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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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einen kannenweise mit Wasser übergoß, hielt ich es nicht für sinnvoll, ihnen diesbezüglich nachzueifern.
    Als sich Emerson zu mir gesellte, hatte ich Nemo gerade überredet, sein zerschlissenes Gewand abzulegen. Es war aussichtslos, dieses Kleidungsstück noch zu reparieren. Also schickte ich einen der umstehenden Männer, eines von seinen zu holen, und versprach natürlich, dieses zu ersetzen. Unter seinem Gewand trug Nemo die übliche, knielange Baumwollunterhose, die in der Taille von einem Zugband zusammengehalten wurde. Er errötete stark, und dieses sichtbare Zeichen der Beschämung gab mir die Gewißheit, daß er nicht so viel Blut verloren hatte, wie ich befürchtete.
    Ich eilte zu ihm, um ihn zu beruhigen. »Ich versichere Ihnen, Mr. Nemo, nackte Haut ist für mich nichts Ungewöhnliches. Ich habe mich um viele Verletzungen gekümmert und schon so manchen entblößten Oberkörper gesehen – und Sie brauchen sich wegen Ihrem nicht zu schämen. Um ehrlich zu sein, ist Ihr Brustkorb ganz prächtig entwickelt.«
    Ein knurrendes Geräusch erinnerte mich an die Gegenwart meines erzürnten Gatten, und ich beeilte mich hinzuzufügen: »Natürlich nicht so prächtig wie der von Emerson. Also, Emerson, während ich hier beschäftigt bin, werde ich dich über die neuesten Vorkommnisse informieren …«
    Aber dieser Vorschlag kam erst einmal nicht zum Tragen. Durch die Ansammlung der interessierten Zuschauer stürmte eine aufgebrachte kleine Gestalt mit vor Wut blitzenden Augen. Nemo unternahm einen verzweifelten Versuch, als wollte er sich umdrehen, hielt dann aber inne.
    Für Sekundenbruchteile herrschte ein von Gefühlen überwältigtes Schweigen zwischen den beiden, sie sahen sich nur an, und ihre Gesichter waren von der gleichen Leichenblässe. Enid hob eine ihrer zarten Hände und griff sich an die Kehle. »Du«, schluchzte sie. »Du …«
    In scharfem Ton mischte ich mich ein: »Enid, für den Augenblick können Sie jeden Gedanken an eine mögliche Ohnmacht beiseite schieben. Ich kann mich nicht um Sie beide kümmern.«
    »Ohnmacht?« Ihr Gesicht nahm wieder seine ursprüngliche Farbe an. Sie schoß nach vorn, erhob ihre Hand – und schlug Nemo mitten ins Gesicht! »Du blöder Idiot!« schrie sie.
    Selbst ich war erschüttert. Ein solches Benehmen und eine so unpassende Ausdrucksweise bei einer Dame machten mich vorübergehend sprachlos. Es war mein geliebter Emerson, der die Situation meisterte, wie nur er allein das kann. Enid wandte sich um und rannte los, die Hände vor ihr Gesicht gepreßt. Unsere Männer machten ihr Platz, Emerson allerdings nicht; sein kräftiger Arm schoß vor, umschlang ihr Taille und hob sie vom Boden hoch. Als sie tretend und – es tut mir leid, das sagen zu müssen – fluchend in seiner Umklammerung zappelte, sagte er ruhig: »Das geht mir entschieden zu weit. Ich habe mich damit abgefunden, die bloße Schachfigur jener unermeßlichen, übernatürlichen Mächte zu sein, die das Schicksal der Menschheit bestimmen. Aber ich will verflucht sein, wenn ich mich von bloßen Sterblichen manipulieren und selbst von dem einen Wesen für dumm verkaufen lasse, von dem ich geglaubt hatte, daß uns das stärkste Band der Treue und der Liebe einigte, ganz zu schweigen von Vertrauen.«
    Die Ausdruckskraft seiner Worte – und sein berechtigter Anlaß zur Klage – ließen mich tatsächlich unvermittelt erröten. Noch ehe ich antworten konnte, fuhr Emerson weitaus weniger blumig fort. »Setz dich«, knurrte er. »Sie auch, junge Dame …« Und er verfrachtete Enid so unsanft auf den nächsten Stuhl, daß zwei Kämme und einige Haarnadeln durch die Luft flogen. »Keiner verläßt hier das Geschehen, bevor ich nicht einen umfassenden Bericht über diese bemerkenswerten Vorfälle erhalten habe.«
    »Du hast ganz recht, Emerson«, murmelte ich. »Und ich werde mich auch hinsetzen – ganz sicher –, sobald ich mit dem Baden fertig bin …«
    »Du kannst ihn ebensogut im Sitzen baden«, donnerte Emerson.
    Ich setzte mich.
    Von dieser einlenkenden Geste besänftigt, senkte Emerson seine Stimme auf ein relativ erträgliches Maß. »Konzentriere dich lieber auf die Verletzung des jungen Mannes, Amelia. Wenn er sich waschen muß, kann er das auch allein.«
    »Ja, natürlich, Emerson. Ich habe nur …«
    »Genug, Amelia.« Emerson verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete uns mit gönnerhafter Miene. Die Männer hatten sich aufgrund seiner Anordnung sofort auf den Boden sinken lassen und

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