Amber-Zyklus 10 - Prinz des Chaos: der Titel
»und man hat beschlossen, sie zwischen Meister und Meister zu regeln.«
»So sieht es aus«, bestätigte ich.
»Dann ist Coral vermutlich im Inneren des Turms, meinst du nicht auch?«
»Warte mal.«
Ich sandte schnell eine Sonde in das Gebäude aus, die darin zwei Personen ausmachte. Dann nickte ich.
»Sie und ein einzelner Wachtposten, würde ich sagen.«
Gerard und Chinaway sahen immer noch wie Statuen aus.
»Jetzt ist vielleicht die beste Zeit, um Coral herauszuholen«, sagte Luke, »während alle damit beschäftigt sind, dem Kampf zuzuschauen.«
»Wahrscheinlich hast du recht«, sagte ich. »Laß mich versuchen, ob es mir gelingt, mich unsichtbar zu machen. Das könnte das Unternehmen erleichtern.«
»Gut«, sagte er etwa eine Viertelminute später. »Wie immer du es angestellt hast, es ist soeben gelungen. Du bist verschwunden.«
»Das bin ich in der Tat«, sagte ich. »Bis gleich.«
»Wie willst du sie herausholen?«
»Das werde ich entscheiden, wenn ich bei ihr angelangt bin. Sei auf alles vorbereitet.«
Ich bewegte mich langsam, sorgsam darauf bedacht, den Sand nicht aufzuwühlen. Ich umging den Kreis weiträumig, indem ich hinter Caine vorbeischlich. Ich näherte mich lautlos der Tür des Turms, wobei ich mich ständig in alle Richtungen umsah. Gerard und Chinaway standen immer noch so da wie zuvor und drückten mit großem Kraftaufwand gegeneinander.
Ich huschte zwischen den Wachtposten hindurch und betrat das düstere Innere des Turms. Es bestand aus einem einzigen Raum mit einem Boden aus nackter Erde und Steinpodesten unter jedem der schlitzförmigen Fenster. Eine Leiter führte zu einem Loch in der Decke hinauf, durch das man in den zweiten Stock gelangte. Coral lag auf einer Decke links von mir; das Wesen, das offensichtlich mit ihrer Bewachung beauftragt war, stand auf einem Podest und beobachtete den Kampf durch das nächstgelegene Fenster.
Ich ging näher zu ihr, kniete mich nieder, nahm ihr linkes Handgelenk und fühlte ihren Puls. Er war kräftig und gleichmäßig. Dennoch beschloß ich, sie nicht zu wecken. Statt dessen wickelte ich die Decke um sie herum, schob die Arme unter sie, stand auf und hob sie hoch.
Ich war im Begriff, den Unsichtbarkeitszauber auf sie auszudehnen, als sich der Wachtposten am Fenster umdrehte. Vermutlich hatte ich ein Geräusch erzeugt, als ich sie bewegte.
Einen Augenblick lang starrte der Wachmann gebannt seine Gefangene an, die unter ihm in der Luft schwebte. Dann öffnete er den Mund wie zum Alarm -was mir keine andere Wahl ließ, als sein Nervensystem durch eine Ladung aus meinem Ring in die Unempfindlichkeit zu schocken.
Leider gab es ein lautes Waffenklirren, als er von seinem Podest zu Boden stürzte. Beinahe im selben Augenblick hörte ich einen Schrei von oben, gefolgt vom Tappen flinker Schritte und dem Rascheln von Bewegung.
Ich drehte mich um und eilte zur Tür. Da sie sehr schmal war, mußte ich langsamer werden und mich seitlich verdrehen. Ich war mir nicht sicher, was die Wachtposten draußen beim Anblick einer vorbeischwebenden bewußtlosen Coral denken mochten, aber ich wollte auch nicht im Inneren in der Falle sitzen. Als ich hinausspähte, stellte ich fest, daß Gerard und Chinaway anscheinend immer noch in derselben Haltung erstarrt waren. Sekunden später jedoch, als ich den Körper verdrehte und meinen ersten seitwärtigen Schritt tat, drehte sich Gerard mit einer jähen Bewegung um, und gleich darauf folgte das schnalzende Geräusch eines Schlagstockes.
Gerard ließ die Arme sinken und stand aufrecht da. Der Körper von Chinaway sackte neben ihm zu Boden, sein Hals war in einem unnatürlichen Winkel abgeknickt. Eric und Caine klatschten Beifall. Die beiden Wachen neben der Tür näherten sich dem Schauplatz. Hinter mir, im Inneren, klapperte die Leiter auf der anderen Seite des Raums. Ich vernahm einen Schrei aus derselben Richtung.
Zwei Schritt weiter bog ich nach links ab. Die äußeren Wachen eilten zu ihrem niedergestreckten Meister.
Nachdem ich wieder etwa ein halbes Dutzend Schritte zurückgelegt hatte, hörte ich weitere Schreie hinter mir, als meine Verfolger aus dem Turm herausstürmten; und es waren auch menschliche Schreie darunter, die aus dem tödlichen Kreis kamen.
Ich wußte, daß ich ihnen nicht davonlaufen konnte, schon gar nicht mit meiner Last; und all diese angestrengte Bewegung störte meine Konzentration so sehr, daß ich unfähig war, irgendwelche magischen Schritte einzuleiten.
Also fiel ich auf
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