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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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Trümmern gemacht. Schluß mit Fernsehen, selbst Pappis alter Rechner ist Geschichte. Nachdem sie alle unsere Kleider auf den Boden geworfen hatten, sind sie mit ihren dreckigen Stiefeln darauf herumgetrampelt. Alles muß in die Reinigung, aber dafür haben wir kein Geld. Eh wurscht, weil alle Reinigungen in der Nähe bankrott sind. Die Läden machen auch einer nach dem anderen zu, Anne, keiner kann es sich leisten zu kaufen, was dort angeboten wird, aber die Ladenbesitzer weigern sich, die Preise dem neuen Geld anzupassen. Excelsior hat noch offen.
    Heute nachmittag hab ich lang ausm Fenster gestiert, bloß Iz im Kopf und sonst nichts. Da stieg die Wut wieder hoch in mir, weil ich glaube, sie will mich genauso dringend sehn wie ich sie, aber sie kann nich so, wie sie will wegen Jude. Hat nich mal angerufen heute. Ich verstehs nich, werd wütend, aber auch schwindlig und heul gleich, wenn ich bloß an Iz denk, Anne, was ist heutzutag alles möglich? Alles is meine Schuld dann aber wieder nich sie will doch bei mir sein aber vielleicht bild ich mirs auch bloß ein vielleicht paßt sie einfach besser zu Jude vielleicht bin ich echt und der Rest nich und das ist alles. Aber mir gehts Herz auf, wenn ich sie sehe, Anne, und all das Böse dieser Welt fällt von mir ab, ach.
    Gestern nacht wars hier drin so heiß, daß meine Haare richtig Schweißmatten geworden sind. Die gingn mir so aufn Keks, daß ich sie am liebsten ausgerissen hätte. Hab ich aber nich, hab sie bloß mit der Schere abgeschnitten, total kurz, viel kühler so, mag kein Püppchen mehr sein. Mama klappte der Kiefer runter, als sie mich so sah: »Liebes, du siehst dir selbst gar nicht mehr ähnlich.«
    »Du willst sagn, ich seh nich mehr wien Baby aus, oder?«
    »Na, es ist dein Kopf. Wenn du dein Haar so tragen möchtest, dann soll es mir auch gefallen«, sagte sie, aber sah mich dabei nicht an. Hoffentlich gefällt es Iz, schätze nich, aber mir gefällts.
     

17. Juni
    Wir kriegten heute einen Brief von Brearly mit den aktualisierten Semesterkosten ab September samt Bitte, das Geld doch zu überweisen. Die Gebühren sind jetzt nicht mehr 40 000 Dollar pro Jahr, sondern 600, aber eigentlich bleibt sichs gleich. »Schnuckel, dein Vater und ich waren uns immer einig, daß wir Boob und dich auf besonders gute Schulen schicken wollten, weil das so wichtig ist.«
    »Weiß ich.«
    Sie lag wieder im Bett und spielte mit ihren Haaren, wickelte sie sich um den Finger, während sie redete.
    »Aber jetzt sehe ich keine Möglichkeit mehr; wir haben ja kaum das Geld, um über die Runden zu kommen.«
    »Haut das wenigstens hin?« Möcht gern wissen, wie weit wir da schon im Hintertreffen sin.
    »Es geht gerade so.« Soll wohl heißen nein.
    »Schicken sie dir wenigstens deine Schecks?«
    »Manchmal, aber nie rechtzeitig und nie genug.«
    »Was ist mit Pappis Tantiemen?«
    »Die haben stark nachgelassen, kommen außerdem bloß zweimal pro Jahr; die nächsten sind erst im Dezember fällig. Der Himmel weiß, wo wir dann sein werden.«
    »Dann ist Schluß mit Brearly«, sagte ich, zuerst eigentlich ganz froh darüber, weil die mir dort so auf die Nerven gingen. Aber als ich n paar Takte länger nachdachte, kam ich drauf, daß das ganz klar ›Städtische Schule‹ bedeutet. Jude und Iz haben erzählt, ihre Lehrer dort seien alles Hirntote, keiner tut was, und jeden Tag wird auf irgend jemand geschossen. Außerdem heißt das ständig neue Weezies und fiese Gangstaboys gegen unendlich, die immer nur das eine wollen. Städtische kommt nich in Frage, Anne, da geht gar nix.
    »Mir fällt keine andere Lösung ein, mein Engel«, sagte Mama.
    »Paßt schon.«
    »Nein, das paßt nicht, ganz und gar nicht. Ach Schnuckel, ich sage es ja nur ungern, aber könntest du dich nicht doch für eine Weile entschließen, zu Chrissie zu ziehen, nur für kurze Zeit?«
    »Nein, nie, nada.«
    »Gut, sie ist fürchterlich, aber es gibt Schlimmeres.«
    »Und was würdest du tun, wenn ich dorthin ziehen würde? Du kämst ja doch nicht mit.«
    »Nein, bestimmt nicht, aber ich muß mir ja auch keine Gedanken über die Schule mehr machen. Engel, wenn es mit uns in diesem Tempo weiter bergab geht, dann bleibt nur noch die Straße. Ich will dich nicht dort enden sehen.«
    »Mir isses dort lieber als bei Chrissie; sie läßt ja nicht mal mehr Boob mit uns reden.«
    »Ja, Liebes, als ich Chrissie das letzte Mal anrief, sagte sie, Boob sei gerade nicht da oder könne nicht ans Telefon kommen; ich weiß

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