Ambient 05 - Elvissey
…«
»Dejargonisierung«, sagte Leverett mit unerschütterlichem Lächeln.
»Vor dem Mittelalter in unserer Welt«, sagte Aponte, »koexistierten zahlreiche Varianten des Gnostizismus neben dem Christentum als lebensfähige Glaubensmodelle in Eurasien und Nordafrika. Die katholische Kirche liquidierte im Jahrhundertverlauf alle Anhänger des Gnostizismus und säuberte die Welt von jenen, die sie für die schlimmsten häretischen Konkurrenten hielt. Erst in den letzten fünfzig Jahren hat sich dieser Glaube offen in der westlichen Gesellschaft remanifestiert.«
»ZetBe der Maccaffreyismus«, sagte Mora. »Meine Frau glaubt daran.«
»So wie viele«, sagte Leverett, der jeden Hinweis auf seinen eigenen Glauben verbarg. »Also ist unser Junge ein Gnostiker? Sollte den Umgang mit ihm vereinfachen, würde ich sagen …«
»Ganz und gar nicht«, sagte Aponte. »Maccaffreyismus zetBe ist eine neuzeitliche Variante, die nur im Grundkonzept zweier Gottheiten, einer guten und einer bösen, ähnlich ist. Extrapolation der Bibel des Subjekts und Befragung des Subjekts …«
»Immer unter Berücksichtigung seiner Neigung zum Ganserieren«, sagte der Princetoner.
»… scheint darauf hinzudeuten, daß der Gnostizismus der anderen Welt nicht verschwand, sondern florierte, und daß die Valentinianer-Sekte tatsächlich zur vorherrschenden Religion des amerikanischen Südens wurde. Bei Korrelation dieser Reaktion auf der eschatologischen Kurve mit dem Textmaterial erkannten wir das potentielle Problem …«
»Ich hätte fast vergessen, daß es eins gab«, sagte Leverett. »Detaillierung, bitte …«
»Das messianische Konzept ist dem Subjekt fremd«, sagte Aponte.
»Und? Was heißt das?«
»Die Grundüberzeugung des Valentinianismus ist, daß Wissen und Selbstbewußtheit die Seele retten«, sagte Aponte. »In dieser speziellen Glaubensrichtung manifestiert sich der Schöpfer als weibliche Gottheit, Sophia. Sie gebar den Gott dieser Welt, den Demiurgen, der die Welt schuf und unfähig und unwillig ist, weder sich selbst noch die Menschheit aus der Dunkelheit zu führen. In der Religion unseres Subjekts werden alte christliche Überzeugungen auf den Kopf gestellt. In ihrer Vorstellung erlösen die Menschen den Schöpfer durch den Akt der Selbsterlösung. Die Menschheit wird Gott erretten, um genau zu sein.«
»Daran glaubt er?« fragte Leverett.
»Offensichtlich«, sagte Aponte. »Wenn also dem Subjekt vermittelt wird, daß die hiesigen Menschen von ihm verlangen, den Gott dieser Welt in sich selbst zu beinhalten, löst das die beobachtete unerwünschte Reaktion aus.« Aponte schulterzuckte. »Bislang hat er geglaubt, daß er eines Tages, wie böse er auch gewesen sein mag, in der Lage sein würde …«
»Sich selbst zu reoptimieren«, sagte ich. Leverett nickte.
»Wenn er also feststellt, daß andere glauben, er würde Gott in sich selbst beinhalten, einen Gott, von dem sie ihre Rettung erwarten, stellt er sich vor, daß dadurch nicht nur seine Verehrer das Böse auf sich selbst herabbeschwören, sondern daß ihm selbst dadurch jede Möglichkeit genommen wird, sein eigenes Böses zu überwinden.«
»Berücksichtigen Sie den Ganser-Faktor, während Sie Vermutungen anstellen«, sagte der Princetoner.
»Solche religiösen Vorstellungen müssen in ihrem Süden politisch sehr nützlich sein«, sagte Mora.
»Was soll ich also mit ihm tun?« fragte ich.
»Er wird sich geistig einstellen, jeder tut das«, sagte Leverett. »Die Wirklichkeit ist die anpassungsfähigste Sache, die es gibt. Sprechen Sie mit ihm darüber. Es ist grundlos, warum er nicht als ein Gott posieren kann, während er an einen anderen glaubt.«
»Ich bin unsicher, Leverett …«
»Er sollte seine Anhänger zunächst aus der Nähe sehen, bevor ihn der Masse präsentieren, damit er weiß, was er von ihnen zu erwarten hat. Ich habe für jeden Eventualfall einen Plan. Die Vorgewarnten sorgen vor. Wir werden diese Probleme umgehen.«
»Es könnte schwierig sein«, sagte Aponte.
»Wir werden sehen. Sitzung vertagt, meine Herren. Wir sehen uns am Donnerstag zur selben Zeit. Bleiben Sie, Isabel.«
Während die anderen hinausgingen, fixierte Leverett seinen Blick mit solcher Intensität auf mich, daß ich glaubte, er wollte mich hypnotisieren, wie der verblichene Colonel es immer so erfolgreich mit dem King getan hatte. »Ihr Haar, Isabel. Sie haben mir nicht von Ihrer Absicht erzählt, die Farbe zu wechseln.«
»Ich sah dazu keine Veranlassung«, sagte
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