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Ambient 04 - Terraplane

Ambient 04 - Terraplane

Titel: Ambient 04 - Terraplane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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gearbeitet. Funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie Modell, nicht wahr? Man steckt sie in den passenden Schlitz, drückt passenden Knopf. Erblickt Wunder.«
    »Knopf und Schlitz wovon?« fragte ich, erwartete die gegebene Antwort, ohne sie zu glauben.
    »In gewöhnliches Videogerät«, sagte er. »Einfallsreiche Wiederverwendung bestehender Technologie.«
    »Und was geschieht bei Gebrauch?« Sie antwortete nicht. Daß diese matte Kunststofftafel sich als Gegenstand unserer Nachforschung erwies, war so antiklimaktisch wie das Ersteigen des Everest, um ein Käsebrot zu kaufen. Die Vorlage und Erläuterung der Ergebnisse vor dem Verwaltungsrat würde leicht sein, aber Mister O'Malley wünschte handfeste Resultate; andernfalls würde er nicht erfreut sein. Nachdem er den Gegenstand eine kleine Weile zwischen den Fingern gedreht und über die subtile Tarnung nachgedacht hatte, tat Skuratow ihn wieder in den Kasten und wickelte den Kissenbezug darum.
    »Schnelle Bewegung ist jetzt von größter Bedeutung«, sagte er. »Packen Sie ihre Habseligkeiten, Luther. Wir dürfen uns nicht aufhalten.« Ich warf ihre Kleider, Schreibzeug und Bücher, ihr Bild vom großen Mann und was an Papieren umhergestreut lag, in ihre Koffer. Sie stand bewegungslos, beobachtete unsere Hast; wortlos und starr, als hätte sie sich selbst in Akzeptanz hypnotisiert, um es ihren Entführern leichter zu machen. Vielleicht verlieh auch Jakes Gegenwart dem Augenblick Frieden, denn er hielt sie ungeachtet der Handschellen nicht wie ein Gefangenenwärter, sondern wie ein Freund umfangen, und die plötzliche Farbe in seinem Gesicht ließ ihn beinahe herzlich erscheinen.
    »Dann sind wir flugplatznah?« fragte ich beim Schließen der Koffer.
    »Landestreifen«, korrigierte er mich, »ist bei meiner Datscha. Zwanzig Minuten von hier bei normaler Geschwindigkeit. Wir sollten es in zehn schaffen.« Unter dem Arm die Kassette in ihrem Kasten, die Schrogin in einer Hand, überblickte er den Raum, um zu sehen, ob sich beim zweiten Blick etwas zeigte, was ihm auf den ersten entgangen war.
    »Ihr Besitz hat einen Landestreifen?«
    »Einen kleinen für senkrechtstartende Maschinen.«
    »Flugzeug steht bereit?«
    »Zielort wie gewünscht programmiert.«
    »Pilot ist sicher?« fragte Jake.
    »Sie sehen Pilot vor sich.« Seine Frage hing unbeantwortet in der Luft. Auf einmal meldete sich Oktobrjana zu Wort, als sei sie aus einer Ohnmacht erwacht.
    »Wohin gehen wir?« fragte sie und starrte mit angstvoll geweiteten Augen zu Jake auf.
    »Auf eine schöne Urlaubsreise«, sagte Skuratow.
    »Nach Amerika«, sagte Jake, »das Leben der Neuen Welt erwartet uns.«
    »Jake«, sagte Skuratow, ohne ihn anzusehen, »verladen Sie Koffer in Kofferraum. Wir werden folgen.«
    Jakes Paranoia ging tiefer als meine, aber gewöhnlich war sie besser begründet; er vertraute ihrer Berührung wie der Liebkosung einer vollkommenen Liebhaberin. Ich sah, wie seine Augen schmal wurden, unbemerkt von den anderen. Wenn Jake sich bereit machte, dann war es auch für mich an der Zeit; in solch einem Fall folgte ich seiner Führung wie der eines Vorgesetzten.
    »Bin kein Gepäckträger«, erwiderte er.
    »Vergeben Sie die Form meiner Frage, Jake. Die Sprache ist voller Fallgruben.«
    »Schlüsseln Sie mich«, sagte Jake, ohne Oktobrjana aus dem Griff zu lassen.
    »Kofferraum ist unversperrt und leicht zu öffnen.«
    »Warum fassen Sie nicht mit an?«
    »Zweck meiner Verzögerung ist durchaus vernünftig«, sagte Skuratow und wandte sich zum Bad. »Bevor ich gehe, muß ich dahin, wo auch Stalin hin mußte. Luther, halten Sie kleine Freundin während Jakes Abwesenheit gut fest.«
    Jake zwinkerte mir zu, schob mir Oktobrjana in die Arme, nahm die Koffer und schlüpfte zur Tür hinaus, während Skuratow im Bad verschwand und die Tür hinter sich schloß. Ich hielt das Mädchen fest und fühlte keine Gegenwehr, was mich besorgte. Wenn wir in früheren Zeiten Gefangene gemacht hatten, war meistens ziemlich bald der Augenblick gekommen, wo einer oder zwei plötzlich tot zusammenbrachen, als hätte ihr innerer Widerstand gegen die Gefangennahme sich so verstärkt, daß sie durch bloße Willensanstrengung gestorben waren, ohne Symptome, ohne Schläge, ohne Drohungen. Das war während der langen Feldzüge auf Long Island oft vorgekommen. Oktobrjanas scheinbare Friedfertigkeit, einerseits erwartet und andererseits unnatürlich, brachte mich auf den Gedanken, ob sie es genauso machen wollte, bewußt oder

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