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Ambient 03 - Ambient

Ambient 03 - Ambient

Titel: Ambient 03 - Ambient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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Ich faßte mit beiden Händen unter die Schreibtischplatte, richtete mich mit einer gewaltigen Anstrengung auf und kippte ihn um; er krachte mit gewaltigem Getöse hinter ihm auf den Boden. Zerbrochenes Glas klirrte. Er kauerte auf dem Teppich, zitterte im unerwarteten Licht wie ein kleines Tier, das sich unter einem umgedrehten Stein verborgen hatte. Ich hob ihn auf.
    »Lassen Sie uns reden«, wiederholte ich. »Wo ist Avalon?«
    »Ich wußte, daß Sie Renaldo unterkriegen würden«, sagte er, bemüht, nicht hinzusehen. Mit meiner freien Hand faßte ich ihn beim Kinn und drehte sein Gesicht zu mir, so daß er von der Bühnendekoration nicht abgelenkt wurde. »Nur ein Test …«
    »Kein Test«, sagte ich. »Sie wollten mich umbringen. Ich bin nicht ganz tot, also reden Sie! Wo ist Avalon?«
    »Ich weiß es nicht!« schrie er auf. »Auch Sie wollten mich töten …« Vielleicht lag es daran, daß ich in diesem Augenblick so starke Schmerzen hatte; vielleicht auch daran, daß ich überdrüssig war, nichts als zweifelhafte Geschichten und Hirngespinste zu hören. Was es auch war, ich nahm die Hand von seinem Kinn und schlug sie ihm mit aller Kraft ins Gesicht. Er erschauerte. Ich packte ihn wieder mit beiden Händen, schüttelte ihn durch und stieß ihn dann gegen die nächste Wand.
    »Ich wollte Sie nicht töten und versuchte es auch nicht«, sagte ich. »Aber machen Sie weiter so, und ich werde es tun. Wo ist sie?«
    »Ich weiß es nicht, ich …«
    »Wo ist sie?« wiederholte ich und schlug ihn gegen die Wandvertäfelung; ich hörte, wie hinter ihr Putz herabfiel. »Jemand hat sie heute morgen entführt. Sie ließen eine Botschaft von Ihnen zurück. Sie besagte, daß ich der Nächste sei und Verbindung aufnehmen sollte. Ich hatte nicht vor, mich kaltmachen zu lassen, und noch bin ich es nicht. Sagen Sie mir, was geschehen ist. Schnell! War jemand im Raum, als die Bombe hochging?«
    »Sie ging nicht hoch«, sagte er, nach Luft schnappend. Er rieb sich an der Schulter eine Träne weg.
    »Sie ging nicht hoch?«
    »Stella fand sie.«
    »Was machte sie in seinem Arbeitszimmer?«
    »Er wollte seinen Spaß haben, während er mich heruntermachte«, sagte er kopfschüttelnd. Ich lockerte meinen Zugriff hinreichend, daß seine Füße den Boden berühren konnten. »Als wir ins Arbeitszimmer gingen, ließ er sie unter den Schreibtisch kriechen, damit sie ihm während unseres Gesprächs einen ablutschte. Sie kroch drunter und sah. Sagte, es sehe wie ein Klumpen Knetmasse aus, mit einem Wecker darin. Er sah selbst nach. Ließ Scooter kommen und auseinandernehmen. Unvermutete, nicht vorhersehbare Umstände …«
    »Egal«, sagte ich. »Was tat er? Was taten Sie? Zwei Tage lang hat jemand versucht, Avalon und mich um die Ecke zu bringen.«
    »Ich versuchte Sie durch die Kontaktperson zu verständigen«, sagte er, und Zorn verdrängte die Furcht aus seinen Zügen. »Sie rannten fort. In der Vierunddreißigsten verloren sie die Fühlung. Ich verstand nicht, warum, bis ich die Zeituhr entdeckte und sah, auf welche Stunde sie eingestellt war. Ich wäre selbst dort gewesen, wenn …«
    »Ich stellte sie auf die vereinbarte Zeit«, sagte ich. »Sie wurde nachträglich vorgestellt.«
    »Von Avalon?«
    »Ja.«
    »Lüge …«
    Ich nahm ihn bei den Ohren und klopfte seinen Kopf gegen die Wand, bis etwas knackte.
    »Avalon veränderte die Einstellung. Sie sagte es mir auf der Fahrt in die Stadt. Ich dachte, die Leute hätten Auftrag, uns zu erledigen, als wir am Ziel anlangten. So hielt ich es für besser, die Beine in die Hand zu nehmen.«
    »Ich dachte mir, daß sie ihre Finger im Spiel hatte«, sagte er. Sein Kopf hing wie eine welke Blume auf dem Hals und sank bald auf diese, bald auf jene Seite. Ich preßte ihn weiter gegen die Wand. »Ich vermutete, sie hätte Sie überzeugt …«
    »Nichts dergleichen«, sagte ich. »Wie hat er es gefingert? Ich hatte den Eindruck, wir hätten es mit Kanonenschlag zu tun.«
    »Er verdächtigte mich sofort. Beschuldigte mich, dahinter zu stecken.«
    »Was der Fall war.«
    »Er konnte es nicht gewußt haben«, sagte er. »Er posaunte es sofort herum. Drohte. Es gab keine Frage …«
    »Wie hat er unsere Verfolgung gefingert?«
    »Ich sagte ihm …«
    In dem Augenblick, als er das sagte, sah er seltsamerweise nicht älter als damals in Yale aus, wo ich ihn vor so vielen Jahren zuerst gesehen hatte. Sein Gesichtsausdruck glich dem eines Kindes, das von seinen Eltern bei irgendeiner belanglosen Flunkerei

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