Ambler-Warnung
Sikh mit leiser Stimme, ein leichtes Lächeln kräuselte seine Mundwinkel. »Eine hervorragende Reaktion. Allerdings ändert sich dadurch gar nichts.« Sein Englisch wies die perfekt betonten Konsonanten eines Ausländers auf, der die fremde Sprache in frühester Jugend gelernt hatte.
»Ich bin jetzt derjenige mit der Waffe. Das ändert die Situation meiner Erfahrung nach erheblich.«
»Manchmal nutzt einem das Abgeben der Waffe mehr als die Waffe selbst«, sagte der Mann mit einem leichten Augenzwinkern. »Sehen Sie den Mann in der Flugbegleiteruniform, der dort am Tresen steht? Er ist gerade erst angekommen.«
Ambler blickte in die angegebene Richtung. »Ja, den sehe ich.«
»Er gehört zu uns und ist schussbereit. Wenn es nötig sein sollte, wird er Sie erschießen.« Der Mann sah zu Ambler hoch, der immer noch stand. »Glauben Sie mir?« Die Frage war nicht als Provokation gemeint. Die Antwort war dem Mann wichtig.
»Ich glaube, dass er es versuchen wird«, antwortete Ambler. »Sie hoffen vermutlich, dass er mich nicht verfehlt.«
Der falsche Sikh nickte anerkennend. »Aber im Gegensatz zu Ihnen trage ich eine Kevlarweste, für den Fall der Fälle.« Wieder sah er zu Ambler auf. »Glauben Sie mir?«
»Nein«, sagte Ambler sofort. »Das tue ich nicht.«
Das Lächeln des Mannes wurde breiter. »Sie sind Tarquin, nicht wahr? Das Päckchen, nicht der Lieferant. Wissen Sie, Ihr Ruf eilt Ihnen voraus. Es heißt, Sie seien geradezu teuflisch gut darin, andere Menschen zu lesen. Ich musste sichergehen.«
Nun nahm Ambler neben ihm Platz. Das Treffen würde so weniger auffällig ablaufen. Er wusste jetzt, dass der Mann ihn nicht sofort töten wollte, egal, was er sonst mit ihm vorhatte.
»Sie schulden mir eine Erklärung«, sagte Ambler.
Der andere Mann streckte ihm die Hand hin. »Mein Name ist Arkady. Man hat mir gesagt, dass ein ziemlich legendärer Spezialagent mit dem Alias Tarquin möglicherweise verfügbar geworden ist.«
»Verfügbar?«
»Für eine Rekrutierung. Und nein, ich kenne Ihren wirklichen Namen nicht. Mir ist bewusst, dass Sie nach Informationen suchen. Ich verfüge nicht über diese Informationen. Ich verfüge über Zugang zu diesen Informationen. Besser gesagt, über Zugang zu denjenigen, die diese Informationen haben.« Arkady ließ seine Fingerknöchel knacken. »Vielleicht auch nur Zugang zu denjenigen, die Zugang zu den Wächtern dieser Informationen haben. Es wird Sie nicht überraschen, dass die Organisation, für die ich arbeite, streng partitioniert ist. Nur die nötigsten Informationen werden weitergegeben.«
Ambler beobachtete ihn konzentriert und forschend. Hoffnung trübte manchmal die Wahrnehmung, genau wie Verzweiflung.
Das wusste er sehr genau. Er hatte oft versucht, dies seinen Kollegen zu erklären, denen sein Talent völlig rätselhaft war. Was man nicht sehen will, sieht man auch nicht. Hört auf, etwas zu erwarten. Hört auf zu projizieren. Erfasst einfach die Signale, die euer Gegenüber aussendet, ob es es will oder nicht. Das allein war die Lösung des Rätsels.
Der Sikh vor ihm war eine einzige Lüge. Aber er hatte ihm die Wahrheit gesagt.
»Es wundert mich ein wenig, dass Sie so schnell auf dem Plan stehen, um mich zu sich einzuladen«, sagte Ambler.
»Wir verschwenden nur ungern Zeit. Das haben wir wahrscheinlich gemeinsam. Ein vorsichtiger Mann hat selten das Nachsehen, wie ihr Amerikaner sagt. Außerdem ging der Squawk bereits gestern Morgen raus.« Der Squawk, das Gekreische. Spionagejargon für eine Warnmeldung, die gestern auf einem nicht sicheren Kanal an alle Geheimdienstzentralen gefunkt worden war. Der Squawk -Kanal wurde nur benutzt, wenn die Dringlichkeit größer war als das Sicherheitsbedürfnis. Denn er bildete ein potenzielles Informationsleck. Eine Nachricht, die für so viele Ohren bestimmt war, wurde immer auch von ein paar heimlichen Lauschern aufgeschnappt.
»Trotzdem merkwürdig«, sagte Ambler.
»Ich vermute, Sie können sich die Einzelheiten zusammenreimen. Offenbar warten Ihre Bewunderer schon lange auf eine solche Gelegenheit. Wahrscheinlich wollten sie Sie schon rekrutieren, bevor Sie von der Bildfläche verschwanden. Und zweifellos sind sie nicht die Einzigen, die an Ihren Diensten interessiert sind. Sie wollen diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen.«
Offenbar. Wahrscheinlich. Zweifellos . »Sie nehmen das nur an, wissen aber nichts Genaues.«
»Wie ich bereits gesagt habe, werden in unserer Organisation nur die
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