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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Tarek blickte ihr nach, bis der Schein ihrer Lampe in der Dunkelheit nicht mehr zu sehen war.
    »Kommt«, sagte er mit wohltönender Stimme. »Ihr sollt alles erfahren, aber jetzt dürfen wir keine Zeit verlieren. Ihr müßt Euch wieder in Euren Gemächern befinden, ehe die Morgendämmerung sich über den östlichen Himmel breitet.«
    Emerson stieg zuerst die Stufen hinab, während Tarek ihm leuchtete. Ich wollte meinem Gatten schon nachgehen, als ich feststellte, daß Ramses – reglos wie ein Holzklotz – immer noch an der gleichen Stelle stand und sich seit dem Beginn des Gesprächs nicht gerührt hatte.
    »Ramses!« zischte ich. »Was zum Teuf … Komm sofort her!«
    Ramses fuhr zusammen. Als er sich umdrehte, bemerkte ich, daß er den geistesabwesenden, verwirrten Gesichtsausdruck eines Schlafwandlers hatte. Ich packte ihn und schüttelte ihn heftig. »Steig da runter!« befahl ich.
    Er gehorchte, wobei er nicht einmal ein »Ja, Mama« von sich gab. Eine schreckliche Vorahnung ergriff mich.
    Tarek kam als letzter die Treppe hinab und schloß die Falltür. Während wir den Pfad zurückeilten, den wir gekommen waren, erzählte er uns zwar nicht alles, aber eine ganze Menge.
    »Ich lebte noch im Haus der Frauen (also war er weniger als sechs Jahre alt gewesen, denn in diesem Alter verlassen die Knaben die Obhut ihrer Mütter), als die Fremden kamen. Ich war sehr erstaunt. Noch nie hatte ich solche Menschen gesehen, besonders die Frau mit ihrem seltsamen weißen Gesicht und ihrem Haar, das leuchtete wie ein Fluß im Mondlicht. Mein Onkel Pesaker, seit kurzem der Hohepriester Aminrehs, fürchtete sich vor dem weißen Mann und hätte ihn töten lassen, hätte meine Mutter nicht aus den alten Büchern der Weisheit zitiert, die uns sagen, daß die Götter den lieben, der die Durstigen tränkt und die Nackten kleidet. Die Frau war sehr krank, und sie erwartete ein Kind. Die Worte meiner Mutter rührten meinen Vater, der ein gütiger Mann war. Bald schätzte er den weißen Mann sehr, denn er beriet ihn gut und lehrte ihn viele Dinge. Auch ich liebte den Fremden und hing an seinen Lippen, wenn er von der großen Welt jenseits dieses Tals erzählte. Nachdem das Kind geboren war, ging seine Mutter zum Gott. Die Hofdamen meiner Mutter nährten das Mädchen, denn ihr Vater wollte nichts von ihr wissen. Später jedoch lernte er sie lieben und war glücklich, sich um sie kümmern zu können. Er nannte sie Nefret, die Schöne, und das war sie auch … Aber Ihr habt sie ja selbst gesehen. Sie ähnelt einer weißen Lotosblüte, und als ich sie zum erstenmal erblickte, griff sie nach meiner Hand und lächelte mich an.«
    Er schwieg eine Weile. Dann fuhr er fort: »Ich muß mich kurz fassen, denn bald wird das Reden zu gefährlich. Der Weise, wie wir ihn nannten, hatte geschworen, für immer bei uns zu bleiben. Er sagte, er hasse die Welt da draußen, und er bezeichnete uns als seine Kinder. Doch eines Tages wurde er krank, und er spürte den kalten Hauch des Seelensammlers. Und als er die Augen aufschlug, sah er, daß seine Tochter bald kein Kind mehr sein würde, sondern eine erwachsene Frau. Meine Mutter war gestorben. Mein Vater war ein alter Mann. Und mein Bruder – mein Bruder Nastasen hatte auch bemerkt, daß Nefret allmählich zur Frau erblühte. Wer könnte sie erblicken, ohne sich nach ihr zu sehnen …«
    »Ich glaube, Ihr liebt sie auch«, sagte ich leise. »Aber Ihr wollt ihr trotzdem zur Flucht verhelfen?«
    Tarek seufzte. »Der Tag kann sich nicht mit der Nacht vereinen und das Schwarze nicht mit dem Weißen.«
    »Papperlapapp«, meinte Emerson. »Dummes Gewäsch!«
    »Pssst, Emerson«, zischte ich. »Ihr seid ein edler Mann, Tarek.«
    »Sie muß zu ihrem Volk zurückkehren. Das war der Wunsch ihres Vaters«, erwiderte Tarek. Wieder seufzte er. »Ich werde Mentarit heiraten, die ich auch liebe. Sie wird meine Hauptfrau sein, Königin des Heiligen Berges.«
    Er blieb stehen und hielt die Lampe hoch. »Jetzt müssen wir schleichen wie die Eidechsen unter dem offenen Himmel. Hört zu. Von Forth habe ich auch gelernt, daß alle Menschen vom Gesetz her Brüder sind. Als er mich losschickte, um Nefrets Volk zu finden, sah ich die Welt des weißen Mannes. Dort gibt es zwar auch Grausamkeit und Leid, aber einige unter Euch kämpfen für die Gerechtigkeit. Ich wollte meinem Volk diese Gerechtigkeit bringen. Und ich stellte auch fest, daß eine weitere Sache, vor der Forth mich gewarnt hatte, der Wahrheit entsprach: Die

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