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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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gemeint. Du mußt wirklich …«
    »Höflich?« Emerson starrte mich an, und mit aufkeimendem Entsetzen bemerkte ich, daß seine gebräunte Wange von einer langen Blutspur entstellt wurde. »Eine höfliche Geste, das kann man wohl sagen«, schrie er. »Ein giftiges Insekt oder eine Giftschlange in einen Blumenstrauß zu setzen!« Er trampelte erneut auf den Blumen herum. Hätte ein geschundener Erdboden zurückschlagen können, so hätte dieser es sicherlich getan. »Wenn mein Gesicht« – polter – »dunkel anläuft,« – polter – »dann vergiß« – polter – »wenigstens nie,« – polter – »daß ich mein Leben« – polter – »für dich riskiert habe!«
    »Emerson, mein geliebter Emerson!« Ich eilte zu ihm und versuchte, ihn festzuhalten. »Hör auf, hier herumzuspringen. Anstrengende körperliche Betätigung wird die Zirkulation des Giftes in deiner Blutbahn nur beschleunigen!«
    Emerson hielt inne. »Das ist ein gutes Argument, Peabody.«
    Mein Herz klopfte rasend, als ich sein Gesicht ins Licht wandte. Die Wunde war nicht größer als ein Kratzer, und sie blutete auch nicht mehr. Oberflächlich und ausgezackt ähnelte sie auch keinesfalls dem Biß eines giftigen Reptils oder Insekts. Doch wurde meine zärtliche Besorgnis erst zerstreut, als Ramses sachlich bemerkte: »Hier ist weit und breit kein lebendiges Tier zu entdecken, Papa. Ich glaube, daß du dich an diesem Stück Metall verletzt hast. Es scheint außergewöhnlich …«
    Emerson stürzte sich auf Ramses. »Laß es sofort fallen, mein Junge!«
    Mit der Geschmeidigkeit eines Aals entwischte ihm Ramses. »Ich bin mir sicher, daß keine Gefahr besteht, Papa. Das Ding ist – oder war, bis du darauf rumgetrampelt hast – irgendein Schmuckstück. Das Material scheint Gold zu sein.«
    Gold! Wieviele Male in der Geschichte der Menschheit hing dieses Wort in der Luft und weckte die abenteuerlichsten Wünsche! Selbst wir, die wir während unserer archäologischen Laufbahn gelernt hatten, daß die kleinste Tonscherbe manchmal wichtiger ist als ein Juwelenschatz – selbst wir, das gebe ich zu, spürten, wie unser Puls schneller ging.
    Ramses hielt das Stück unter die Lampe. Der mattglänzende Schimmer auf seiner Oberfläche bewies die Richtigkeit seiner Vermutung.
    »Ich mag nicht, wenn du es in der Hand hältst, mein Junge«, sagte Emerson nervös. »Gib es Papa.«
    Ramses gehorchte und meinte, während er ihm das Stück aushändigte: »Ich versichere dir, Papa, deine Angst um mein Wohlergehen entbehrt jeder Grundlage. Geheimnisvolle, der Wissenschaft unbekannte Gifte sind eigentlich selten. Um genau zu sein, glaube ich, daß ich mit Gewißheit sagen kann, sie existieren nur in der Sensationsliteratur. Selbst die giftigsten pharmazeutischen Substanzen müssen in einer Größenordnung von mehreren Milligramm dosiert werden, um ihre tödliche Wirkung zu entfalten, und wenn du das Ganze einen Augenblick lang überdenkst, wirst du mir zustimmen, daß ein so kleines Stück Metall unmöglich eine entsprechende Dosis Gift enthalten …«
    »Wir haben deine Argumentation verfolgt, Ramses«, sagte ich.
    Emerson drehte das verbogene Metall in seinen Fingern. »Es scheint ein Ring zu sein«, sagte er schließlich leise.
    »Ich glaube, daß du recht hast, Emerson. Wie überaus seltsam! Warte – dreh ihn einmal anders herum. Ich habe irgend etwas gesehen …«
    »Da sind ein paar Hieroglyphen, die sich noch entziffern lassen«, ertönte die schrille Stimme meines unverbesserlichen Sprößlings. »Sie sind in die Fassung eingraviert, die die Form einer Kartusche hatte, um die königlichen Namen einzufügen. Die Hieroglyphe für das >n< stand im Alphabet ganz am Ende. Darüber seht ihr die Gestalt einer tierköpfigen Gottheit, die von zwei Schilfrohren umrahmt wird. Der Hinweis ist fraglos der auf Sethos, entweder den ersten oder den zweiten Pharao dieses Namens, und ich würde daraus schließen …«
    »Sethos!« entfuhr es mir. »Gütiger Himmel … kann es sein … aber es muß so sein! Daß er es wagen würde … daß er eine so unsägliche … eine solch unglaubliche Unverfrorenheit … daß … daß …«
    Emerson packte mich an den Schultern und schüttelte mich so heftig, daß Unmengen meiner Haarnadeln durch die Luft schossen. »Du bist hysterisch, Peabody«, brüllte er. »Beruhige dich … sei still … hör endlich auf zu schreien! Wovon sprichst du überhaupt? Wer zum Teufel ist Sethos?«
    Mir fiel ein, daß Emerson nicht zugegen gewesen war, als

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