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Ambler-Warnung

Ambler-Warnung

Titel: Ambler-Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
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duldete keinen Widerspruch.
    »Nein«, wehrte er ab. »Nicht von deinem Telefon aus.«
    »Hast du Angst, die Ferngespräche könnten zu teuer werden? Das ist ja süß. Du kannst einen Vierteldollar auf meine Kommode legen, wie Sidney Poitier in Rat mal, wer zum Essen kommt.«
    »Darum geht es nicht.« Ambler stockte kurz. Er wollte nicht paranoid klingen, aber er wusste, dass Vorsichtsmaßnahmen, die einem Agenten in Fleisch und Blut übergegangen waren, normale Menschen oft befremdeten. »Ich weiß bloß nicht, ob ...«
    »Mein Telefon abgehört wird?« Die Vorstellung schien sie nicht zu beunruhigen. »Kannst du das herausfinden?«
    »Leider nicht.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ihr Leute lebt in einer merkwürdigen Welt.« Er sah zu, wie sie versuchsweise seinen Namen in die Suchmaschine eintippte. Das Ergebnis erschien ihm schon beinahe unvermeidlich:
    Ihre Suche – 0 Ergebnisse für Suchbegriff HARRISON AMBLER.
    »Ich rufe von meinem Handy aus an.« Ambler nahm das Nokia aus der Tasche. »Das ist sicherer.« Er holte tief Luft und wählte die erste Nummer.
    »Kann ich bitte Elaine Lassiter sprechen?«, fragte er mit bewusst gleichmütiger Stimme.
    »Meine Frau ist letztes Jahr leider verstorben«, antwortete ein heiseres Flüstern.
    »Oh, das tut mit leid«, sagte Ambler hastig. Er wählte die nächste Nummer, Gregson Burns. Der Hörer wurde nach dem ersten Läuten abgenommen.

    »Ich bin auf der Suche nach Gregson Burns«, begann Ambler.
    »Am Apparat«, unterbrach ihn die Stimme.
    »Greg! Hier spricht Hal Ambler. Es ist lange her. Wie ...«
    »Wenn das ein Werbeanruf ist, streichen Sie mich bitte von Ihrer Liste«, befahl der Angerufene mit einer vor Empörung schnarrenden Tenorstimme.
    »Sind Sie in der Hawthorn Street in Camden aufgewachsen?« , fragte Ambler beharrlich.
    Ein misstrauisches »Ja.« Ambler hörte im Hintergrund eine Frauenstimme quengeln: »Wer ruft denn da an?«
    »Erinnern Sie sich an Hal Ambler von gegenüber? Oder an irgendjemanden mit dem Namen Ambler?«
    »Ich kenne nur den Schriftsteller Eric Ambler. Er ist tot. Wie wär’s, wenn Sie ihm das nachmachen? Sie verschwenden meine Zeit.« Der Mann legte auf.
    Der Boden unter Amblers Füßen schien zu schwanken. Schnell wählte er die nächste Nummer auf der Liste. Julianne Daiches – oder vielmehr Julianne Daiches-Murchison, wie sie heute hieß – wohnte immer noch in Delaware. Aber als die Frau dieses Namens endlich ans Telefon kam, erkannte er sie überhaupt nicht. Im Gegensatz zu Gregson Burns war sie freundlich, vertrauensselig und nahm sich Zeit für ihn.
    Die Verwirrung des Anrufers schien sie sehr zu erstaunen. »Moment, sagten Sie, Ihr Name sei Sandler ?«, fragte sie, um ihm zu helfen. »Ich kenne nämlich auf jeden Fall einen Jungen namens Sandler.«
    Nachdem Ambler die Hälfte der Nummern durchprobiert hatte, fiel es ihm schwer, seine Augen auf einen Punkt zu konzentrieren. Sein Gesicht war von kaltem Schweiß bedeckt. Er starrte lange auf das Blatt, dann zerknüllte er es und presste
es in der Faust zusammen. Wie von Sinnen sank er auf die Knie und schloss die Augen.
    Als er sie wieder öffnete, stand Laurel Holland mit bedrücktem Gesicht vor ihm.
    »Verstehst du jetzt? Es hat keinen Sinn.« Die Worte klangen wie ein Stöhnen aus tiefster Seele. »Ich halte das nicht mehr aus.«
    »Ach was, Kopf hoch«, sagte sie. »Die stecken alle mit drin. Oder ... ach, ich weiß nicht. Ist auch egal. Darum musst du dich jetzt nicht kümmern. Ich hätte dich nicht dazu drängen sollen. Tut mir leid.«
    »Nein«, keuchte er. »Aber ich kann nicht mehr, es tut mir leid ...«
    »Du musst auch nicht weitermachen. Heute nicht mehr. Entschuldige dich nicht. Gib ihnen nicht diese Befriedigung.«
    »Ihnen.« Da war es wieder, dieses leere, bedeutungslose Wort.
    »Ja, ihnen. Den Mistkerlen, die für diese verfluchte Scharade verantwortlich sind. Du wirst ihnen diese Genugtuung nicht geben. Vielleicht wollen sie dich in den Wahnsinn treiben. Sollen sie doch. Wir spielen ihr Spiel nicht mit. Einverstanden?«
    Ambler stand unsicher auf. »Einverstanden«, sagte er. Seine Stimme klang belegt, er konnte seine Gefühle kaum mehr unter Kontrolle halten.
    Sie nahm ihn in die Arme, und ihre Umarmung schien ihm Kraft zu geben.
    »Vielleicht sind wir ja alle nur Gedanken im Geist Gottes. Ich hatte mal einen Freund, der gesagt hat, dass unsere beste Chance, unsterblich zu werden, darin liegt, zu begreifen, dass wir nicht existieren. Allerdings war er

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