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Ambler-Warnung

Ambler-Warnung

Titel: Ambler-Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
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verstummte. »Oh Gott, ich fühle mich wie ein verdammtes Opfer.«
    »Vielleicht wollen sie genau das erreichen. Schau mal, die Leute, die dir das angetan haben, sind keine guten Menschen. Sie sind Manipulatoren. Ich glaube nicht, dass du aufgrund deiner Schwäche in Parrish Island gelandet bist. Wahrscheinlich haben sie dich nach Parrish Island verfrachtet, weil du zu stark warst. Weil du etwas durchschaut hast, was du nicht hättest durchschauen dürfen.«
    »Du klingst schon beinahe so verrückt wie ich«, lächelte er.
    »Darf ich dich was Persönliches fragen?«, fragte sie fast schüchtern.
    »Bitte«, sagte er.
    »Wie heißt du?«
    Er musste lachen, zum ersten Mal an diesem Tag. Ein lautes, herzliches Lachen, das direkt aus seinem Bauch und seiner Seele kam. Er streckte mit gespielter Förmlichkeit die Hand aus. »Schön, dich kennenzulernen, Laurel Holland. Mein Name ist Harrison Ambler. Aber du darfst Hal zu mir sagen.«

    »Das gefällt mir besser als Patient Nr. 5312«, sagte sie. Sie wühlte beide Hände in sein kurzes, braunes Haar und ließ sie dann noch einmal federleicht über sein Gesicht gleiten. Sie drehte seinen Kopf erst in die eine, dann in die andere Richtung, als spiele sie mit einer Schaufensterpuppe. Dann beugte sie sich zu ihm und streichelte zärtlich seine Wange.
    Es dauerte einen Moment, bis er überhaupt darauf reagieren konnte. Und dann reagierte er wie ein Wüstenreisender, der kurz vor dem Verdursten die rettende Oase erreicht. Er drückte sie mit beiden Armen fest an sich. Sie war geschmeidig und weich, sie war alles, was er auf der Welt hatte. Und mehr brauchte er nicht.
    Als sie sich voneinander lösten, hatten beide Tränen in den Augen.
    »Ich glaube dir«, sagte sie mit zitternder, aber entschlossener Stimme. »Ich glaube, dass du du bist.«
    »Vielleicht bist du die Einzige, die das glaubt«, erwiderte er leise.
    »Und was ist mit deinen Freunden?«
    »Wie gesagt, ich bin seit zwanzig Jahren ein ziemlicher isolato. Das bringt mein Beruf mit sich. Meine Freunde waren meine Kollegen, und es gibt keine Möglichkeit, sie aufzuspüren. Sie könnten überall sein, auf jedem erdenklichen Längen- oder Breitengrad. Je nachdem, welchen Auftrag sie gerade erledigen. Kein Agent wusste den wirklichen Namen der anderen. Das war eine Grundregel.«
    »Vergiss deine Kollegen. Ich rede von Jugendfreunden oder Kommilitonen.«
    Er erzählte ihr von seinem Anruf bei Dylan Sutcliffe, und bei der Erinnerung lief ihm ein Schauer über den Rücken.
    Das dämpfte ihren Enthusiasmus nur einen Moment lang. »Vielleicht leidet er an einer frühen Form von Alzheimer. Vielleicht
hat er sich bei einem Autounfall eine Kopfverletzung zugezogen und das Gedächtnis verloren. Vielleicht konnte er dich noch nie leiden. Oder vielleicht hat er befürchtet, dass du dir Geld leihen wolltest. Wer weiß?« Sie stand auf, holte ein Blatt Papier und einen Bleistift und legte ihm beides vor. »Schreib die Namen der Leute auf, an die du dich erinnern kannst und die sich auch an dich erinnern werden. Ein Kind aus der Nachbarschaft, mit dem du gespielt hast. Ein Mitbewohner vom College. Egal. Nimm eher ungewöhnliche Namen, damit wir nicht zu viele Treffer bekommen.«
    »Ich habe keine Ahnung, wo diese Leute heute wohnen ...«
    »Schreib«, unterbrach sie ihn mit einer auffordernden Geste.
    Ambler schrieb ein Dutzend Namen auf, die ihm einfielen: Nachbarn aus Camden, Mitschüler aus der Highschool, Freunde aus dem Sommerlager und aus Carlyle. Sie nahm das Blatt und führte ihn zu einer kleinen Nische neben der Küche, in der ihr leicht angestaubter Computer stand. Der Rechner sah aus, als habe sie ihn gebraucht gekauft.
    »Es ist nur eine Modemverbindung«, entschuldigte sie sich. »Aber es ist erstaunlich, was man online alles findet.«
    »Hör mal«, sagte er vorsichtig. »Bist du sicher, dass du das wirklich tun willst?« Er hatte sie schon tiefer in seinen Albtraum hineingezogen, als ihm lieb war. Er wollte sie auf keinen Fall noch tiefer in sein Schicksal verstricken.
    »Das ist mein Haus. Hier mache ich, was ich will.«
    Sie setzte sich vor den Bildschirm, und er sah ihr über die Schulter, während sie die Namen in eine »Freunde-Suchmaschine« eingab. Fünf Minuten später hatte sie zu sechs von den zwölf Namen auf dem Blatt eine Telefonnummer. Sie schrieb sie in ihrer sauberen Handschrift auf.
    Dann drückte sie ihm den Hörer des Telefons in die Hand.
»Nimm den Kontakt auf«, forderte sie ihn auf. Ihre Stimme

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