Amber-Zyklus 10 - Prinz des Chaos: der Titel
will ich gerne zugeben. Aber du mußt dich für einen von uns entscheiden, sonst wird dich der andere mit Gewalt an sich reißen.«
Ich sah Coral an, die leicht den Kopf schüttelte.
»Also, wie entscheidest du dich?« fragte ich.
»Bring mich weg von hier«, sagte sie.
»Du hast es gehört«, sagte ich zu dem Zeichen. »Wir gehen alle miteinander.«
»Ich muß eure Ungeduld noch ein klein wenig länger strapazieren«, sagte es.
»Wofür?« fragte ich.
»Bedenke: Die Entscheidung zwischen dem Logrus und mir ist nicht allein eine Frage der Politik - nicht die Auswahl dieser oder jener Person, um eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen. Mein Widersacher und ich stellen zwei grundsätzliche Prinzipien dar, nach denen das Universum organisiert ist. Ihr könnt uns mit Substantiven und Adjektiven aus den meisten Sprachen und Dutzenden von Kodizes belegen, aber im Grunde sind und bleiben wir Ordnung und Chaos -Apoll und Dionysos, wenn man so will; Vernunft und Gefühl, wenn man das vorzieht; Wahnsinn und geistige Klarheit; Licht und Dunkelheit; Lautzeichen und Lärm. So sehr dies auch die Vermutung nahelegen mag, daß jedes von uns die Auslöschung des anderen anstrebt, es verhält sich nicht so. Tödliche Hitze oder Energiebündel, Klassizismus oder Anarchie, jedes von uns bewegt sich auf einer einzigen Spur, und ohne das andere führt diese in eine Sackgasse. Wir beide wissen das, und das Spiel, das wir seit Anbeginn der Zeit treiben, ist entschieden verzwickterer Natur - und kann letztlich vielleicht nur unter ästhetischen Gesichtspunkten beurteilt werden.«
»Nun, es ist mir gelungen, meinem uralten Widersacher eine empfindliche Schlappe zuzufügen, zum erstenmal seit einer Ewigkeit. Ich bin jetzt in der Lage, einen Historikertraum überall im Schatten zu verwirklichen - ein Zeitalter von hoher Zivilisation und Kultur, das man niemals vergessen wird. Wenn das Pendel zur anderen Seite ausgeschlagen wäre, müßten wir einer Zeit voller Aufruhr und Unfrieden entgegensehen, die an Schrecklichkeit mindestens einer Eiszeit gleichkäme. Wenn ich dich als Spielfigur bezeichnet habe, so geschah das nicht, um deine Rolle dabei zu schmälern. Denn dies ist eine Zeit, in der alles fließt und in der der Juwel und der Mann, der König sein wird, von entscheidender Bedeutung sind. Bleib bei mir, dann werde ich das Goldene Zeitalter, das ich versprach, gewährleisten, und du wirst Teil davon sein. Wenn du hingegen gehst, wirst du von der anderen Seite weggeschnappt werden. Dunkelheit und Unordnung werden folgen. Was ziehst du vor?«
Luke lächelte.
»Ich erkenne ein geschicktes Verkaufspalaver, wenn ich es höre«, sagte er. »Streiche es auf eine einfaches Entweder-Oder zusammen. Laß sie denken, sie selbst hätten die Wahl getroffen.«
Coral drückte meine Schulter.
»Wir gehen.«
»Also gut«, sagte das Zeichen. »Sagt mir, wohin ihr befördert werden möchtet, und ich werde euch alle hinbringen.«
»Nicht uns alle«, sagte Luke plötzlich. »Nur die anderen.«
»Ich verstehe nicht. Was ist mit dir?«
Er zog einen Dolch und klatschte sich die Breitseite in die Handfläche. Er trat zu mir und stellte sich neben mich, um ebenfalls die Hand über das Muster auszustrecken.
»Wenn wir gehen, dann kommen vielleicht nur drei von uns an«, erklärte er, »wenn überhaupt. Ich bleibe hier und halte die Stellung, während du meine Freunde beförderst.«
»Woher willst du wissen, ob ich es auf zufriedenstellende Weise ausgeführt habe?«
»Gute Frage«, sagte er. »Merle, hast du einen Satz Trümpfe dabei?«
»Ja.«
Ich holte sie hervor und reichte sie ihm.
»Ist noch einer von mir dabei?«
»Als ich das letztemal nachgesehen habe, war es noch so.«
»Dann nimm ihn heraus und halte ihn bereit. Bleib in Verbindung mit mir, bis ihr es geschafft habt.«
»Was ist mit dir, Luke? Du kannst doch nicht für immer dort als Bedrohung für die Ordnung sitzen bleiben. Es ist doch nur ein vorübergehendes Patt. Früher oder später mußt du deine Position aufgeben, und dann...«
»Hast du immer noch einige dieser besonderen Karten auf der Hand?«
»Was meinst du damit?«
»Diejenigen, die du als Schicksalstrümpfe bezeichnet hast?«
Ich blätterte die Karten durch. Die meisten davon waren ziemlich weit unten.
»Ja«, sagte ich. »Sie sind sehr hübsch ausgeführt. Ich hätte sie niemals weggeworfen.«
»Bist du dir da sicher?«
»Ja. Wenn du etwas ähnlich Gutes beibringst, dann sorge ich dafür, daß du eine Ausstellung in
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