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Ambient 03 - Ambient

Ambient 03 - Ambient

Titel: Ambient 03 - Ambient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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Erinnerung kehrt wieder«, sagte sie. »Verweile, Herzbruder. Ich habe deinem Repertoire etwas hinzuzufügen.«
    Sie lief ins Schlafzimmer. Der Kühlschrank tröstete mich.
    »… Tür angelehnt, bitte schließen. Tür …«
    Ich nahm die Äpfel und Orangen aus der Spüle, trocknete sie und steckte sie in die Taschen meines Krylarmantels. Enid kam mit einer neuen Knopfdruck-Motorsäge zurück, die nicht länger als fünfzig Zentimeter war.
    »Ich gehe nicht tanzen«, sagte ich.
    »Nimm sie!« sagte sie. »Wer kann ermessen, wann du sie etwa brauchen magst?«
    »Sie ist ziemlich winzig, nicht?«
    »Sieh und staune.« Sie hielt die Motorsäge von uns weg und schaltete sie ein. Als sie den Knopf drückte, schoß die Säge hinaus und verdreifachte aufbrüllend ihre Länge.
    »Raffiniert«, sagte ich, beeindruckt. »Ein bißchen viel für das, was ich erwarte.«
    »Jede Erwartung muß sich den Ereignissen akkomodieren. Trag sie, um meinetwillen, wenn du magst.«
    »Und wenn sie zufällig losgeht?« fragte ich. »Ich könnte was verlieren.«
    »Was dir auch ohne das widerfahren könnte, wenn du sie nicht trägst«, sagte sie. »Die Sicherung ist an, bis deine durchbrennt.«
    »Woher hast du sie?« fragte ich, als ich die Feilspuren bemerkte, die Herstellernamen und Seriennummer unleserlich machten.
    »Ein Freund, der sich die Finger damit verbrannte. Tu sie unter deinen Mantel!«
    »In Ordnung. Gracias, Enid.«
    »Por mi vida«, sagte sie und steckte das Werkzeug in eine der Innentaschen meines langen Mantels. »Seamus?«
    »Ja?«
    »Ich ahne, daß wir einander ehender sehen werden, als du vermeinst«, sagte sie. »Aber …«
    »Ich werde in ein paar Monaten zurück sein.«
    »Gleichwie in anderer Gestalt wir dermaleinst uns wiedersehen«, sagte sie, »mein Blut wird deinem Herzen allzeit Nahrung geben, bis an der Zeiten selig Ende.«
    Sie küßte mich, ihre Stacheln kratzten meine Stirn. Es blutete kaum.
    »Zu früh zum Tageslicht erwacht«, sagte sie. »So fliehe ich matt und unverköstigt zurück in Morpheus' Arme, bis daß der Abend dunkel kriecht herauf.«
    »Nimm dich in acht.«
    Sie ging ins Schlafzimmer und warf unterwegs ihre Kleider ab. Bevor sie verschwand, bückte sie sich, um eine ihrer Flaschen aufzuheben. Ich lächelte, als ich ihre massigen grauen Flanken betrachtete und dachte an Lucy, das verstorbene Rhinozeros. Ich wußte, daß sie während meiner Abwesenheit gut zurechtkommen würde, und machte mir keine Sorgen um sie. Nur Enid hatte mich auf dem rechten Weg gehalten, mich dazu gebracht, die Schule weiter zu besuchen, hatte die Geldmittel aufgebracht, die dazu nötig waren, hatte mir in jeder schweren Zeit beigestanden. Aber ihr Leben gehörte ihr; meins war meine Sache.
    Ich ging hinunter, verließ das Haus und lenkte meinen Schritt zur Third Avenue. Jimmy holte mich immer an der Nordseite der Straßensperre in der 14. Straße ab, bevor wir weiterfuhren, um Mister Dryden und Avalon an Bord zu nehmen. Heute war es so spät, daß ich als letzter zusteigen würde.
    Die Wachen am Fußgängerdurchgang der Straßensperre sahen wie Veteranen des Brooklynfeldzugs aus, nach ihren Mienen und Abzeichen zu urteilen. Als ich meine 1A-Karte vorzeigte, winkten sie mich ohne Fragen und ohne Durchsuchung weiter. Außerhalb der Sperre vergewaltigten ein paar Armeejungen eine Frau; sie wechselten sich ab, während die anderen sie festhielten. Ein anderer, der in der Nähe stand, schien eine Reproduktion des Erkennungszeichens seiner Einheit an einen Kleiderbügel gehängt zu haben und hielt das dekorative Ende über ein Feuer. Ich wandte den Kopf, um vorzugeben, ich hätte ihn nicht gesehen, aber Jimmy stand neben dem Wagen und beobachtete die Vorgänge; als er mich sah, winkte er.
    »Steig ein!« sagte er und blickte zum sonnigen, diesiggrauen Himmel auf. Ich setzte mich neben ihn und nickte Mister Dryden und Avalon zu, die im Fond auf Distanz saßen. Wir fuhren los in Richtung Broadway. Die Fahrt verlief zumeist in Stillschweigen, als befürchteten wir, durch Sprechen unser Bündnis zerbrechen und unser Glück verderben zu können. Bisweilen rutschten ein paar Worte heraus, wie um die Spannung zu erhöhen.
    »Nur Party heute nachmittag?« fragte Avalon; sie lag mit angezogenen Knien im Winkel des Rücksitzes. Mister Dryden saß hinter mir und spielte, nach den Pieptönen und dem fehlenden Dialog zu urteilen, irgendein elektronisches Spiel auf dem IBM.
    »Vater wird sich danach unterhalten wollen.«
    »Und der

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