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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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Die Geschäfte waren heute teilweise mit Brettern verschlagen, sonst sah alles aus wie immer. Doch gestern nacht hat mir das einen schönen Schrecken eingejagt. Mir fiel Lori wieder ein, und ich konnte lange nicht einschlafen.
    Zum Glück habe ich morgen nur eine Prüfung, auf die ich lernen muß. Da kann ich heute etwas früher ins Bett. Es war kein guter Tag, Anne, und ich bin furchtbar müde.
    Wie sich herausstellte, war Lori zu dem Zeitpunkt, an dem ich die Straßenbande gesehen habe, bereits zu Hause. Ein älteres Mädchen, die Loris Bruder Tom kennt und ihn gestern noch gesprochen hat, erzählte es Tanyas Schwester. Und die hat uns berichtet. Wenigstens wurde Lori nicht auf der Straße ermordet. Allerdings finden wir das, was ihr zugedacht ist, fast genauso schlimm. Ihre Eltern stecken sie in ein Schwererziehbarenlager in New Jersey. Damit drohen sie schon seit Ewigkeiten, aber ich habe ihnen das nie abgenommen.
    »Was machen sie da mit dir?« wollte Ekel-Betsy wissen. Die muß eigentlich ins Bulimie-Lager.
    Whitney wußte es. »Sie scheren dir den Kopf. Nachts wirst du ans Bett gefesselt, und zwar mit großen Gürteln, deren Schnallen an der Seite scharf zugefeilt sind.«
    »Woher weißt du das alles?« fragte ich.
    »Weiß ich eben.«
    »Du warst noch in keinem dieser Lager«, sagte Ekel-Betsy.
    »Aber ich habe darüber gelesen und Geschichten aufgeschnappt.«
    »Warum sollten da die Gürtelschnallen an den Seiten zugeschliffen sein?« wollte ich wissen.
    »Damit du nicht nur niedergehalten wirst, wenn du nachts aufwachst oder hochschreckst, weil du zur Toilette gehen willst, sondern dich auch noch schneidest.«
    »Wie gehen die dann zur Toilette«, fragte natürlich Ekel-Betsy.
    »Überhaupt nicht. Die Bettfedern stehen unter Strom. Wenn du ins Bett pinkelst, bekommst du einen Schlag.«
    »Das willst du gehört haben?«
    »Hab ich, jawohl.«
    »Da müßten doch alle sterben«, entfuhr es Tanya.
    »Es ist nur ein schwacher Stromschlag, aber stark genug, daß er weh tut.« Ich glaube auch jetzt noch, daß sie keine Ahnung hat, wovon sie spricht.
    Am Nachmittag kam Pappi aus Los Angeles zurück. Ich und Mama und Boob freuten uns sehr, ihn zu sehen. Er hat uns Halsketten mitgebracht, hübsche Goldschnüre. Kein echtes Gold, glaube ich allerdings. Wir legten sie gleich um. Boob hatte die ihre natürlich fünf Minuten später bereits verloren. Wir haben sie aber wieder gefunden. Beim Essen erzählte er von der Reise, aber hauptsächlich, wie sie dort drüben mit den Unruhen umgehen. Ich wollte wissen, ob seine Produzenten jemals unter ihren Schreibtischen hervorgekommen seien, und Pappi bejahte das. Sie hätten gefordert, daß die Luftwaffe die kritischen Viertel bombardieren soll. Pappi hielt das für keine so gute Idee. Allerdings habe ich im Fernsehen gehört, daß sie ernsthaft darüber nachdenken, also werden sie es wohl irgendwann machen. Auf unsere Frage, ob sie seinen Film gekauft hätten, hat Pappi nicht gesagt, daß dem so sei. Er sagte statt dessen, sie zögen es in Erwägung, was fast immer ein Nein ist. Eigentlich wirkte Pappi gar nicht traurig, aber trotzdem war klar, daß er um den heißen Brei herumredete. Außerdem hatte er furchtbaren Jetlag und ging früh ins Bett.
    Dann passierte etwas Furchtbares, Anne. Ich versuchte, in Loris Wohnung anzurufen. Ihre Mutter ging ran. Als ich ihr sagte, wer dran sei, erklärte sie mir, daß ich in Zukunft nicht mehr mit Lori sprechen dürfe. »Warum?« fragte ich, aber sie hängte bloß ein. »Das finde ich aber sehr ungehörig«, meinte Mama. »Laß mich das für dich in die Hand nehmen.« Sie rief eine Stunde später bei Lori an. Nach dem Telefonat berichtete sie mir, was Sache ist.
    »Sie läßt sich bei dir entschuldigen, daß sie aufgelegt hat. Aber das wurde ihr befohlen.«
    »Von wem?«
    »Von den Miliztypen aus dem Erziehungslager, Schnuckel. Sie fordern, daß jedes Kind, das ihrem Programm beitritt, den Kontakt zu allen alten Freunden sofort abzubrechen hat, weil man nie weiß, wer es auf Abwege gebracht hat.«
    »Ich doch nicht.«
    »Das weiß ich, Liebling. Aber so lautet ihre Anordnung.«
    »Darf sie nicht einmal mit Katherine reden?«
    »Nein, in deren Augen seid ihr alle Wilde.«
    »Das ist nicht fair!«
    »Stimmt.«
    »Dürfen wir wieder mit ihr sprechen, wenn sie entlassen wird?«
    »Was weiß ich. Wahrscheinlich nicht, denn die verpassen einem dort eine derartige Gehirnwäsche, daß man gar nicht mehr weiß, wer man eigentlich war.«
    »Das

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