Ambient 02 - Heidern
bestimmt hat sie ihre Dosis die Woche raufgeschraubt. Sie schwankt immer und nickt überall ein. Mach mir Sorgen, klar, aber ihre Docs wern schon wissn, wasse tun. Und wär sie heut nacht nicht zugedröhnt gewesen, wer weiß, wie sies gepackt hätte. Wie auch immer, kaum war sie weg, hautn wir uns in die Falle und machten rum, bis wir klatschnaß warn. Weiter wie immer: nachher reden bis die Luft ausgeht. »Was war eigentlich so wichtig, das du mit Jude hast machen müssn neulich?«
»Wann?« Komisch, Anne, aber inzwischen weiß ich schon, wenn sie anfängt zu schwindeln und wenn sie nicht schwindelt. Diesmal schwindelte sie mir was vor.
»Wir wolltn doch am Mittwoch was zusammen machn, aber Jude hat gesagt, daß du keine Zeit hast dafür, weil ihr was machn müßt. Also?«
»Ach, Jude. Die kann sich doch n Scheiß merken. Nix war angesagt.«
»Darf ich gemein sein?«
»Versuchs mal.«
»Hat Jude das nur erfunden, damit wir zwei Mädels nich zusammen sein konnten?«
»Wer kann schon Judes Gedanken lesen? Du weißt das, Lola. Aber irgendwie hat sie immer n Grund.«
»Meiner Meinung nach isse eifersüchtig auf mich. Sie war eh schon sauer wegen Weez und mir.« Iz schüttelte den Kopf, aber nur n bißchen. Die wußte mehr, als sie sagte.
»Jude is zur Zeit komisch drauf, schon vor der Sache mit Weez. Einen Tag oben, einen unten. Liegt daran, daß Jude nie auch nurn Tag vorausdenkt, oder ne Woche. Die hat bloß n Zwanzigjahresplan. Gut für Übermorgen, scheiße für heute. Schon jetzt soll jeder Tag genau nach ihrem Kopf ablaufn, sonst kriegt sie die Panik und meint, sie schaffts nich mehr, bis wieder was gut läuft. Aber wenn was vorbei is, dann isses auch vorbei für sie; wegn Weez wächst der kein graues Haar mehr. Aber im Hier und Jetzt, he, da soll bittschön alles an dem Platz stehn, von dem sie glaubt, das is der richtige.« Iz machte ein Pause, redete aber gleich weiter. »Sie is nich auf dich als Lola eifersüchtig. Sie is eifersüchtig auf die Zeit, die ich mit dir allein bin.«
»Aber heut nacht isse doch mit ihren Freundn unterwegs?«
»Fällt eher unter Arbeit, nich unter Vergnügn. Wie soll ichs dir erklärn? Klar weiß sie, daß wir nich ewig Freundinnen sein werdn, aber sogar wenn wir getrennt sin, Jude und ich, dann sin wir doch eins. So wars, so sin wir, so wirds auch bleibn.«
»Wenn du mit Jude zusammen bist und wenn ihr dann rummacht, dann, weil euch danach is, richtig?« Iz nickte. »Und wenn du bei mir bist und mit mir rummachst, dann auch, weil dir danach is, oder?«
»Warum sollt ichn sonst hier pennen? Was treibtn dich um, Mädel?« fragte Iz und küßte mich.
»Aber Jude und du, ihr mögt beide auch Jungs, auch wenn euch grad nich danach ist, stimmt doch?«
»Schätz schon. Für Jude kann ich nich sprechen. Die mag sich selber am liebsten, glaub ich.«
»Ich jedoch werd wohl nie nen Jungen mögen oder mit einem Zusammensein wollen, so wie wir das sind.«
»Deine Sache, hab ich kein Problem mit.«
»Ich glaube, daß ich dich über alles liebe, Iz, weißt schon, was ich meine.« Sie nickte wieder.
»Gute Sache, das. Worauf willste eigentlich hinaus?«
»Das soll heißen: ich bin anders«, sagte ich traurig, weil selbst, wenn Iz mich nich sitzenläßt, um wieder ganz bei Jude zu bleiben, wird sie doch irgendwann einen Jungen treffen, den sie mag. Und dann steh ich da.
»Jeder ist anders, Lo. Jude is Jude, ich bin ich, und du bist, wer immer du auch sein magst. So isses nun mal, also mach dir deswegn nich in die Hosn. Solangs Herzen gibt, gibts auch Liebe. Wessen Herz is eher Nebensache.«
»Wie sehr liebst du mich eigentlich?« Sie fing wieder an, mich zu küssen, Anne, da passierte es. Jemand brüllte ein Kommando, dann hörten wir, wie die Wohnungstür eingetreten wurde und Leute hereintrampelten. Als nächstes flog die Tür zu meinem Zimmer auf und diese Helm-auf-Lampen-an-Knarre-im-Anschlag-Bubis-in-Blau drückten rein und schrien Keine Bewegung oder wir blasn euch die Birne weg keinen Mucks keinen Mucks. Sie taten gleich so, als würden sie uns umnieten wollen, drückten uns die Mündungen ihrer Knarren an den Kopf, bevor wir auch nur die kleinste Bewegung machen konnten. Das Licht blendete uns, als sie die Deckenlampe anknipsten, und ich kam mir so erniedrigt vor, weil wir nicht zugedeckt waren. Wir lagen ineinander verkeilt da; alles war zu sehen. Dann schleppten sie Mama aus ihrem Zimmer; wir hörten sie schreien und die anderen sie anbrüllen, sie solle die Fresse
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