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Ambient 03 - Ambient

Ambient 03 - Ambient

Titel: Ambient 03 - Ambient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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bleibt sonsten zu tun?«
    »Was ich tun werde.«
    »Verläßt dich das Glück, so wirst du nicht schlechter daran sein als die meisten.«
    Eine Frau mittleren Alters verlor am Rand einer Aufgrabung das Gleichgewicht und fiel hinein. Die Ratten machten sich über sie her, bevor sie herausgezogen werden konnte. Alle hörten ihre Schreie und sahen neugierig zu.
    »Schlimmer also ist, daß nichts ohne Schaden abgehen kann. Wenn Unheil naht, Seamus, dann verliere alles und sei stolz.«
    »Wenn das kommt, dann kommt es. Ich wünschte …«
    »Die Flügel der Wünsche tragen nicht. Willst du Hamlet nacheifern?« sagte sie. »So höre mich jetzt, bevor du deiner dunklen Wege gehst und tuest, wessen du dich resolviert hast. Meines Herzbruders Seele fühle ich wie mein eigen. Deine Macht ist stärker als dein Schwert. Ich habe alles gesehen. Im Licht magst du den Leuten glatt und ruhig erscheinen. In der Not des Dunkels schlägst du den Mantel des Tyrannen um die Schultern. Sei auf der Hut! Halte Augen und Ohren offen und neige zu anderen Optionen! Die Zeit bügelt alles gleich, und das Buch des Schicksals ist unleserlich, aber du kannst die Zeilen vor dir hineinschreiben. Kommt Triumph, so nutze den Gewinn zu guter Wirkung. Lindere den Verlust, rette die in New Yorks Schmortopf Verlorenen und Verdammten. Flöhe die Ohren der Besitzer. Hebe ihnen die Kleider und entreiße ihren Austern die Perlen. Sei groß und vergiß doch nicht darauf, den Zwieback in deinen kleinen Honigtopf zu stecken.«
    »Das würde das Beste sein«, sagte ich und dachte dabei an Avalon; wie immer es ausgehen mochte, wir würden nicht getrennt sein. Wenn ich jedoch Enid verlassen müßte –, »aber ich fürchte, es wird mir alles wie Sand durch die Finger rinnen, wenn ich es versuche.«
    »Dann mußt du dir ein Herz fassen und zupacken«, sagte sie. »Und die Liebe findet immer Raum, wenn ein Behältnis da ist, sie zu fassen.«
    Wir gingen weiter. In der 12. Straße war eine kleine iglesia der Ambienten; das umgekehrte Kreuz hing über der Tür. Im Fenster war eine Christusfigur aus Keramik: er lag mit ausgestreckten Armen auf dem Rücken; Handgelenke und Füße bluteten, der Buckel zwischen seinen Schultern war zerkratzt und beulig, sein Kopf voll Blut, die Gedärme entquollen seiner Seite. Ein breites Grinsen besänftigte seine Züge. In der iglesia fanden regelmäßige Gottesdienste statt: einen Sonntag in jedem Monat – der bevorstehende Sonntag war in diesem Monat fällig – versammelten sich alle Ambienten, die ursprünglichen wie die freiwilligen, an einem Ort, den sie ›Unter dem Fels‹ nannten. Ich wußte, wo es war, war aber nie hingegangen, denn diese Versammlungen sind Nichtambienten verschlossen. Als ich vor Jahren zuerst von dem Versammlungsort hörte, dachte ich über den Namen nach. Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, hatte Christus zu Petrus gesagt; und Enid hatte hinzugefügt: Und unter dem Felsen werden wir sein.
    Nur katholische Kirchen und die iglesias der Ambienten dienten den Zwecken, für die sie geweiht waren. Ich erinnerte mich einer Zeit, als es viele Kirchen gab. Schlechtes Urteilsvermögen früherer Regierungen veranlaßte sie vor langer Zeit, die Gesetze durchzubringen, die Amerika als eine Christliche Nation im Gesetz wie im Geiste definierten. Das war ein Jahr vor Veröffentlichung der Q-Dokumente gewesen.
    Die Q-Dokumente – entdeckt von einer Gruppe israelischer und amerikanischer Archäologen –, waren die lange verlorengeglaubten ursprünglichen Evangelien. Sie beschrieben, wie Jesus, ein vertrauensseliger Typ, von Pilatus gemietet wurde, um unter den einander bekämpfenden jüdischen Parteien Verwirrung zu stiften; wie Judas davon erfuhr und so seinen Verräter verriet; wie Jesus, in letzter Minute von jenen, welche die Angelegenheit zu ihrem eigenen Nutzen verwerten wollten, vom Kreuz genommen wurde, sich erholte und durch Zufall von seinen erschrockenen Jüngern gesehen wurde; wie einige seiner Anhänger darob so entsetzt waren, daß sie ihn töten wollten; wie Jesus mit seiner Frau Maria Magdalena entkam; wie er in hohem Alter starb, irgendwo weit von Gethsemane und dem Ölberg. Der Rest läßt sich unschwer folgern.
    Die Dokumente wurden von allen Beteiligten geprüft, bis zugegeben wurde, daß sie über jeden Zweifel erhaben waren. Meine alte Katholische Kirche, beunruhigt von eigenen Problemen, war der Auffassung, daß die Angelegenheit in Zukunft weitere Nachforschungen rechtfertige. Amerika

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