Ambient 02 - Heidern
und vergessen sondern daß sie es so ausschaun lassn als wär eh nie was gewesn. So kams mir vor Anne wie wir da so rumstanden und unwichtiges Zeug austauschte und keiner hat was getan um das eine wichtige Ding zur Sprache zu bringn. Mann die einen streichen Scheiße golden an weils schöner ausschaut aber sie stinkt immer noch jawoll.
Mossbachers Angestellter rief heut an und wollte seine 5 Dollar. Hab einfach aufgelegt und bin wieder zu dir inne Küche Anne dermaßen geladen reif fürn Massenmord hab n Tiegel genommen und solang aufn Tisch gedeppert bisser hin war und der Tisch mich fürchtete bei Gott aber am schlimmsten Anne am schlimmsten is als ich damit fertig war gings mir immer noch nich besser ich will Blut! Zum Verrücktwerden diese Anwandlung aber sie zeigt mir daß ich noch lebe ich brauch sie ich brauch sie ohne sie möcht ich nimmer sein. Seh ich mich im Spiegel seh ich mich nich im Spiegel. Es ist als hätt mich wer ersetzt bloß ich weiß nix davon steck irgendwo da drin da dahinter noch bin ich da irgendwo.
4. Juli
Iz, Jude und ich machten uns am Abend fertig, um downtown zu fahrn und das Feuerwerk anzuschaun, is aber wegen der sich verschärfenden Situation abgesagt worden. Also bin ich wieder daheim, lausch aufn Lärm da draußen und brüte vor mich hin. Für mich gibts nur noch Groll und Wut, die verlassn mich nich mehr. Wenn ich mir n paar schöne Erinnerungen gönne, das hilft, aber dann stoß ich auf ne schlimme, schon gehts los, alles dreht sich nur noch um das eine. Das Feuerwerk unten inner Stadt wär schon klasse gewesn, Anne, hab mich so drauf gefreut. In früheren Sommern waren wir meist auf Long Island und haben von dort aus zugesehn Boob nannte es Feuerblumen als sie noch klein war. Aber das is alles lang her und völlig wurscht. Feiertage sin ne Pein für die Seele Anne man muß immer dran denken wo man mal war und mit wem die Jahre zurückrechnen und wenn wieder ein Jahr um is wie das letzte dann hört der Schmerz gleich gar nich mehr auf. Sogar als wir keine Kohle mehr hatten war alles so behütet hier als Pappi noch lebte als er von uns ging zerbröselte alles in Windeseile. Er hat alles irgendwie zusammengehalten es war hart okay aber es lief irgendwie und jetzt nix mehr. Dabei gäbs ihn noch wenn der Laden ihn nich umgebracht hätte wenn Mossbacher ihn nich umgebracht hätte. Wenn der nich wäre dann wäre alles in Ordnung mit uns bestimmt. Wenn der nich wäre.
5. Juli
Heute is das Faß übergelaufn, Anne, die Welt is ausn Fugn, un ich schätze, von jetz an kommts erst richtig dick. Schon beim Aufstehn hats 30° Grad gehabt, ne Sauna. Kaum ne halbe Stunde später meldete sich Iz: »Komm zur 125. Es wird schwer was los sein.«
»Und was?«
»Schaut so aus, als würdn wir jetz mal Besatzer spieln. Und: bloß alte Klamottn!«
Ich zog schwere Jeans an, Cowboystiefel undn enges T-Shirt, das für andre schwer zu packen war. Jude und Iz wartetn schon am Hochbahnhof. Auf der Straße triebn sich Tausende von Leutn rum, die meisten unbewaffnet, aber doch genug, die mit nem selbstgemachtn Arsenal rumliefn. Da sah man Kerle mit Baseballschlägern, mit Äxten, mit Tragetaschen voller Pflastersteine und Ziegel. Keiner tat wirklich was; alle standen nur rum, mitten auf der Straße, und hielten den Verkehr auf. Die Menge demontierte aber auch Block für Block die Mauer auf dem Grünstreifen der 125. Dazu heulten Sirenen, tröteten Martinshörner, Blaulicht flackerte, aber niemand bewegte sich groß, alle warteten.
»Issn hier los?«
»Alle durchgedreht, sieht man doch. Die wolln downtown marschieren und denen sagn, daß die Grünärsche verschwindn sollen. Nebenbei ein wenig Gleiches mit Gleichem vergelten.« Iz.
»Wird morgen groß inner Zeitung stehn, issn übler Haufn hier. Die ganze Nacht über hab ichs kommen hörn. Jetz is die Zeit reif.« Jude.
»Sind alle unterwegs, die uptown wohnen, oder nurn paar?«
»Alle nich. Die Grubenhunde fehlen; denen paßts ja so, wies is. Die ham sich heut verkrochn. Auch die älteren Gangstaboys wolln kein Ärger, aber momentan habn sie nix zu meldn.« Jude.
Die Menschen wurden immer mehr, als wärn alle unterwegs zu nem Konzert. Der Broadway war schon proppenvoll so weit man raufschaun konnte, genauso die 125. Richtung Osten. Sah man oberflächlich drüber weg, sah das alles aus wiene schwarze Flut. Bei genauerer Betrachtung aber waren alle vertretn, Asiaten, Latinos, Schwarze, Weiße. Viele trugen Transparente mit Aufschriftn wie ES
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