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Ambient 03 - Ambient

Ambient 03 - Ambient

Titel: Ambient 03 - Ambient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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…«
    »Man lernt aus Fehlern, OM. Lernen Sie!«
    Er drückte einen Knopf an seinem Schreibtisch, signalisierte Renaldo.
    »Dummköpfe wie Sie kommen ein Dutzend auf einen Cent. Täuschung hebt Funktion und Verdienst auf.«
    Renaldo kam herein, mit freiem Oberkörper, sah aber nicht so sehr muskulös als vielmehr gepolstert aus. Die Jungfrau Maria, die auf seine Brust tätowiert war, schien mich aus seinem Wald höhnisch anzulächeln. Er blieb innerhalb der Tür stehen, die Axt auf seiner breiten Schulter.
    »Entra, desepria«, sagte Mister Dryden. »Hätten es auf der Straße erledigen sollen, OM. Dort gehört der Abfall hin. Was ich aus der Gosse gezogen habe, werde ich wieder hineinwerfen.«
    »Was soll das?« sagte ich. Ich konnte nicht fassen, wie schnell, wie unwirklich es zu geschehen schien. »Ich sagte, ich kann es erklären. Ich dachte …«
    »Gerechte Bestrafung, gerecht vollzogen«, sagte er und ließ sich aus dem Sessel in den Fußraum unter seinen Schreibtisch gleiten; der Schreibtisch war kugelsicher, mit Krylareinlagen. »Solokonferenz. Die Flasche bricht, wo sie hingeworfen wird. Renaldo. Vorwärts!«
    Renaldo hob die Axt über den Kopf und sprang auf mich zu. Ich wich im letzten Moment seitwärts aus. Die Gewalt seines Hiebes war so groß, daß die Axt halb durch den Teppich und den Parkettboden sank, als sie traf.
    »Maricon!« rief er mir zu. »Venaqui.« Ich zog den Revolver; Renaldos Hand schoß heraus, schneller als eine Schlangenzunge, schlug mir die Waffe aus der Hand, daß sie durch den Raum segelte. Als er hinzusprang, die Axt aus dem Boden zu reißen, brachte ich ihn mit einem Fußstoß zu Fall. Er revanchierte sich im Fallen mit einem Fußtritt in die Rippen; eine der unteren brach. Ich faßte einen der gepolsterten Ledersessel, zog mich daran hoch und stieß die Axt fort. Er griff nach einer Stehlampe und versuchte sie mir um den Kopf zu wickeln. Wir wurden handgemein; die Stehlampe verbog, und wir warfen sie beiseite. Das erste Werkzeug, das meine Hand zu fassen bekam, war mein Knüppel; ich zog ihn heraus.
    »Muerte …«, knirschte er, die Pranken an meiner Kehle. Mit aller Kraft schlug ich mit dem Gummiknüppel auf seinen Kopf. Blut spritzte; die Metallplatte in seinem Schädel hob sich, flog wie ein aufflatternder Vogel davon. Er keilte aus, traf meine Knie mit scharfem Absatz, und ich ging zu Boden, landete schmerzhaft auf den Artikeln, mit denen mein Mantel gefüllt war. Ich fand, was ich brauchte, als er seine Axt aufhob. Ich hörte Mister Dryden unter seinem Schreibtisch weinen.
    »Suplica«, sagte Renaldo, dessen Gesicht blutüberströmt war. Wieder hob er die Axt und schlug zu; sie kam wie in Zeitlupe herunter. Ich parierte die herabsausende Axt mit Enids Motorsäge.
    »Madre de Dios …«
    Die Säge heulte auf, verdreifachte ihre Länge; die Wucht des Aufpralls schlug ihm die Axt aus den Händen und zurück gegen seinen Mund. Er stürzte. Ich richtete mich auf; meine Säge schwirrte gefräßig. Der Axtstiel hatte ihm den Unterkiefer gebrochen; er machte keine verständlichen Geräusche mehr. Ich konnte sehen, daß der Blutverlust ihn bereits schwächte, und sah keine Notwendigkeit zum Overkill, also schaltete ich meine Säge aus. Ich setzte mich auf seine Brust, legte ihm beide Hände um den Hals und preßte meine Daumen gegen seinen Adamsapfel. Es dauerte nicht lange. Als ich keuchend dasaß, nur das Geräusch von Mister Drydens Schluchzen und mein eigenes Atmen hörte, die Hände verkrustet mit trocknendem Blut, gepeinigt vom stechenden Schmerz der gebrochenen Rippe in meiner Seite, dem Pochen in meinem Backenknochen, der wiederaufgeplatzten, brennenden Kopfwunde, dachte ich an Avalon und zwang mich durch die Vorstellung, was mit ihr geschehen würde, wenn ich nicht mehr als dies täte, zum Handeln. Solange ich nicht umfiel, durfte ich nicht nachlassen.
    »Mister Dryden«, sagte ich, so ruhig wie ich es vermochte, »lassen Sie uns reden.«
    »Es gibt Gründe«, schluchzte er; ich verstand ihn kaum. »Es war nicht …«
    Auf seinem Schreibtisch befanden sich einige Gegenstände, die er schätzte: ein Thermometer in der Gestalt der Freiheitsstatue; ein Briefbeschwerer aus Glas, in welchem Schnee auf Hausdächer und einen Kirchturm herabsank, wenn man ihn bewegte; ein altes Foto, das ihn mit seiner Mutter Susie D zeigt. Blut rann mir über die Stirn, als ich sie betrachtete und auf sein Auftauchen wartete.
    »Kommen Sie hervor, Mister Dryden!«
    »Angst …«, murmelte er.

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