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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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Herr werde. Das gehe nicht, meinte eine Frau darauf. »Sind Ausschreitungen Unruhen?« wollte ich wissen. Pappi meinte, das komme darauf an. Mir war ja klar, daß sie wieder einmal von nichts eine Ahnung hatten, als sie im Fernsehen sagten, es werde hier keine Unruhen geben. »Was versetzt die Leute in Unruhe?« fragte Boob. Alles, so Pappi. Als uns die Augen zu brennen anfingen, gingen wir wieder hinein.
    Wir aßen in einem Coffeeshop Ecke 82. Straße und Madison Avenue zu Mittag. So still waren wir, glaube ich, noch nie. Wir verhielten uns so ruhig, Anne, als seien wir noch immer im Museum. Mir war auch nicht nach reden. So ging es wohl uns allen, sogar Boob. Dann spazierten wir die Madison hinunter und sahen in die Auslagen der Geschäfte, die gerade alle ihre hiesigen Filialen schlossen. Ich weiß gar nicht mehr, was die einmal verkauften. Fast fürchtete ich, ich hätte Alzheimer, weil es mir nicht mehr einfiel. Mama meinte, sie würde so gerne noch ein einziges Mal zu Bloomingdale's gehen. Wegen des Verkehrslärms konnten wir die Gewehre und Kanonen hier unten nicht hören. Nur der Rauch trieb durch Manhattan. Es wurde dunkel, so als würde es jeden Moment dicke, schwarze Tropfen regnen, also gingen wir nach Hause.
    Wir fuhren Bus. Er war übervoll. Wir stellten uns an die rückwärtige Tür, wo wir schnell ein- und aussteigen konnten. Ich war dann SEHR SEHR SEHR froh darüber, weil an der 72. Straße ein verrückter Mann einstieg. Von der Sorte gibt es viele, aber der, Anne, war etwas Besonderes. Als er einstieg, sah er zunächst aus wie alle anderen, außer daß seine Hose unten schmutzig und zerrissen war. Und er hatte einen eiterigen Pickel auf der Backe, der ziemlich abstoßend war. Er stand knapp zwei Meter von uns entfernt. Boob sang irgendwelche dummen Liedchen vor sich hin, und Pappi bat sie, keine Aufmerksamkeit zu erregen. Plötzlich begann der Irre auf eine ältere Dame einzuschlagen, die auf einem Einzelplatz saß. Sie stieß schrille Schreie aus. Ihre Brille zerbrach, und sie blutete am Mund. Dabei hatte sie kein Wort zu ihm gesagt; er hat sie einfach herausgepickt. Mama und Pappi legten schützend ihre Arme um uns und drängelten sich an die Leute, die hinter uns standen. Einige Buspassagiere griffen sich den irren Mann, der anfing, auch auf sie einzuschlagen. Der Fahrer fuhr rechts ran und blieb stehen. Wir drückten sofort auf den Aussteigeknopf und kletterten hinaus in Sicherheit. Dadurch konnten wir nicht genau sehen, was weiter passiert ist. Jedenfalls wartete bereits ein Streifenwagen. Die Polizisten stiegen in den Bus und zerrten den Irren nach ein paar Minuten mit heraus. Dabei schlugen sie ihn mit ihren Knüppeln. Dann, Anne, war da dieser Mann auf der Straße; er trug einen Anzug. Der Mann sah erst zu, stürzte sich dann auf den Irren und trat ihn so fest er konnte gegen den Kopf. Boob fing an zu weinen. Die anderen Leute auf der Straße klatschen Beifall, als sei das ein Film. Die Polizisten schoben den Anzugmensch weg, packten den irren Mann und drängten ihn auf den Rücksitz ihres Wagens. Danach war Schluß, und wir gingen. Was für ein absonderlicher Tag! Zu Hause ging jeder auf sein Zimmer und machte die Tür zu, so als hätten wir alle etwas ausgefressen. Ich legte mich auf mein Bett und wollte nur noch schlafen. Tatsächlich habe ich auch ein Nickerchen gemacht. Dann läutete das Telefon ein paar Mal, und Pappi hob jedesmal ab. Allerdings weiß ich nicht, ob es der Krediteintreiber war oder jemand anderes.
    Später sahen wir zusammen die Nachrichten an. Natürlich kein Wort über unseren irren Mann aus dem Bus, der uns fast alle umgebracht hätte. Den Hubschraubern der Nachrichtensender war es untersagt, Brooklyn und Queens zu überfliegen, also wußte keiner der Reporter so recht, was da los ist. Der Bürgermeister behauptete, alles sei unter Kontrolle. ABC zeigte den Präsidenten in seinem Feriendomizil. Einige Kommentatoren im Fernsehen sagen, er sei noch nicht lange genug Präsident, um überhaupt einschätzen zu können, was abläuft. Ich dagegen glaube, daß er xanaxabhängig ist.
    Wäre Lori nicht zu Kure-A-Kid verschickt worden, bin ich mir sicher, daß wir den Tag zusammen verbracht und jede Menge Spaß gehabt hätten. Und schade, daß wir diesen Streit hatten. Hätte ich doch nur öfter und mehr mit ihr geredet. Mir kommt es so vor, als hätte ich nie mehr die Gelegenheit dazu. Aber vielleicht täusche ich mich. Es ist schwer, sich eine Meinung zu bilden, bei all den

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