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Ambra

Ambra

Titel: Ambra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabrina Janesch
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dem Kastanienbaum. Bronka redete auf Brunon ein, und unter ihrem Einfluss setzte er sich wieder auf die Decke und nahm sein Bier zur Hand.
    Bartosz hatte sich zum Grill verzogen und zerrte ein paar Würstchen aus ihrer Verpackung. Cudny bekam ein rohes Würstchen zugesteckt, das er ohne zu kauen hinunterschlang.
    Dann drang vom hinteren Teil der Wiese ein Klappern, ein Flügelschlagen, ein erschrockener Schrei von Kinga zu den Myszas. Ein Dutzend Gänse drängte aus dem Verschlag ins Freie, zeterte, schnatterte und flog ein paar Meter in die Höhe. Kaum dass Cudny sein Würstchen verschlungen hatte, galoppierte er auf sie zu und fing an, nach ihnen zu schnappen, Mopsik folgte ihmein paar Meter, ließ sich aber schon bald ermattet ins Gras fallen und beobachtete von dort, wie Cudny eine der Gänse am Bein erwischte. Kröger ließ sein Bier fallen und eilte zur Hilfe, auch Bronka und Bartosz kamen angelaufen. Kinga blieb wie versteinert stehen und schien nicht ganz zu begreifen, was geschehen war. Später würde sie gestehen, dass sie sich vor keinem Tier so sehr fürchtete wie vor Gänsen, was die allgemeine Stimmung etwas heben sollte, auch wenn Bartosz sich nicht beherrschen konnte und alle paar Minuten losschnatterte.
    Während Bronka und Kröger hinaus aufs Feld liefen, um die Gänse zurückzuscheuchen, versuchte Bartosz den Hund zur Vernunft zu bringen. Kinga, aus ihrer Starre erwacht, war ihm nachgerannt und hielt Cudny am Halsband fest. Vorsichtig löste Bartosz das Bein der Gans aus der Hundeschnauze. Sofort machte diese sich von ihm frei und flatterte davon, in Richtung Bronka, die sofort ihre Jacke über sie stülpte und sie festsetzte.
    Was für ein Zirkus, rief Kröger. Großartig. Sollen wir weiterjagen?
    Bronka schüttelte den Kopf.
    Die sind rüber zur Bäuerin. Die können wir nachher dort abholen, da bin ich mir sicher. Die wird Augen machen.
    Entschuldigung, sagte Kinga. Ich dachte, da drin wäre die Toilette.
    Weißt du, wie viel eine Schar Gänse kostet? Bronka sperrte die übriggebliebene Gans zurück in den Schuppen und richtete ihre aufgelöste Frisur. Wenn wir die nicht alle wiederbekommen, haben wir ein Vermögen verloren.
    Ja, so geht das los, sagte Brunon, der auf seiner Decke geblieben war. Die Gänse sind erst der Anfang. Erst verlierenwir das Federvieh und schließlich die Wohnung, die uns doch zusteht. Das war ein Omen!
    Kinga zuckte unmerklich zusammen. Früher oder später würde dieses Thema verhandelt werden müssen, das war klar gewesen. Aber ausgerechnet jetzt? Das war kein Omen, das war ein Unfall, sagte sie schließlich. Und wegen der Wohnung …
    Du hast völlig recht, Kinga, unterbrach sie Bronka. Natürlich ist es erst einmal das Beste, wir belassen alles beim Alten, bis sich die Wogen geglättet haben. Und es ist ja auch Platz in der Wohnung. Und da du praktisch zur Familie gehörst, kannst du unseretwegen auch nur die Hälfte der üblichen Zimmermiete zahlen. Als Zeichen unseres guten Willens.
    Kinga lachte kurz auf, und Bartosz fing an, nervös ein paar Würstchen auf seinen Teller zu stapeln. Schließlich konnte sich Kinga nicht mehr beherrschen. Eine Frechheit sei das, jawohl, immerhin sei sie Eigentümerin der Wohnung. Ihr Vater sei anscheinend der großzügigste Mensch jenseits der Oder gewesen, und was sei nun der Preis? Dass sie, Kinga, Miete zahlen solle? Sie habe sich auf allerhand vorbereitet, wollte der Familie eigentlich entgegenkommen, aber unter diesen Umständen werde sie sich das noch einmal überlegen. Und ob sie tatsächlich zum Notar gehen würde, so, wie ihr Vater es sich gewünscht hatte, darüber müsse sie ebenfalls noch einmal nachdenken.
    Als sie das hörte, lenkte Bronka sofort ein und sagte, dass es sich hier um ein unglückliches Missverständnis handeln müsse, natürlich müsse sie, Kinga, keine Miete zahlen, wo denke sie denn hin. Was sie gemeint habe: Wenn ihre Mitbewohnerinnen einmal in der Klemme sein sollten, finanziell, sei es selbstverständlich kein Problem,wenn
sie
die Hälfte der Miete zahlten. Bronka setzte ihr süßestes Lächeln auf. Und was Emmerichs Testament angehe … sie gedenke doch nicht etwa, den Willen ihres Vaters zu unterlaufen? Das habe er ihnen damals versprochen: Dass nach seinem Tod die Wohnung ihnen gehören würde, und niemandem sonst.
    Kinga blickte hilfesuchend erst zum Auto, dann zu Kröger, der so unbeteiligt wie möglich das Etikett von seiner Bierflasche abzupfte.
    Bartosz, der nicht gemacht war für solche

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