Ambler-Warnung
nötigsten Informationen weitergegeben. Ich weiß, was ich wissen muss. Und bis zu einem gewissen Punkt kann ich mir natürlich manches zusammenreimen. Natürlich gibt es eine ganze Menge Dinge, die ich nicht weiß. Damit gebe ich mich zufrieden. Das System nutzt uns allen. Es verschafft meiner Organisation Sicherheit. Und mir auch.«
»Aber mir nicht. Einer eurer Typen hat versucht, mich umzulegen.«
»Das bezweifle ich sehr.«
»Das großkalibrige Geschoss, das mich am Hals gestreift hat, spricht doch sehr dafür, oder?«
Arkady wirkte nachdenklich. »Das ergibt überhaupt keinen Sinn.«
»Der Südstaatler sah auch ziemlich überrascht aus, als die Kugel aus seinem Hinterkopf austrat.«
Amblers Stimme war nur ein heiseres Krächzen: »Was für ein irres Spielchen zieht ihr Typen hier ab?«
»Das waren nicht wir«, erwiderte Arkady. Beinahe zu sich selbst gewandt, murmelte er: »Das klingt nach einer Fremdeinwirkung. Das bedeutet nur, dass wir nicht die Einzigen waren, die auf den Squawk reagiert haben.«
»Wollen Sie damit sagen, dass mir noch ein anderer Interessent aufgelauert hat?«
»So muss es gewesen sein«, sagte Arkady nach einer längeren Pause. »Wir werden das überprüfen und eine etwaige Infiltration bei uns ausschließen. Aber es klingt so, als habe sich sozusagen ein Parasit an uns geheftet. Das wird nicht wieder vorkommen. Nicht, wenn Sie für uns arbeiten.«
»Ist das ein Versprechen oder eine Drohung?«
Arkady verzog schmerzlich das Gesicht. »Oje. Sie haben wirklich keinen guten Eindruck von uns erhalten, nicht
wahr? Aber ich versichere Ihnen: Meine Auftraggeber würden Sie gern in Sicherheit wissen. Solange Sie davon überzeugt sind, dass Sie ihnen die gleiche Gefälligkeit erweisen werden. Vertrauen muss auf Gegenseitigkeit basieren.«
»Sie müssen eben davon ausgehen, dass sie mir vertrauen können«, sagte Ambler mit unbewegtem Gesicht.
»Aber das ist nicht üblich, verstehen Sie?« Arkady klang entschuldigend. »Sehr unangenehm, ich weiß. Meine Auftraggeber haben eine andere Idee. Sie wollen sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe erlegen. Und das bedeutet einen kleinen Auftrag für Sie.« Zum ersten Mal hörte Ambler die Diphtonge der Muttersprache des Mannes durch, offenbar eine slawische Sprache.
»Sie wollen einen Test ...«
»Genau!« Arkadys Augen leuchteten auf. »Und dabei gibt es ›nur Gewinner‹, wie meine Arbeitgeber gern sagen. Der Auftrag, den Sie erfüllen sollen, ist rasch zu erledigen, aber er ist ... heikel.«
»Heikel?«
»Ich werde Sie nicht belügen – das würde ja sowieso nichts nutzen!« Er strahlte. »Es ist ein kleiner Auftrag, doch einige Leute sind schon an ihm gescheitert. Aber er muss erledigt werden. Meine Arbeitgeber haben da nämlich ein Problem. Sie sind sehr vorsichtig – das werden Sie noch merken und ihnen dafür dankbar sein. Wie das Sprichwort sagt, gleich zu gleich gesellt sich gern. Aber möglicherweise waren nicht alle ihre Freunde genauso vorsichtig wie sie. Und möglicherweise hat ein infiltrierender Agent einige Unachtsamkeiten bei ihren Confrères ausgenutzt. Es ist leider nicht alles Gold, was glänzt. Möglicherweise ist dieser Agent an Beweise gelangt, die er in einem Gerichtsverfahren ausplaudern könnte. Alles sehr unangenehm.«
»Ein infiltrierender Agent? Drücken Sie sich deutlich aus: Meinen Sie damit einen verdeckten Ermittler in Staatsdiensten? Einen Geheimagenten?«
»Dumme Sache, nicht wahr?«, sagte Arkady. »Er gehört zum ATF.«
Wenn der Ermittler für das Bureau of Alcohol, Tobacco and Firearms arbeitete, dann ging es bei der verdeckten Ermittlung wahrscheinlich um Waffenschmuggel. Das bedeutete noch nicht, dass die Organisation, für die Arkady arbeitete, damit direkt etwas zu tun haben musste. Arkady hatte von »Confrères« gesprochen. Es lag also nahe, dass Waffenhändler, von denen die Organisation ihre Ausrüstung bezog, dem Agenten in die Falle gegangen waren.
»Eines Tages wird dieser Mann sterben«, fuhr der falsche Sikh nachdenklich fort. »An einem Schlaganfall. An einem Herzinfarkt. An Krebs. Wer weiß? Aber genau wie wir alle ist er menschlich und wird eines Tages sterben. Wir wollen dieses Datum nur ein wenig vorziehen. Das ist alles.«
»Warum ich?«
Der Sikh verzog das Gesicht. »Das ist wirklich peinlich.«
Ambler starrte ihn wortlos an.
»Um ehrlich zu sein, wissen wir nicht genau, wie er aussieht. Berufsrisiko, sozusagen. Die Person, die in direktem Kontakt mit ihm stand, kann
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