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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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boten mit ihren weit aufgerissenen Augen und den staunenden Gesichtern nun ein hingerissenes Publikum. Enid umklammerte mit beiden Händen die Lehnen ihres Stuhls, als erwartete sie, jeden Augenblick heruntergezerrt zu werden. Nemo saß mit gesenktem Kopf, und auf seiner Wange zeichneten sich die Fingerspuren des Mädchens immer noch tiefrot ab.
    »Ha«, sagte Emerson zufrieden. »So ist es besser. Und nun, junge Dame, fangen Sie am besten zuerst an. Ich spreche Sie in dieser Form an, da ich mir sicher bin, daß Sie nicht Marshall heißen.«
    Ich konnte die Gerissenheit meines Gatten nur bewundern. Seine Aussage war so geschickt formuliert, daß sie keinesfalls die Tatsache preisgab – von der ich bis zum heutigen Tag fest überzeugt bin –, daß er immer noch keine Ahnung von ihrer wahren Identität hatte. Nur ein leichtes Flattern seiner Augenlider deutete auf sein Erstaunen hin, als sie zugab, wer sie wirklich war, und die Geschichte wiederholte, die sie mir bereits erzählt hatte.
    »Überaus interessant«, sagte Emerson. »Natürlich habe ich Sie gleich erkannt, Miss Debenham. Ich spielte – äh – nur auf Zeit, bis ich Sie schließlich zur Rede stellte.«
    Sein strenger Blick wanderte in meine Richtung und zu Mr. Nemo. Ich wollte etwas erwidern, ließ es dann aber sein.
    Emerson fuhr fort: »Allerdings, Miss Debenham, haben Sie in Ihrer überaus interessanten Schilderung etwas ausgelassen. Um genau zu sein, haben Sie alles Wichtige unerwähnt gelassen. Ich schätze, daß Sie diesen Mr. Nemo hier sehr gut kennen, denn sonst hätten Sie ihn sicherlich nicht so ungezwungen begrüßt. Wer ist er? In welcher Beziehung stehen Sie zueinander?«
    Nemo erhob sich. »Ich kann Ihnen diese und andere Fragen beantworten. Wenn ich damit Enid – Miss Debenham – die Schande ersparen kann, eine Geschichte zu wiederholen, die erfüllt ist von …«
    »Lassen Sie die Phrasendrescherei«, fuhr ihm Emerson ins Wort. »Ich bin ein geduldiger Mann, aber auch dem sind Grenzen gesetzt. Wie zum Teufel lautet eigentlich Ihr richtiger Name?«
    »Ich heiße Donald Fraser.«
    Ich mischte mich ein. »Ronald Fraser?«
    »Nein, Donald Fraser.«
    »Aber Ronald Fraser …«
    Das Zucken von Emersons Kinngrübchen warnte mich davor, daß er kurz vor einem geräuschvollen Wutausbruch stand. Ich hielt deshalb inne, und Emerson sagte mit ausgesprochener Höflichkeit: »Ich wäre Ihnen dankbar, Mrs. Emerson, wenn Sie sich jeglichen Kommentar – wenn möglich sogar lautes Atmen – verkneifen könnten, bis dieser Gentleman geendet hat. Fangen Sie noch einmal von vorn an, Mr. Fraser – denn Ihren Nachnamen halte ich zumindest für korrekt –, und erzählen Sie Ihre Geschichte vom Anfang bis zum Ende.«
    Aufgrund dieser Aufforderung gab der junge Mann die folgende Schilderung.
    »Ich heiße Donald Fraser. Ronald ist mein jüngerer Bruder. Unsere Familie ist alteingesessen und ehrenhaft. Nicht der kleinste Makel konnte jemals den Namen Fraser überschatten, bis vor kurzem …«
    »Hmhm«, meinte Emerson skeptisch. »Das möchte ich erst einmal dahingestellt sein lassen. Der alte Schotte war ein blutrünstiges Ungeheuer. Gab es da nicht diese Überlieferung über einen Ihrer Vorfahren, der die abgeschlagenen Köpfe seiner Feinde deren Witwen servierte?«
    Ich hüstelte leise. Emerson warf mir einen Blick zu. »Ganz recht, Amelia. Ich wollte ihn nicht unterbrechen. Fahren Sie fort, Mr. Fraser.«
    »Meine Geschichte ist rasch erzählt, Professor. Sie ist sicherlich recht profan, fürchte ich.« Lässig versuchte der junge Mann, seine Arme vor der Brust zu verschränken, stöhnte dann jedoch auf und ließ den verletzten Arm sinken. Für Sekundenbruchteile war der Gesichtsausdruck des Mädchens von Mitgefühl geprägt, und sie war schon im Begriff, sich zu erheben. Dann ließ sie sich jedoch sogleich wieder auf ihren Stuhl zurücksinken. Ha, dachte ich insgeheim, sagte aber nichts.
    Donald – wie ich ihn von nun an nennen werde, um jede Verwechslungsgefahr mit seinem Bruder auszuschließen – fuhr fort. »Als der Ältere war ich nach dem Tod unserer Eltern vor einigen Jahren der Erbe des Anwesens. Unsere Familie besaß keine Reichtümer, aber dank der umsichtigen Gutsverwaltung meines Vaters erbten wir genug, um in bescheidenem Wohlstand zu leben. Ich sage >wir<, weil die Hälfte meines Erbes moralisch, wenn auch nicht gesetzlich, Ronald zustand.
    Mein Vater hatte mir einen Posten in einem Regiment besorgt … Es besteht, so glaube ich, kein

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