Amber-Zyklus 10 - Prinz des Chaos: der Titel
des verstorbenen Vasallen Oberon. Ich glaube, innerhalb des Goldenen Kreises war ein Preis auf seinen Kopf ausgesetzt. Andererseits waren er und Luke seit vielen Jahren Kumpel, und Luke hatte immer wieder versichert, daß er gar nicht so schlimm sei. Es war mein Onkel Dalt, und ich hatte den Eindruck, daß er bei einer zu schnellen Bewegung, wenn er die Muskeln spannte, sein Hemd in Fetzen zerreißen würde.
»...Und du erinnerst dich sicher an meinen Militärberater, Dalt«, sagte Luke.
»Ich erinnere mich an ihn«, bestätigte ich.
Dalt starrte zu den schwarzen Linien in der Luft, die sich wie Rauch zwischen uns auflösten. Dann lächelte er sogar - ein bißchen.
»Merlin«, sagte er. »Sohn von Amber, Prinz des Chaos, der Mann, der bereits mein Grab ausgehoben hat.«
»Was soll das heißen?« warf Luke ein.
»Das ist ein kleiner verbaler Seitenhieb«, erklärte ich. »Du hast ein gutes Gedächtnis, Dalt - für Gesichter.«
Er schmunzelte.
»Es ist schwer, so etwas wie das Ausheben eines Grabes zu vergessen«, sagte er. »Aber ich hege keine feindlichen Gefühle gegen dich, Merlin.«
»Ich ebensowenig gegen dich - zur Zeit«, sagte ich.
Daraufhin stieß er einen Grunzlaut aus, und ich antwortete mit einem Grunzlaut. Ich ging davon aus, daß wir damit einander vorgestellt waren. Ich wandte mich wieder Luke zu.
»Macht der Pfad an sich dir irgendwelche Schwierigkeiten?« fragte ich.
»Nein«, antwortete er. »Das Ganze ist bei weitem nicht so schlimm, wie die Geschichten vermuten ließen, die ich über den Schwarzen Weg gehört habe. Manchmal sieht er ziemlich kahl aus, aber es gibt nichts, das uns wirklich Angst einflößt.« Er blickte nach vom und lächelte. »Natürlich ist er nur wenige Meter breit«, fügte er hinzu, »und dies ist bisher die breiteste Stelle.«
»Trotzdem«, sagte ich, wobei ich meine Sinne öffnete und seine Ausstrahlung mit meiner Logrus-Sicht erforschte, »könnte ich mir vorstellen, daß irgend etwas Beängstigendes dabei im Spiel war.«
»Ich schätze, wir haben einfach Glück gehabt«, sagte er.
Wieder lachte Nayda, und ich kam mir albern vor. Die Anwesenheit eines Ty'iga würde mit Sicherheit eine ebenso wichtige Rolle spielen wie die meine, wenn es darum ginge, die schädlichen Auswirkungen eines Chaos-Strahls im Reich der Ordnung abzufangen.
»Ich glaube, du hattest ein bißchen Glück verdient«, sagte ich.
»Du wirst ein Pferd brauchen, Merle«, sagte er.
»Ich denke, da hast du recht«, stimmte ich zu.
Ich hatte Angst, Logrus-Magie anzuwenden und dadurch auf meinen Aufenthaltsort aufmerksam zu machen. Aber ich hatte bereits gelernt, daß der Speichenkranz auf die vertraute Weise eingesetzt werden konnte, und ich drang mit meinem Willen in ihn ein, dehnte mich aus, dehnte mich weiter aus, stellte die Verbindung her, sandte meinen Befehl aus...
»Gleich wird eines hier sein«, sagte ich. »Hast du gesagt, wir holen allmählich auf?«
»Nayda hat mir das gesagt«, erklärte er. »Sie betreibt einen erstaunlichen Informationsaustausch mit ihrer Schwester - ganz zu schweigen von ihrer ausgeprägten Empfindlichkeit hinsichtlich des Pfads an sich. Außerdem kennt sie sich mit Dämonen bestens aus«, fügte er hinzu.
»Oh, besteht die Wahrscheinlichkeit, daß wir welchen begegnen?« fragte ich sie.
»Es waren Krieger in Dämonengestalt aus den Burgen, die Coral entführt haben«, sagte sie. »Anscheinend marschierten sie zu einem Turm vor uns.«
»Wie weit vor uns?« wollte ich wissen.
»Schwer zu sagen, da unsere Strecke quer durch den Schatten führt«, antwortete sie.
Der Pfad, der aus geschwärztem Gras bestand und der dieselbe Auswirkung auf jeden Baum oder jeden Strauch, der auch nur im geringsten in ihn hineinragte, gehabt hatte, schlängelte sich jetzt durch ein hügeliges Gelände; und während ich den Fuß darauf und dann wieder daneben setzte, stellte ich fest, daß er mir bei jedem Mal, wenn ich ihn verließ, heller und wärmer erschien. Ich hatte diesen Punkt erreicht, nachdem er in der Nähe von Kashfa buchstäblich unaufspürbar gewesen war - ein Zeichen dafür, wie weit wir in das Reich des Logrus eingedrungen waren.
Kurz nach der nächsten Biegung hörte ich ein Wiehern aus einiger Entfernung zur Rechten.
»Entschuldigt mich bitte«, sagte ich. »Ich muß meine Lieferung in Empfang nehmen.« Und damit verließ ich den Pfad und betrat einen Hain mit Bäumen, die ovale Blätter hatten.
Schnauben und Stampfen drangen von vom an mein Ohr, und ich
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