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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Hemdsärmel war blutgetränkt, und ich sagte, meinen Ärger abschüttelnd: »Sie sind nicht Sie selbst, Mr. Nemo. Der Blutverlust hat sie geschwächt, weshalb wir uns unverzüglich um Ihre Verletzungen kümmern müssen.«
    Zitternd und benommen ließ sich Nemo seinen Arm mit einem Streifen Stoff verbinden, den ich aus dem Saum seines Gewandes herausgerissen hatte. »Das wird die Blutung stoppen«, sagte ich. »Aber die Wunde muß gereinigt und neu verbunden werden. Lassen Sie uns sofort zum Haus zurückkehren.«
    »Was ist mit …?« fragte Nemo gestikulierend.
    Ich betrachtete den Toten. Sein leerer Blick schien intensiv in den dunkler werdenden Himmel zu starren. Die Aasgeier lauerten schon.
    »Drehen Sie ihn um«, sagte ich barsch.
    Nemo blickte von mir zu den über uns kreisenden Vögeln. Dann befolgte er schweigend meine Anweisung.
     
    Als wir zurückkehrten, standen die Hoftore offen, und Abdullah hatte sich davor aufgebaut. »Sitt«, fing er an, sobald wir in Hörweite gelangt waren. »Emerson hat immer wieder gefragt …«
    »Das kann ich mir vorstellen.« Emerson erschien mir wie er im Haus umherlief und meinen Namen brüllte. Ich hatte die vergebliche Hoffnung gehegt, daß er vielleicht immer noch von seiner Arbeit festgehalten wurde. Aber jetzt gab es keinen anderen Ausweg, als ihm zumindest einen Teil der Wahrheit zu gestehen.
    »Es ist ein Unfall passiert«, erklärte ich Abdullah, der auf Nemos blutdurchtränkten Ärmel starrte. »Nimm dir bitte Ali oder Hassan und geh sofort zu dem Hügel hinter den Zelten. Dort werdet ihr einen Toten finden. Tragt ihn hierher.«
    Abdullah fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Keinen Toten, Sitt. Nicht noch einen Toten …« Ein belebender Hoffnungsfunke glitt über sein angespanntes Gesicht. »Sie meinen eine Mumie, Sitt? Einen uralten Toten?«
    »Es tut mir leid, aber der dort ist ziemlich frisch«, gab ich zu. »Ihr solltet vielleicht besser eine Trage oder etwas Ähnliches bauen, damit ihr ihn transportieren könnt. Kümmere dich bitte darum. Ich kann hier nicht plaudernd mit dir herumstehen, oder siehst du nicht, daß Mr. Nemo ärztliche Hilfe braucht?«
    Murrend und händeringend stapfte Abdullah davon. Einige seiner Worte waren verständlich: »Schon wieder ein Toter. Jedes Jahr das gleiche. Jedes Jahr ein weiterer Toter …«
    »Verstehe ich das richtig, daß es eine Angewohnheit von Ihnen ist, Tote aufzuspüren?« fragte Nemo.
    Ich zog ihn in Richtung des Hauses. »Gewiß nicht, Mr. Nemo. Ich suche nicht danach, sie kommen sozusagen zu mir. Und jetzt überlassen Sie mir bitte das Reden. Emerson wird das gar nicht gefallen.«
    Noch bevor wir die Eingangstür erreicht hatten, schoß Emerson auf uns zu. Als er uns bemerkte, blieb er kurz stehen. Das Blut schoß ihm in den Kopf. »Nicht schon wieder!« brüllte er. »Ich habe dich gewarnt, Amelia …«
    »Pst.« Ich legte den Zeigefinger auf meine Lippen. »Es besteht kein Anlaß, einen solchen Wirbel zu veranstalten, Emerson. Du wirst damit nur Aufruhr …«
    »Einen solchen Wirbel? Einen solchen Wirbel?« Emersons Stimme überschlug sich, was bei ihm nur selten vorkam. »Was zum Teufel hast du dir eigentlich dabei gedacht? Du verschwindest stundenlang, und dann kommst du völlig sandig und aufgelöst zurück, mit diesem blutigen …«
    »Emerson! Deine Ausdrucksweise!«
    »Das Adjektiv war im übertragenen Sinne gemeint«, erklärte Emerson. »Mr. Nemo, habe ich das so zu verstehen, daß ich Ihnen erneut danken muß, weil Sie ein Mitglied meiner engeren Familie vor Mord und Totschlag bewahrt haben?«
    »Wir werden dir alles erklären, Emerson«, sagte ich einlenkend. »Mr. Nemo verdient tatsächlich deinen Dank, und als erstes Zeichen unserer Dankbarkeit sollte ich mich um die Wunden kümmern, die er sich aufgrund seiner Tapferkeit in unseren Diensten zugezogen hat. Bist du bitte so nett und holst mir meine medizinische Ausrüstung? Ich glaube, ich kann ihn draußen untersuchen, da ist das Licht besser, und er wird auch kein Blut auf meine Kissen schmieren.«
    Schweigend und umsichtig tat Emerson, wie ihm geheißen, und ich führte Nemo zur Rückseite des Hauses, wo ich eine einfache, aber funktionsfähige Waschecke eingerichtet hatte. Es war sogar möglich, hinter einer bescheidenen Vorrichtung aus gewebten Matten zu baden, wobei ein Graben als Abwasserrinne diente. Emerson und Ramses badeten täglich, Emerson freiwillig, Ramses gezwungenermaßen; aber da für diesen Vorgang ein Diener benötigt wurde, der

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