Ambient 05 - Elvissey
ich. »Ich habe genug von der Blondheit. Mein natürliches Aussehen wird verlangt.«
»Aber was wird er denken?«
»Das ist unwesentlich«, sagte ich. »Wenn es beunruhigt, wird er sich gewöhnen, wie er sich an vieles andere gewöhnt. Ich habe mich selbst vermißt, Leverett. Ich will sein, wie ich bin …«
»Seine Reaktion könnte das Projekt stören, wenn er sieht, daß Sie nicht so sind, wie er sich vorgestellt hatte, und dann seinem Hintergrund entsprechend agiert«, sagte er. »Wir haben schon darüber diskutiert, Isabel, Sie übertreiben Oberflächlichkeiten.«
»Es ist nicht oberflächlich …«
»Ich verstehe nicht, wieso Sie sich nicht besser an Ihr Aussehen gewöhnt haben«, sagte er. »So ist es …«
»Vorzuziehen?« Mein Schreien mußte ihn irritiert haben; er schüttelte so heftig den Kopf, daß ich glaubte, er würde ihn abschütteln. »Ich widme ihm die Hälfte meines Lebens, Leverett. Er kann mich so nehmen, wie ich bin. Ich will die Demelanin-Behandlung absetzen.«
»Er hat einen rassistischen Hintergrund«, sagte Leverett. »Sie können nicht, Isabel, das steht außer Frage.«
»Ich will die Demelanin-Behandlung absetzen …«
»Müssen Sie es mir so verdammt schwermachen?« sagte er und erhob seine Stimme nur so sehr, um eine Wut zu vermitteln, mit der er allzu vertraut wurde. Doch schon einen Moment darauf hatte er sich wieder beruhigt. »Sie wollen mich einfach nicht verstehen. Wir stehen kurz vor dem Erfolg. Wenn Sie sich jetzt recolorieren, Isabel, könnte alles bachrunter gehen. Bitte nur noch eine Kurzzeit. Das ist alles, worum ich bitte.«
»Wie lange?«
»Eine Kurzzeit. Vertrauen Sie mir, wie er Ihnen vertraut.«
»Nicht genug Vertrauen«, sagte ich. »Dann werde ich zu Hause bleiben, wie John. Ich habe meine Hausdosierungen bereits eingestellt.«
»Isabel …«
»Wenn er mir vertraut, spielt es keine Rolle, wie ich bin, sobald er versteht«, sagte er. »Wenn das unpassend ist, kündigen Sie mir. Sofort.«
Seine Augen weiteten sich; momentlang sah ich tief genug in ihn hinein, um zu erkennen, wie ängstlich er war, bevor er blinzelte und seine Seele wiederverschloß. Er beugte sich in seinem Sessel vor, verschränkte seine Hände, als wollte er beten und wußte nicht mehr wie. »Ich verstehe, daß es Ihnen wichtig ist«, sagte er. »Na gut. Ich werde die Techniker informieren, damit sie die Absetzung überwachen können. Aber …«
»Was?«
»Ich dachte, Sie wären mehr um Ihr Baby besorgt. Wegen der Effekte, die der Entzug darauf haben könnte. Selbst wenn Sie sich nicht um mich besorgen oder die Firma oder das Projekt …«
»Die Gebrauchstexte informieren, daß Demelanin-Absetzung mein Baby nicht beeinflußt«, sagte ich. »Erwiesen, Leverett. Pflanzen Sie mir keine Schuld ein.«
»Wenn das das Gewünschte ich, werde ich benachrichtigen«, sagte er und stülpte wie schmollend seine Unterlippe vor. »Sie werden nicht übernacht wieder schwarz werden, richtig. Vielleicht wird er sich gewöhnen. Sagen Sie ihm, Sie würden mehr Zeit in der Sonne verbringen …«
»Das wird er nicht glauben, Leverett …«
»Wenn er sich aufregt«, sagte er, »wenn die Mattscheibe sich leert, haben Sie die erste Verantwortung. Ist das verstanden?«
»Verstanden«, sagte ich.
»Fötalentwicklung bislang normal«, sagte meine Ärztin nach Untersuchungsabschluß mehrere Tage später. Wenn ein Computer starb und in Geistform zurückkehren würde, um in seinem ehemaligen Büro zu spuken, würden seine nächtlichen seelenlosen Schreie mit ähnlicher Tonalität widerhallen. »Störungen treten gewöhnlich erst nach dem ersten Monat auf, wie vorgewarnt. Bis dahin kann keine sichere Aussage getroffen werden.«
»Bekannt«, sagte ich.
»Demelanin-Absetzung schreitet ohne übermäßige Wirkungen auf Patient wie Fötus voran. Graduelle Reduktion verhindert unnötigen Systemschock. Sind alle Optionen bedacht worden?«
Es war ihr verboten, Abbruch zu erwähnen, da Abtreibung illegal war; trotzdem konnte das Gesetz leicht von Dryco umgangen werden, wenn die Umstände es erforderten; die Prozedur hätte vollzogen werden können, während ich dalag, wie ich aus dem Subtext ihrer Frage entnahm.
»Nein«, sagte ich. »Kann die Elternschaft schon bestimmt werden?«
»Nächste Woche«, sagte meine Ärztin. »Das Risiko der Fötalkontamination steigt bei einer solchen Prozedur um das Zehnfache, wie gewarnt. Wird der Test gewünscht?«
»Gewünscht«, sagte ich. »Aber ich werde nicht riskieren.
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