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Ambient 03 - Ambient

Ambient 03 - Ambient

Titel: Ambient 03 - Ambient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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ihrem Tode verschlossen, erschien auf dem Bildschirm; im Hintergrund waren ihre riesigen Kleiderschränke, in denen sie ungezählte Variationen der gleichen Sportanzüge in allen Regenbogentönen verwahrte. Ihr Frisiersessel stand in der Mitte des Raums; sie saß darauf, Arme und Beine gefesselt, einen Knebel im Mund. Der Alte Mann stand unmittelbar zu ihrer Rechten. Nach den Lichtverhältnissen zu urteilen, war es später Abend oder Nacht. Der Alte Mann und Susie D waren nicht die einzigen Personen im Raum; Würger war da und umklammerte mit beiden Armen Mister Dryden, um ihn am Zusammensacken zu hindern. Er zappelte und suchte sich zu befreien, aber seine Kräfte reichten nicht aus. Während er zusah, hob der Alte Mann einen Baseballschläger und zertrümmerte seiner Frau den Schädel. Mister Dryden wurde ohnmächtig. Das Bild verblaßte.
    »Was war, ist«, sagte Alice. »Und wird sein.«
    Der Alte Mann hatte sich abgewandt, und ich glaubte seine Schultern zucken zu sehen.
    »Kein Wunder, daß es dieses Ende mit ihm nahm«, sagte ich bei dem Gedanken, wie Mister Dryden hatte zusehen müssen, wie das Gehirn seiner Mutter ihm den Anzug bespritzte. »Warum ließen Sie ihn zusehen?«
    »Ich sagte ihr, sie solle damit nicht weitermachen, und sie wollte es«, sagte er. »Also kam es darauf an, sicherzustellen, daß er nicht auf irgendwelche Ideen kommen würde.«
    »Ich glaube nicht, daß die Methode wirkte«, sagte ich.
    Er seufzte. »Ich auch nicht«, sagte er und wandte sich um; seine Züge verrieten keine Gefühlsregung, die mir nicht vertraut war. »Kommen Sie, O'Malley, ich mußte es tun. Warum, kann ich nicht sagen. Was getan ist, ist getan. Stellen Sie Ihre verdammten Fragen, wenn Sie noch welche haben.«
    »Ich habe eine weitere Frage, Alice«, sagte ich; der Alte Mann sah mich an, aber ich wollte nicht fragen, was er offenbar erwartete. Es war nicht der rechte Augenblick.
    »Ja, Seamus?«
    »Was wurde aus meinem Vater?«
    »Die Vergangenheit antwortet, Seamus.«
    Da war mein Vater, frisch nach all den Jahren, und ging die First Avenue entlang, immer nahe der Bordsteinkante. Ein eigentümlicher Lichtschein lag diffus über der Szene, und für einen Augenblick fragte ich mich, warum alles so seltsam erschien; ich verstand, daß es dort in jenen Tagen Straßenbeleuchtung gegeben hatte, und daß sie die aufgebrochenen Gehsteige beleuchtet hatte. Die Straße war voll von Menschen; alle Geschäfte waren geschlossen. Alice hatte sogar die vergessenen Einzelheiten genau rekonstruiert: die dünnere Beschaffenheit des Dunstes in der Luft; den Lackglanz der Wagen, den man noch heute ahnen konnte, der aber längst stumpf geworden war. Mein Vater ging an einer Gruppe von Kindern vorbei, die mit einem sonderbaren kleinen Gerät spielten; ich erinnerte mich, selbst eins besessen zu haben, konnte mich aber nicht auf den Namen der Marke besinnen, oder wie man es zusammensetzte, nachdem man es auseinandergenommen hatte. Es war alles Kombination, das wußte ich, aber so wahr in ihrer Genauigkeit, daß ich kalte Finger meinen Nacken streifen fühlte, als ich zusah. Ein dunkler Wagen hielt neben meinem Vater; ein Mann sprang heraus, packte ihn und zog ihn hinein. Der Wagen fuhr davon. Der Bildschirm dunkelte schwarz, dann überspülte ihn wieder das Blaßblau.
    »Was geschah?« fragte ich.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Alice.
    »Wer entführte ihn?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Warum entführten sie ihn?«
    »Ich kenne keinen Grund.«
    »Ist er noch am Leben?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Es tut mir leid, Seamus.«
    »Ich dachte, du könntest mir alles sagen.«
    »Bis zu einem gewissen Punkt«, sagte sie. »Aber wenn die Information nirgendwo gespeichert ist, dann habe ich keine Möglichkeit, sie zu erlangen.«
    »Du scheinst die meisten Dinge recht gut zu rekonstruieren.«
    »Stell dir mich als einen Spiegel vor, Seamus«, sagte sie. »Was reflektiert er, wenn du nicht hineinsiehst? Über das, was ich sehe, habe ich keine größere Kontrolle.«
    Ihr Schnurren blieb eine kleine Weile das einzige Geräusch.
    »Hast du andere Fragen für mich?«
    »Nicht jetzt.«
    »Dann wollen wir weitermachen«, sagte der Alte Mann und wandte sich ihr zu. »Es ist Zeit, daß Sie sehen, was sie noch kann.«
    »Was ist es?«
    »Wie ich Ihnen sagte, benötigten wir hier unten einen Aufseher«, erklärte er, »und das ist der in der gegenwärtigen Situation wichtigste Job.«
    »Sie leitet den gesamten Betrieb hier in den

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