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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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dachte mir, daß Sie jetzt lieber allein sein wollen.«
    »Sie sind zu liebenswürdig. Bitte lassen Sie sich nicht stören und gehen Sie ruhig wieder zu Ihrer Familie zurück …«
    »Oh, ich habe nicht die Absicht, Sie zu verlassen.« Ich setzte mich auf eine andere Kiste. »Wir müssen unbedingt noch einige Dinge besprechen, wenn Sie Ihre wahre Identität weiterhin verbergen wollen.«
    Der Raum wurde lediglich vom Mondlicht erhellt. Das Mädchen war in den dunkelsten Winkel zurückgewichen, doch ich hörte, wie sie heftig nach Atem rang. Vergeblich bemühte sie sich, ihre Fassung wiederzuerlangen. »Was meinen Sie damit, Mrs. Emerson?«
    »Auch wenn ich keinen intelligenteren Mann als meinen Gatten kenne, ist er in manchen Dingen schlicht und einfach naiv«, sagte ich. »Sie haben doch hoffentlich nicht gedacht, daß Sie mich irreführen könnten, oder – Miss Debenham?«
    Für Sekundenbruchteile hielt sie den Atem an. Dann seufzte sie tief. »Ich wußte, daß ich diese Täuschung nicht lange aufrechterhalten könnte, Mrs. Emerson. Ich hoffte nur, daß es ein paar Tage funktionierte, bis ich zu einem Entschluß gelangte, ob ich mich Ihnen anvertrauen oder erneut fliehen sollte. Als der Professor mich für jemand anderen hielt, glaubte ich, daß eine höhere Macht mein Flehen erhört hätte.«
    Sie sprach leise, aber nun ruhig und ohne eine Spur von Hysterie. Offensichtlich hatten sie ihre eigenen Betrugsabsichten belastet. Ihre Erleichterung, daß sie offen mit mir darüber reden konnte, bewies mir, daß sie im Grunde genommen ein wertvoller Mensch war.
    »Dann haben Sie meinen Brief also gelesen«, sagte ich.
    »Ja, Mrs. Emerson, und ich muß zugeben, daß meine erste Reaktion Verärgerung war. Ich bin ein sehr selbstbewußter und eigensinniger Mensch. Ich wurde von liebevollen Eltern sehr verwöhnt, die keinerlei Versuche unternahmen, meine Charakterschwächen auszumerzen. Ich kann Kritik nicht ausstehen und will stets meinen eigenen Kopf durchsetzen. Das ist ein großer Fehler …«
    »Was der eine >Eigensinn< nennt, ist für den anderen Entschlossenheit. Charakterstärke ist doch kein Fehler. Sie hören sich an, als zitierten Sie jemanden, Miss Debenham – ach, nein, verzeihen Sie, ich muß mich daran gewöhnen, Sie mit Miss Marshall anzusprechen.«
    »Dann … dann heißt das, daß ich meine Maskerade aufrechterhalten kann? Sie sind bereit, Ihren eigenen Ehemann irrezuführen?«
    »Oh, was das anbelangt, so würde ich Emerson niemals absichtlich hintergehen. Wenn er sich aber selbst betrügt, wäre es äußerst taktlos, wenn ich seine irrige Annahme richtigstellte, zumal es ziemlich wahrscheinlich ist, daß er im Eifer des Gefechts den Drang zu überstürzten Taten und Worten hätte, die er später bereute. Aber so gern ich die Diskussion über die Komplexität der Ehe fortsetzen würde – ein Thema, zu dem ich eine ganz entschiedene Meinung vertrete –, wir dürfen hier nicht zu lange verweilen, denn sonst fragt sich selbst mein geliebter Emerson, warum wir die ganze Zeit über im Dunkeln hocken. Und Ramses … Was ihn anbelangt, werde ich Sie noch früh genug aufklären. Zunächst ist es wichtig, daß Sie mir so kurz und so detailliert wie möglich berichten, was in der Mordnacht eigentlich geschah.«
    »Ich habe mit Prinz Kalenischeff zu Abend gegessen«, sagte das Mädchen leise. »Wir brachen auf, um das Mondlicht über den Pyramiden …«
    »Ich habe Sie dort gesehen. Und was geschah dann?«
    »Wir kehrten ins Hotel zurück. Der Prinz verabschiedete sich an meiner Zimmertür von mir …«
    »Sie haben ihn nicht in Ihr Zimmer gebeten?«
    »Vermutlich geschieht mir das ganz recht«, sagte sie nach kurzem Zögern. »Nein, Mrs. Emerson, das habe ich nicht getan.«
    »Bitte, fahren Sie fort. Und fassen Sie sich kurz.«
    »Der Zimmerpage hatte mir einen Brief ausgehändigt. Ich las ihn, während ich mein Haar bürstete, und wie ich Ihnen bereits schilderte, war ich verärgert …«
    »Bitte lassen Sie Ihre Gefühlsregungen aus dem Spiel, sofern sie keinen Bezug auf die Ereignisse in jener Nacht haben.«
    »Danke. Ich warf den Brief beiseite. Ich bereitete mich auf die Nacht vor, ging zu Bett, schlief ein. Eine Zeitlang später weckte mich irgend etwas auf. Vielleicht war es das Geräusch, wie jemand die Tür öffnete, oder Schritte. Eine dunkle Gestalt trat in mein Blickfeld. Ich erkannte den Prinzen. Langsam kam er auf mein Bett zu. Ich stand auf, fiel zu Boden, verlor das Bewußtsein. Als ich wieder

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