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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Bruders. Er kratzte sich den Kopf und spähte von einer Seite zur anderen.
    Aufgrund einer heftigen Erschütterung im Schilf wirbelte er herum. Ich war nicht der Verursacher dieser Störung. Irgend etwas war in einiger Entfernung hinter mir geschehen. Leider hatte das die unglückliche Begleiterscheinung, daß er seinen Blick in meine Richtung schweifen ließ, und das Grasbüschel war als Deckung zu dürftig. Mit zwei riesigen Schritten hatte er mein Versteck erreicht und zerrte mich heraus. Er hatte nicht damit gerechnet, mich dort vorzufinden. Erstaunen glitt über seine Gesichtszüge, und er ließ sogleich meinen Kragen los.
    »Mrs. Emerson! Was zum Teufel machen Sie denn hier?«
    »Das gleiche könnte ich Sie fragen«, erwiderte ich, während ich meine Bluse wieder in den Rockbund steckte. »Zumindest, wenn ich die Antwort nicht kennen würde. Ich habe die Nachricht Ihres Bruders gehört und verstanden. Mir scheint allerdings, daß er sich verspätet hat. Wann hatten Sie denn Ihr Rendezvous vereinbart?«
    »Bei Sonnenaufgang«, entgegnete Donald. »Um diese Tageszeit sind wir früher immer in den Sumpf zum Schießen gegangen. Bitte kehren Sie um, Mrs. Emerson. Er möchte unter vier Augen mit mir sprechen. Er wird nicht in Erscheinung treten, solange Sie noch hier sind.«
    Ich wollte schon nachgeben oder wenigstens den Anschein erwecken – da ich selbstverständlich nicht beabsichtigte zu verschwinden, solange ich nicht wußte, was die beiden Brüder sich zu sagen hatten. Noch ehe ich zustimmend nicken konnte, passierte etwas völlig Unerwartetes. Irgend etwas sauste ein paar Zentimeter über meinem Kopf mit einem schrillen Surren durch die Luft. Sekundenbruchteile später hörte ich das Explosionsgeräusch. Es folgte ein zweiter, dann ein dritter Schuß.
    Mit einem unterdrückten Schrei schlug Donald seine Hand vors Gesicht und brach zusammen. Ich war so überrascht, daß ich nicht schnell genug beiseite sprang und daher von Donalds Körpergewicht mit zu Boden gerissen wurde.
    Das Erdreich war weich, aber der Sturz hatte mir den Atem geraubt, und als ich versuchte, mich von dem totenschlaffen Gewicht zu befreien, konnte ich mich nicht bewegen. Ich hoffte inständig, daß meine Umschreibung nicht den Tatsachen entsprach, aber seine kraftlosen Gliedmaßen weckten die schlimmsten Vorahnungen in mir. Auch das Gefühl einer feuchten und klebrigen Flüssigkeit auf meiner Wange war nicht unbedingt beruhigend. Ich verspürte keinen Schmerz, deshalb war mir klar, daß das Blut von Donald stammen mußte.
    Ich versuchte gerade, ihn umzudrehen, als ich ein Rascheln hörte. Jemand kam näher! Ich befürchtete, daß es der Mörder war, der sich vergewissern wollte, ob seine hinterhältige Tat auch Wirkung gezeigt hatte, und ich gab mir alle Mühe, mich zu befreien. Dann wurde das Gewicht plötzlich von meinem Körper gezerrt, und ich vernahm eine in höchstem Maße aufgebrachte Stimme.
    »Donald! Mein Geliebter – mein Schatz – sprich mit mir! O Gott, er ist tot, man hat ihn umgebracht!«
    Ich richtete mich in Sitzhaltung auf. Enid saß am Boden und merkte nicht, daß der Schlamm ihr Kleid durchnäßte. Mit der Kraft ihrer Liebe war es ihr in ihrer ganzen Verzweiflung gelungen, die leblose Gestalt des Mannes so anzuheben, daß sein Kopf an ihrer Brust ruhte. Ihre Bluse und ihre schlanken Hände waren mit dem Blut besudelt, das unaufhörlich aus seiner Stirnwunde floß.
    »Legen Sie ihn sofort wieder hin, Sie Heulsuse«, sagte ich.
    Sie nahm mich gar nicht wahr. Sie stöhnte und jammerte und drückte ihm unaufhörlich Küsse auf sein blutverschmiertes Haar.
    Ich litt immer noch unter Atemnot, zwang mich aber dennoch, auf sie zuzukriechen. »Legen Sie seinen Kopf tiefer, Enid«, wies ich sie an. »Sie hätten ihn gar nicht anheben dürfen.«
    »Er ist tot«, schrie Enid immer wieder. »Tot – und das ist allein meine Schuld. Jetzt wird er nie mehr erfahren, wie sehr ich ihn geliebt habe!«
    Donald riß die Augen auf. »Sag das noch einmal, Enid!«
    Freude und Erleichterung, Beschämung und Verwirrung verliehen ihrem hübschen, tränenüberströmten Gesicht den Glanz eines Sonnenaufgangs. »Ich … ich …« fing sie an.
    »Sag nichts mehr«, rief Donald. Mit einer flinken Bewegung, die sein blutüberströmtes Gesicht Lügen strafte, löste er sich aus ihrer Umarmung und umschlang sie. Sie unternahm den halbherzigen Versuch, sich ihm zu entziehen. Sein gebieterisches Verhalten siegte jedoch über ihre Skrupel, und als ich

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