Ambient 04 - Terraplane
waren seine Freunde hinzugekommen, machten sich mit Faust und Stiefel über mich her und hatten mich bald so weit, daß ich mich wälzte. Der mit dem Schläger holte aus, sein K.o. zu schwingen; er hörte das Pfeifen des Schlägers wie ich. Dann waren sie auf und davon, zurück in der alles vergebenden Umarmung ihrer Heimat, in den dunklen Tiefen der Liebe. Gestrandet, der alte Verband mit frischem Blut durchtränkt, hörte ich den Schritt harter Schuhe, fühlte einen Fuß in meine schmerzhafteste Seite stoßen, wie um mich aufmerksam zu machen, daß noch nicht alles ausgestanden war.
»Steh auf!« sagte jemand. Ich öffnete die Augen, sah zwei Polizisten, elefantös aus meiner Bodensicht. »Niemand wird hier unten verprügelt, wenn er nicht was getan hat. Was hast du ausgefressen?«
»Dieser Mann ist aus Südamerika«, sagte Wanda. »Er ist auf Besuch. Hat nichts getan, keine Unruhe gestiftet. Ich mußte hier durch, und er war so freundlich, daß er mir seine Begleitung anbot, weil er wußte, daß ich mich fürchtete, ja Sir. Dann kamen diese schlechten Kerle und …«
»Laß mal die Papiere sehen«, sagte der kleinere der beiden. »Deine auch!«, zu Wanda gewandt. Ich gab ihm Cedrics Meisterstück und zog mich mühsam zu sitzender Haltung hoch. Sie beäugten den Paß, gaben ihn zurück.
»Tut mir leid, daß es passiert ist«, sagte der Größere. »In New York muß man vorsichtig sein.«
»Wird keine Verfolgung versucht?« fragte ich. »Sie liefen dorthin. Sie können …«
»Kumpel«, sagte er. »Also bist du im Recht. Meinst du, es kommt darauf an? Mach dir nichts draus. Geh zurück zu deinem Hotel.«
»Wo wohnst du?« fragte der Kleinere. Er hatte einen vorspringenden Oberkiefer.
»Sagt, er sei im Hotel Theresa«, sagte Wanda. »Selbst wenn man ihn im Stadtzentrum aufnehmen würde, hätten sie dort keine Zimmer, mit der Ausstellung und allem.«
»Wo bleibt die Verfolgung?« wiederholte ich, mehr zornig als verletzt.
»Die wohnen hier, nicht wahr? Jetzt sind sie fort. Das heilt wieder, Kumpel. Sie haben dich in den Hintern getreten, aber was soll's? Hör auf zu jammern!«
»Was sind Ihre Nummern?« fragte ich. Was ich immer bei Jake befürchtete, nämlich daß er wortete, ohne zu denken, tat ich jetzt selbst; denken schien unnötig, unter den Umständen.
»Nummern?« sagte der Kurze, der sich schon ein paar Schritte entfernt hatte, und wandte sich wieder um. »Warum? Willst du eine Beschwerde einreichen oder was?«
»Genau.«
»So macht man das in Venezuela?« fragte er. »Laß dir zeigen, wie eine New Yorker Beschwerde aussieht.« Mit voller Kraft zog er mir den Gummiknüppel über den Rücken; ich fühlte eine Rippe knacken und brach bodenwärts zusammen. »Noch ein Wort, Klugscheißer, und ich sorge dafür, daß du dein Schiff verpaßt!«
»Er ist Ausländer, Mike«, sagte der andere. »Südamerikaner …«
»Nigger ist Nigger für mich«, sagte der Kurze. »Mir scheißegal, ob er der König von Venezuela ist.« Zum Glück ging ich unter. Beim Erwachen aus meinem kurzen Frieden betete ich, meine eigene Welt zu sehen, lieb und vertraut, wo, wenn ich von Fremden zusammengeschlagen wurde, es ohne ideologische Gründe geschehen und darum verständlich sein würde. Wanda kniete bei mir, betupfte meine Stirn mit nassem Stoff.
»Kleine Kinder im Wald«, murmelte sie, wrang Blut aus ihrem Halstuch, betupfte mich von neuem.
7
»Wenn Blut im Urin ist, werden wir Sie nach Sydenham schaffen«, sagte Doc, »aber ich glaube, Sie werden wieder in Ordnung kommen.« Mit einer langen Klebebinde hatte er meinen Rumpf mumifiziert, um meine Rippen am Freischweben zu hindern. »Seien Sie froh, daß er Sie nicht einfach umgebracht hat.«
»Zu welchem Zweck?«
»Zum Vergnügen! Geben Sie mir einen Finger. Ich brauche frisches Blut für diesen Test.« Verglichen mit vorausgegangenen Schmerzen war sein Nadelstich wie ein Kuß. »So. Hat nicht weh getan, nicht?«
»Was beweist das?« fragte ich.
»Lassen Sie es mich zuerst überprüfen«, antwortete er. »Wie wollen Sie diesen Kerl verständigen, wenn er eingesperrt ist?«
»Ich bezweifle, daß er eingesperrt ist«, sagte ich. »Wahrscheinlich hat er das geneigte Ohr des Königs, in das er Lügen und Unsinn blasen kann.«
»Er hört sich nach schlechter Medizin an«, sagte Doc. »Und ich sollte es wissen. Sie meinen nicht, daß er wegen etwas verhaftet wurde? Ich meine, wenn sie wollten, könnten sie euch eine Menge anhängen.«
»Keine Ahnung«, sagte ich.
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