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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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an der Upper East Side und auch südlich der 125. nicht zu sehen sind, glaubte ich, sie wären sonst auch nirgends. Irrtum.
    Es wurde langsam dunkel, und alle warn wie aufgezogn. Auf der Straße waren genauso viele Menschen unterwegs wie uptown, alle aufgetakelt und scharf auf Action. Loisaida ist ein gemischtes Viertel; man sieht also Weiße und Asiaten und Hispanier, Schwarze sowieso. Ich fühlte mich also nicht fehl am Platz, war aber trotzdem sehr erregt, weil uns alle hinterdrein starrten, wenn wir vorbeigingen. Wahrscheinlich merkten sie, daß wir Fremde waren, die gekommen sind, um Ärger zu machen. Dabei hatten wir es ja bloß auf Weez abgesehen. Auf der Avenue B gingen wir zum Tompkins Square, wo es schlimmer zugeht als in der Grube, Anne. Hunderte von Menschen schlafen und leben auf dem Platz. Lagerfeuer brennen, Zelte sind errichtet, die Bäume haben keine Äste mehr. Gegenüber ist ein großes Wohnhaus. Der Eingang ist mit Stacheldraht abgesichert; Männer mit Maschinengewehren kontrollieren die Straßenseite. Dabei ist die Mauer des Erdgeschosses so stark mit Graffitis verunziert, daß man glauben könnte, sie sei stümperhaft bemalt worden. Auf den Gehsteigen parken Armeefahrzeuge, die Soldaten in Rufweite. Diese Kerle waren anzüglicher als die in Washington Heights. Sie beleidigten uns ständig, pfiffen uns nach, griffen sich andauernd in den Schritt, als müßten sie pinkeln und riefen Zeug wie He Süße, komm rüber und machs mir. Ich, Jude und Iz blieben dicht beisammen und gingen an ihnen vorbei. Mitten auf der Straße stand ein alter Mann, der immer und immer wieder rief, er sei Amerikaner, er sei Amerikaner, als hätte er es gerade eben erst herausgefunden.
    Am nordöstlichen Ende der 9. Straße war ein alter Mietblock mit eingeschlagenen Fenstern und Zeitungspapier als Vorhängen. »Wir sind da. Mico behauptet, Weez und Guillermo, ihr Bubi, hausen im 3. Stock nach vorne raus«, sagte Jude und deutete auf Öffnungen, hinter deren Zeitungspapierschicht Licht glomm.
    »Also gehn wir rauf und machn unsern Besuch.« Iz.
    »Nein, nich alle, nein. Wennse alle drei sieht, flippt sie vielleicht zu schnell aus. Iz, du gehst allein hoch, falls wer im Treppenhaus ist. Lola und ich gehn hintenrum.«
    »Wie hintenrum?« fragte ich.
    »Übers Dach vom Nachbarhaus, Feuerleiter runter und rein mit Schmackes. Aufpassn, vielleicht ist das Fenster vermint.«
    »Was ist, wenn Weez zu ballern anfängt?«
    »Dann müssn wir sie ablenkn. Meinst, es geht?« fragte mich Jude.
    »Ich hab meine Finger. Damit kann ich zustoßen.«
    »Nein, hier gehts um Waffen, nicht ne kleine Balgerei. Hier, steck das ein«, sagte Jude und gab mir ein kleines Metzgerbeil, das zuvor an einer Schlaufe in ihrer Jacke gehängt hat. »Schlag zu, wenn jemand abhaut. Schlag, wohin du willst, aber schlag zu.« Dann wandte sich Jude an Iz. »Und du gehst hoch, wenn wir in der Tür vom Nachbarhaus verschwunden sind. Paß genau auf: Wenn du uns reingehn hörst, dann kommst du durch die Tür. Alle fertig?«
    Wir nickten. Ich und Jude rannten die Stufen zum Nachbarhaus hoch; mit den Füßen mußten wir uns den Weg durch Bierflaschen freikicken. Jude zog einen Draht heraus, steckte ihn ins Schlüsselloch, fingerte eine Weile, dann ging die Tür auf. Sie nickte Iz noch kurz zu, dann gingen wir hinein. Fluoreszierendes Licht ließ im Innern alles leblos erscheinen, sogar die vielen Mäuse. Die Treppenstufen waren lose und in der Mitte durchgetreten. Fünf Stockwerke ging es hinauf, oben war dann eine Tür. Hinter uns hörten wir Hundegebell, Babygeschrei, Salsamusik, alles zusammen so laut wie ein Flugzeug beim Start. Jude trat die Tür ein, und wir standen auf dem Dach.
    »Paß auf, woste hintrittst!« Meine Füße sanken leicht ein, als wir auf den morschen Brettern gingen, aber keines gab nach. Die Gebäude in Loisaida sind nicht hoch; wir konnten alles in weitem Umkreis klar erkennen, Lichter in Wohnungen, die Baumstummel am Tompkins Square, die Brände in Brooklyn, die weißen Scheinwerferkegel in der ganzen Stadt, die den Himmel nadelten. Tauben hüpften nur ein wenig zur Seite, flogen gar nicht auf, als wir leichtfüßig zwischen ihnen hindurch auf das Dach von Weez' Gebäude hinüberstiegen. Jude rüttelte am Geländer der Feuerleiter, als wir drüben waren. »Gut, das hält, sehr gut.« Ich bin noch auf keiner Feuerleiter herumgeklettert. Es machte mir schon angst, so gar nichts unter mir zu wissen außer kleinen Sprossen. Wir kletterten

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