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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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aus unerfindlichen Gründen ins Freie schleichen wollte, aber der Schatten, der sich verstohlen auf das Tor zubewegte, war der eines Mannes. Ich hatte keinerlei Schwierigkeiten, ihn als Donald zu identifizieren.
    Ich weckte Emerson nicht auf. Wenn er unerwartet in seinem tiefen Schlaf gestört wird, ist er immer sehr laut und schreit die Leute an. Es dauerte nur Sekunden, bis ich in meine Kleidung geschlüpft war, die ich mir für unseren Ausflug nach Kairo bereits zurechtgelegt hatte, und mir meinen zuverlässigen Sonnenschirm gegriffen hatte. Meinen Werkzeuggürtel ließ ich allerdings zurück, da ich befürchtete, daß das Rasseln Emerson aufwecken und die heimliche Verfolgung unmöglich machen würde. Wie dem auch sei, als ich die Hauswand hinunterkletterte, verfing sich mein Fuß in dem Sonnenschirm, und ich stürzte ziemlich heftig. Glücklicherweise dämpfte der Erdboden den lauten Aufprall. Ich nahm mir vor, den Schirm in solchen Fällen zukünftig zuerst hinunterzuwerfen, bevor ich selbst den Abstieg wagte.
    Donald hatte das Tor einen Spaltbreit offengelassen. Als ich hindurchschlüpfte, hielt ich vergebens nach ihm Ausschau und befürchtete schon, er wäre mir entkommen. Während ich mich angekleidet hatte, war mir eine Bemerkung seines Bruders eingefallen, die dieser am Vortag gemacht hatte. Seine hinuntergeleierte, gefühlsduselige Rede war nicht ganz so nichtssagend gewesen, wie ich geglaubt hatte. Denn im Zuge der Schilderung ihrer Kindheitserinnerungen hatte Ronald etwas erwähnt, von dem er gehofft hatte, Donald würde es mit anhören. Er hatte offensichtlich gewußt, daß Donald bei uns war, ebenso wie ihm klar war, daß sich Enid bei uns aufhielt. Wie er an diese Information gelangt war, war zwar gewissermaßen beunruhigend, aber für etwaige Vermutungen fehlte mir augenblicklich die Zeit. Mit etwas Glück war ich bald in der Lage, ihn direkt darauf anzusprechen, denn ich war sicher, daß Donald auf dem Weg zum Kanal war, um seinen Bruder dort an dem schilfbewachsenen Ufer zu treffen, wo letzterer seine Schießübungen praktiziert hatte.
    Der Himmel wurde heller, und die Strahlen der aufgehenden Sonne stahlen sich bereits hinter den Bergen hervor. Ich folgte dem Weg entlang des Damms, der das Dorf umgab, denn ich nahm an, daß Donald nicht gesehen werden wollte. Die Geräusche emsigen Treibens und der durchdringende Geruch der Feuerstellen waren bereits vernehmbar, denn die Dorfbewohner standen, wie alle vom Ackerbau lebenden Völker, bei Sonnenaufgang auf.
    Ich war noch nicht sehr weit gegangen, als ich den jungen Mann vor mir sah. Einige Leute waren bereits auf dem Weg in die Felder, so daß man ihn auf den ersten Blick für einen dieser fleißigen Bauern hätte halten können. Ganz offensichtlich glaubte er, daß er das Haus unbeobachtet verlassen hatte, denn er schaute sich nicht um. Trotzdem hatte ich zu einer Vorsichtsmaßnahme gegriffen und mich hinter einem kleinen, mit Zuckerrohr beladenen Esel versteckt, der in die gleiche Richtung trottete.
    Schließlich verließ Donald den Pfad und verschwand in der üppig grünen Vegetation zwischen Fluß und Kanal. Ich mußte mich aus dem Schatten des Esels herauslösen, doch Schilf und Riedgras boten mir Schutz, solange ich in gebückter Haltung vorwärtskroch. Irgendwann blieb Donald stehen. Ich krabbelte noch ein Stück weiter vorwärts und versteckte mich hinter einem hohen Grasbüschel.
    Donald unternahm gar nicht den Versuch, sich zu verbergen. Im Gegenteil, er baute sich zu voller Körpergröße auf und nahm seinen Turban ab. Das strahlende Rund der Sonne stand jetzt voll am Horizont, und ihre Strahlen tauchten seine Silhouette in einen matten Goldton. Seine kräftige Gestalt, das scharfe Profil und vor allem sein rotgoldenes Haar verliehen ihm eine markante Ausstrahlung.
    Ich konnte nicht anders, sondern mußte wieder an Emersons Hartnäckigkeit in bezug auf das rote Haar des Gottes Set denken. War ich die ganze Zeit über von einem gerissenen Schauspieler in die Irre geführt worden, der die Rolle eines unbedarften, fehlgeleiteten jungen Engländers spielte? Unmöglich! Und doch – was war denn, wenn Sethos nicht nur einen der Brüder, sondern beide verkörperte? Seine scheinbar unglaubliche Fähigkeit, mehr als jeder Normalsterbliche erreichen zu können, wäre damit erklärt.
    Doch das Alter ego dieser Person (sofern meine neueste Theorie wirklich stimmte) tauchte nicht auf. Genau wie ich war Donald verwirrt über das Nichterscheinen seines

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