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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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das von Lori, aber über ein anderes in New York State. Ich kenne ein Mädchen, deren ältere Schwester eine Freundin hatte, die dorthin geschickt worden ist.«
    »Und was erzählt die?«
    Katherines Antwort war ebenso erstaunlich wie wahrscheinlich wahr, Anne, darum schreibe ich alles so genau auf: »Daß es furchtbar sei. Sie wurde für die ganze Dauer des Aufenthalts in eine Gefängniszelle gesteckt, die keine Fenster hatte. Ihre Kleider wurden ihr genommen und dann Jungen hereingeschickt, die sie anschauen durften. Jedesmal, wenn es eine Mahlzeit gab, wurde ihr gesagt, diese könne die letzte sein, daher solle sie sie besonders genießen. Dabei war das Essen verdorben und mit Würmern drin und so Zeug.«
    »Wie schrecklich. Wie ging es weiter?«
    »Der Oberaufseher kam, brachte ihr einen Strick und zeigte ihr, wie man sich erhängt. Er erklärte ihr genau, wie der Knoten gemacht wird und wo an der Decke ein geeignetes Stück Rohrleitung sei. Sie erzählten ihr andauernd, daß die Eltern ihr Geld zurückerhalten, wenn das Kind sich nicht bessert. Wenn es allerdings stirbt, dann dürften sie es behalten. Ständig erklärten sie ihr, wenn sie sich nicht selbst umbringe, dann kämen sie selbst und würden es tun; den Eltern allerdings sage man, es sei Selbstmord gewesen. Viermal die Nacht kamen sie zu ihr, aber sie wollte sich nicht umbringen. Das machte sie so wütend, daß sie am Morgen nach Hause geschickt worden ist. Die Eltern haben ihr Geld zurückerhalten.«
    »Was ist aus der Freundin dann geworden?«
    »Sie hat nur abgewartet, bis sie daheim war. Dann hat sie sich in ihrem Zimmer erhängt, wo sie die Eltern finden mußten, die dann furchtbar geweint und ihr eine große Beerdigung ausgerichtet haben.«
    »Das ist schauerlich.«
    »So ist es passiert. Eine wahre Geschichte.«
    Wir hoffen beide, daß mit Lori nichts dergleichen passiert. Vielleicht ist ja Kure-A-Kid nicht so übel wie dieses andere Kinderlager, aber wahrscheinlich schon.
    »Wenn du tot bist, wer soll da zu deiner Beerdigung kommen?« fragte mich Katherine.
    »Meine Eltern und Boob und alle Lehrerinnen und meine Freunde und du und Lori und alle von der Brearly und der Bürgermeister. Und bei dir, wer sollte bei deiner Leichenfeier dabei sein?«
    »Ich wäre gern selbst dabei.«
    Wir machten uns nachtfertig, weil es schon spät wurde. Als ich duschte, kam Katherine herein und fragte mich, ob sie wieder bei mir im Bett schlafen dürfe. Ich stimmte zu. Sie setzte sich auf die Toilette und putzte sich die Zähne, während ich mir den Schaum abspülte. Ich fragte mich, ob sie wohl noch den langen Striemen hat, aber sie trug bereits ihren Pyjama, also konnte ich nicht sehen, ob er noch da war oder nicht. Wir gingen aus dem Bad und wünschten Mama und Pappi und Boob eine gute Nacht, dann ins Bett. Wie immer haben wir noch geredet und geredet, bis wir einschliefen. Ich war froh, Katherine wiederzusehen.
    »Jetzt kannst du mir erzählen, was passiert ist. Ich verrate es auch niemandem«, forderte ich Katherine auf. Sie zog sich die Bettdecke bis zum Kinn hoch und verschwand fast völlig darunter.
    »Was meinst du mit ›passiert‹?«
    »Was mit deinem Vater war nach Loris Party. Warum du plötzlich nicht mehr ausgegangen bist.«
    »Sie ließen mich einfach eine Weile nicht weggehen, weil ich zu spät nach Hause gekommen bin.«
    »War dein Vater wirklich so wütend auf dich an dem Abend?
    »Ja.« Wir hatten das Licht schon aus, also konnte ich ihr Gesicht nicht sehen.
    »Was hat er mit dir gemacht?« Sie rutschte weiter auf ihre Seite des Bettes und kehrte mir ihren Rücken zu. Ich drehte sie um, konnte ihr Gesicht aber immer noch nicht erkennen.
    »Jetzt weich nicht aus. Hat er dich geschlagen?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Na, als er dich gefragt hat, was man mit einer wie dir machen solle, hast du gesagt, er sollte dich schlagen. Warum sagst zu so etwas zu ihm?«
    »Weil ich wütend war.« Sie drehte sich wieder um, aber ließ ihren Kopf auf meinem Kissen, rollte sich ein wie ein Kätzchen und drängelte ihren Hintern an mich. Sie war noch wärmer als Boob, fast als hätte sie Fieber.
    »Du hattest eine Wut, weil du nicht etwas länger bleiben durftest, ohne gleich angebrüllt zu werden?«
    »Stimmt. Gute Nacht.«
    »Jetzt reg dich nicht gleich auf.«
    »Ich bin nicht wütend, nur müde.«
    »He, wir wollten doch ganz lange wach bleiben?«
    »Jetzt bin ich aber wirklich müde, Lo. Schlaf gut.«
    Wie ich dir schon einmal geschrieben habe, Anne, es

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