurz davor, Luke umzubringen. Er war ein Söldner, eine Robin Hood-Gestalt aus Eregnor und ein eingeschworener Feind Ambers - unehelicher Sohn
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