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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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REICHT, SCHLUSS MIT DEM TÖTEN oder KEINE GERECHTIGKEIT – KEINE GNADE. Ich sah mich nach Soldaten oder Blauen um, aber keiner da, die habn sich wohl zu den Grubenhundn gelegt. »Und wir gehn mit, oder?«
    »Der Protest is fällig. Irgendwer muß ja mal laut sagn, was wir gesehn habn.« Iz.
    »Kommt nur Scheiß bei raus.« Jude.
    »Was meinstn damit, Jude? Vor was hastn Angst?« Iz.
    »Wenn wir das jetz durchziehn, sin die in Nullkommanix wieder da und führn sich doppelt schlimm auf. Dann wirds uns noch mieser gehn.« Jude.
    »Magst recht habn, aber jetzt reichts einfach«, erwiderte Iz. Schätze, daß die meistn hier solche Gespräche führtn, aber natürlich hab ich nich alle hörn können. »Wenn ihr mich fragt, gehn wir mit. Is ja bloß n Marsch. Was solln se da schon groß machn?« Iz. Jude schüttelte wieder den Kopf, lief aber auch nich weg: »Wird scheiße endn.«
    Zu dem Zeitpunkt warn wir bereits völlig eingeschlossen, ungefähr wie innem U-Bahn-Wagen zur Stoßzeit. Ne Minute später spürten wir plötzlich den Druck von oben, wo die Leute anfingen, sich und uns den Broadway runterzuschieben; wir mußtn einfach mit, versuchtn aber dicht beinander zu bleibn. »Bloß nich trennen lassn!« kommandierte Jude. Als die Menge loswalzte, nahm sie beide Fahrbahnseiten des Broadway ein; sogar unter der Hochbahn wurde marschiert. Alle schwitzten und dampften, so heiß wars. Die Sonne leuchtete die Gebäude im Westn an, ließ sie golden erscheinen, aber weiter als fünf Straßen konnte keiner sehn, so diesig wars. Auf dem ganzn Weg durch Morningside Heights sagte niemand n Wort, schweigend rückten wir vor. Oben sahen Leute ausn Fenstern, dann schlossen sie sich an. An der Columbia hakten sich die Wachen unter und riegelten so den Campus ab. Ich spechtete zwischen ihnen durch und sah, daß auf der Amsterdam ne ebenso große Menschenmenge downtown walzte. »Na, seht ihr, wir gehn bloß!« sagte Iz erleichtert.
    »Und wie weit?« Ich.
    »Zur City Hall, schätz ich, falls sie uns bis midtown lassn.« Iz. Sogar in dieser Menge flüsterten wir bloß, weil es einem so vorkam, als würdn wir inner Kirche rumbrüllen, falls wir mit normaler Stimme sprechn.
    An der 96. Straße gehts nen kleinen Hügel rauf, etwa fünf Querstraßen lang, bevor sich der Broadway dann Richtung midtown senkt. An der 90. lag ein Stimmengewirr in der Luft; alle gingen schneller. Seltsame Sache, Anne, mir fiel gar nich auf, daß wir so dahinhetztn, bis wir schließlich in Trab fielen, nich richtig schnell, aber etwa so, wie wir nach der Schule zum Bus laufn, um ihn grad noch zu erwischn. Die Stimmen wurdn immer lauter, weiter hinten hörten wir Sprechchöre. Vor uns schwenkten die Leute ihre Transparente und ihre Prügel. In den Querstraßn stauten sich die Autos und hupten, weil sie nich weiterkonnten. Auf dem bepflanzten Grünstreifen in der Mitte brachen die Demonstranten durch die Büsche. Mir stand der Schweiß auf der Stirn; gottseidank hab ich mir die Haare abgesäbelt, denn wenn nich, wär ich jetz bei der Hitze draufgegangn, da brauchte ich bloß zu Iz und Jude hinüberschaun, wie denen die Soße runterlief.
    An der 86. Straße warn Soldaten postiert, links und rechts, die Gewehre im Anschlag; noch wurde nicht geschossen. Noch standen sie bewegungslos am Rand und musterten uns bloß. »Wir solltn abhaun«, riet uns Jude.
    »Wie solln das gehn; wir sind umzingelt.« Iz hatte recht. Wir steckten mitten in der Menge, waren ein paar Querstraßen von der Spitze des Zugs entfernt, aber stetig ging es downtown. Wir liefen jetzt, spürten, wie uns die hinter uns auf die Hacken stiegen und fuhren unsre Ellbogen aus, um die Menge etwas auf Abstand zu halten und uns nicht zu verlieren. Die Sprechchöre wurden lauter und wir stimmten ein, Nieder mit den Mächtigen Nieder mit den Mächtigen. Ich war so überhitzt, daß der Wind vom Laufen mir das Gesicht zu kühlen begann; ab der 79. lief ich wie auf Wolken, Anne, mühelos, bloß Judes Hand in meiner, so glitten wir dahin.
    An der 72. Straße waren Truppentransporter aufgestellt, die die Querstraßen und die Amsterdam Richtung Süden blockierten. Amsterdam Avenue und Broadway treffen sich hier, und die Mengen vermischten sich; jeder machte Platz so gut er konnte. Jetzt konnte niemand mehr auf den Gehsteigen stehen; wir benutzten jetzt auch diese, um südwärts weiter zu eilen, schneller, immer schneller. Kurz vor dem Lincoln Center hörten wir Glas zu Bruch gehn, nah, aber doch weiter weg. Wir hieltn

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