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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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ging ins Nebenzimmer.
    »Hunger?« fragte mich Iz, die sich gerade ein Brot strich. »Danke, nein«, antwortete ich, weil ich mich daheim noch vollgestopft hatte. Ich wußte ja nicht, ob und wieviel es zu essen geben würde. Gerade als Iz mit dem Brot fertig war, schaute ihre Mutter herein: »Isabel, kommst du mal. Ich muß mit dir reden.« Iz verdrehte die Augen und sagte, ich solle sitzenbleiben und warten, bis sie wiederkommt. Ich hörte, wie sie eine Tür schlossen, aber falls sie das getan haben, damit ich nicht merken sollte, daß ein Streit fällig war, dann war es umsonst. Ich hörte sie herumschreien, verstand aber nicht, worum es ging. Nach etwa fünf Minuten ging die Tür auf und gleich darauf kam Iz zurück in die Küche, in der einen Hand meine Tasche, in der anderen eine Plastiktüte, in die sie etwas Kleidung gestopft hatte. »Lola, wir verziehn uns«, sagte sie mit einem Blick auf die Uhr an der Wand.
    »Was läuft hier?«
    »Die Ausgangssperre um sieben fängt gleich an«, drängte Iz und drückte mir meine Tasche in die Hand. Ich stand auf, und wir gingen zusammen durch das Wohnzimmer. »Du marschierst mir hier nicht einfach so hinaus«, rief ihre Mutter aus dem Schlafzimmer. »Wir kommen bei Jude unter. Is nich korrekt von dir«, gab Iz zurück. »Mein Gott, Kind, die erschießen dich doch auf der Straße. Es ist nicht mehr sicher!« erwiderte ihre Mutter. »Wissn wir«, rief Iz und packte meinen Arm. »Isabel!« hörten wir ihre Mutter noch rufen, dann schlug Iz die Tür zu.
    »Mensch, ich schäm mich so«, sagte Iz auf dem Weg zum Lift. Sie war so verärgert, daß sie ununterbrochen mit der Hand gegen die Aufzugtür schlug, bis ich ihr endlich den Arm um die Schulter legte. »Ich faß es nich, ich faß es nich, Mädel!«
    »Warum mußten wir gehen?«
    »Die is so drauf wie Weezie«, stieß Iz beim Einsteigen in den Lift hervor.
    »Was hat sie denn gesagt?«
    »Vergiß es, Lola, vergiß es!«
    »Weil ich weiß bin? War es das?« Iz nickte.
    »Dabei mag sie Weez auch nich. Is das n Arschloch oder was?« Wir kamen in der Eingangshalle an und gingen hinaus. Auf dem Vorhof zur Eingangstür lagen Trümmer von Betonsteinen, die jemand herabgeworfen haben muß. Iz griff sich eines und schleuderte es fort. »Was machen wir jetzt?«
    »Ich geh rüber zu Jude. Nich ganz so wie daheim, aber s gehört mir auch. Kannst mitkommen, klaro. Wennste heim willst, versteh ichs auch.« Einen Augenblick lang überlegte ich, ob ich nach Hause wollte. Aber dann stellte ich mir vor, wie Pappi schlief, Mama schuftete und Boob mit keinem Menschen ein Wort redete und mir war klar, daß ich jederzeit wieder heimkommen dürfte. Aber ich wollte gestern einfach lieber bei Iz bleiben, also stimmte ich zu. »Na, dann dalli wegn der Sperre.«
    Wir blieben auf dem Broadway. Nach der Zeitumstellung war es noch hell um diese Zeit. Löschzüge und Polizeiautos sausten mit Sirenengeheul Richtung uptown. Vor einer Bodega an der 130. Straße hatte sich eine große Gruppe ziemlich übel aussehender Männer zusammengerottet, also wechselten wir die Straßenseite, um ihnen aus dem Weg zu gehen. Einer der Kerle brüllte die anderen an und die brüllten zurück. Dann fuhren Armeetransporter vor, und Soldaten mit geschulterten Gewehren sprangen heraus. Die Herumlungernden hatten Baseballschläger und Knüppel. Sofort fingen sie an, die Soldaten mit Steinen und Flaschen zu bewerfen. Ich verlangsamte meine Schritte, um zusehen zu können, aber Iz packte mich und zerrte mich mit. Dann ploppte es so komisch, und Iz rief: »Lauf!« Also liefen wir. Die Soldaten feuerten in die Menge, die sich zerstreute, aber dann wurden die Infanteristen aus den Fenstern über der Bodega unter Beschuß genommen.
    Anschließend sahen wir immer mehr Heeresfahrzeuge Richtung downtown fahren. Oben kam ein U-Bahn-Wagen mit kreischenden Rädern auf den Geleisen zum Stillstand. Die Meute warf Flaschen nach dem Zug, die explodierten und alles in Flammen aufgehen ließen. Eine Menge Leute fing dann plötzlich an, unter lautem Geschrei die Straße in unserer Richtung herabzulaufen, als würden sie gejagt. »Scheiße!« zischte Iz, und wir wandten uns ostwärts zur 136. hin. In dieser Straße spielten die Kinder auf den Stufen vor den Häusern, als sei überhaupt nichts los. Wir hetzten vorbei. Iz rannte einen kleinen Buben über den Haufen, so schnell lief sie. Ich bin froh, daß ich auf meine Kondition achte, sonst hätte sie mich um Längen abgehängt. Sie warf geschwind

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