Ambient 02 - Heidern
so.«
»Aber ich gebe hier doch nicht die Hochnäsige?«
»Hat nix zu tun mit dem, was du sagst, sondern wie du manchmal schaust. Na, so als ob dich was aufregt, was wir sagn oder tun.«
»Mach ich das?«
»Logo. Schau, ich laß auch den Snob raushängn, geb ich zu. Aber ich bin von hier, s schaut einfach anders aus als bei dir.«
»Wie muß ich dann dreinschauen?« Iz lachte und kämmte sich wieder ein Stück Long Island aus dem Haar.
»Schau doch, wie du magst. Is schon okay.«
»Ist nicht okay. Wenn es Weezie auf die Palme bringt, dann auch andere Leute.«
»Aber du kannst halt nich anders. Und das is nich das einzige, wo du nich anders kannst. N Beispiel: Du bist weiß. Weezie haßt die Weißn. Kannst du was dagegn machn? Nein. Wie auch? Meine Ma is auch so, aber nich ganz so extrem. Weezies Vater is schwarz, klar? Der ist der Mr. Eisenfaust daheim. Weezie verehrt den Typn. Und der Typ haßt die Weißn.«
»Und die Mutter ist auch schwarz?«
»Eben nich. Die is weiß. Und die Mama von ihrm Vater is auch weiß.«
»Warum haßt er die dann nicht?«
»Gehörn zur Familie, is was anderes. Du bist ja auch nich ganz weiß, weil du n Judnmädel bist.«
»Meistens hält man mich für eine Italoamerikanerin.«
»Und? Knall dich in die Sonne, hol dir die Superbräunungscreme, laß Weezie gegen dich ausschaun wie n Albino, für sie biste immer noch zu weiß. Wenn sies wenigstens reinfressen würde, aber sie hat dieses Spanierblut, wo alles immer raus muß.«
»Na, aber nicht alle Spanier sind feurig.«
»Ne, aber wenn du schon n Temperamentsbolzen bist, dann bremst dich Spanischsein auch nich gerade. Jude und Weezie kommen so gut mitnander aus, weil sie so verschiedn sin. Jude is immer superkontrolletti, außer sie will, daß ihr die Sicherungen durchbrennen.«
»Und Weezie war immer schon so?« Iz nickte.
»Nach dem was Jude so erzählt. S is einfach, Lola, die quatscht dich schräg an, bisse glaubt, daß du Respekt verdienst. Sie labert doch die ganze Zeit, wie toll sie innen Menschen lesen kann, aber bei dir kriegt sie keinen einzign Buchstabn auf die Reihe. Bei mir übrigens auch nich, aber da isses wieder anders.«
»Und wie kriegt man diesen Respekt?«
»Weiß nich. S hilft nix, wenn sie dich vermöbelt. S hilft nix, wenns so weiter geht. Und wenn sie wieder mit'm Messer daherkommt …« Iz brach mitten im Satz ab.
»Hältst du das für möglich?«
»Nein.«
»Ganz sicher?«
»Wir kriegns schon geregelt, wirst sehn.«
Die Helikopter flogen jetzt so tief über uns hinweg, daß sich die Bäume unten im Park wie unter einem Hagelsturm bogen. Einer der Soldaten schrie uns etwas zu, aber wir konnten ihn wegen des Lärms nicht verstehen. »Darfst schon bei Freundn übernachtn?« wollte Iz wissen.
»Klar.«
»Wie wärs dann mit Freitag? Komm und schlaf bei mir. Am Samstag stehn wir auf, treffen uns mit Jude und machen einen Plan wegen Weezie.«
»Ist dir das wirklich recht?«
»Ich sag Mama einfach, daß ne Freundin dableibt. Null Problemo. Jude hängt die halbe Zeit bei uns rum, wenn auch nich am Wochenende. Und wenn Jude kommt, isses auch nich schlimm.«
»Okay«, willigte ich erfreut ein, nicht bloß, weil Iz mir helfen möchte, in Sachen Weez weiterzukommen, sondern weil sie mich auch zu sich nach Hause eingeladen hat. »Ich mag dich wirklich gern, Iz.« Ich hatte ihre Hand ergriffen und hielt sie eine Weile fest, wobei ich mir ein wenig Sorgen machte, ob sie das verwirrt haben könnte. Sie drückte jedenfalls auch meine Hand und zwar mit einem verflixt festen Händedruck. »Ich mag dich auch.« Wir umarmten uns.
Als unsere Augen zu brennen anfingen, weil der Rauch immer dicker wurde, brachen wir wieder auf und gingen zurück zur Amsterdam Avenue und zur Columbia, die ganze Zeit Händchen haltend. Normalerweise wären wir über den Campus gegangen, aber vergangene Woche haben sie neue Tore errichtet mit schwererem Stacheldraht drauf, und die Wachen lassen einen nur noch durch, wenn man entweder einen Studentenausweis hat oder Professor ist. Die Knarren der Wachposten sind auch größer geworden, dazu jede Menge Polizei. Also gingen wir hoch bis zur 120. und dann erst hinüber zum Broadway. Es ging mir auf einmal so viel besser, Anne.
Natürlich fragte ich erst Mama, ob ich am Freitag bei Iz übernachten dürfte. Sie sagte: »Aber sicher, meine Liebe. Hört sich doch nach jeder Menge Spaß an, oder? Aber sag mal, warum kommen eigentlich deine alten Freundinnen nicht mehr vorbei oder rufen
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