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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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sagte sie.
    Ihre Stimme klang lieblich und sanft; sie hatte einen leicht fremdländischen Akzent. Ramses gab wieder ein Gurgeln von sich, und von Emerson – der unter seiner rauhen Schale sehr sentimental ist – war ein erstickter Laut zu vernehmen.
    Ich lief auf sie zu und nahm sie in meine Arme. Was ich gesagt habe, weiß ich nicht mehr, man kann jedenfalls davon ausgehen, daß ich nicht schwieg.
    Einen Augenblick lang klammerte sie sich an mich, und ich spürte, wie einige heiße Tränen meine Schulter benetzten. Doch sie faßte sich rasch. »Entschuldigen Sie«, sagte sie und trat einen Schritt zurück. »Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben. Sie ahnen ja nicht, was es für mich bedeutet … Aber wir schweben in großer Gefahr und dürfen keine Zeit verlieren. Sie werden … Sie können … Sie werden mich doch nicht hier zurücklassen?«
    Emerson räusperte sich geräuschvoll, trat vor und streckte die Hand aus. Als sie ihm die ihre reichte, schlossen sich seine kräftigen, gebräunten Finger fest darum. »Genausowenig könnte ich Ramses im Stich lassen«, verkündete er.
    »Ramses.« Sie lächelte ihm zu. »Entschuldige, daß ich dich noch nicht begrüßt habe. Ich habe schon viel von dir gehört; von … von einem Freund.«
    »Du mußt uns verzeihen, liebes Kind«, sagte ich. »Weil wir dich so unhöflich angestarrt und uns benommen haben, als hätten wir den Verstand verloren. Wir hatten ja keine Ahnung, daß du hier bist.«
    »Ehrlich gesagt wußten wir gar nichts von deiner Existenz«, meinte Emerson. »Du mußt Willoughby Forths Tochter sein, aber du wirkst so … Wie alt bist du denn, mein Kind?«
    »Am fünfzehnten April bin ich dreizehn geworden«, lautete die Antwort. »Mein Vater hat mir beigebracht, die Jahre zu zählen, wie man es in England tut, und mir eingeschärft, dieses Datum nicht zu vergessen. Er hat mich auch vieles andere gelehrt, damit ich mich stets meiner Herkunft erinnere. Doch Sie müssen entschuldigen, wenn ich Ihre übrigen Fragen nicht beantworte – sicherlich wollen Sie vieles wissen, und ich ebenfalls. Wenn ich nicht sofort zurückkehre und man meine Abwesenheit bemerkt, droht meinen treuen Mädchen, von denen ich leider nur wenige habe, ein grausiges Schicksal. Unser Treffen wurde in höchster Eile arrangiert, ohne Vorsichtsmaßnahmen, die mir lieber gewesen wären. Gerade erst haben wir erfahren, daß man Ihnen eine Frau vorgeführt hat, die sich als Hohepriesterin ausgab. Ich hatte solche Angst, daß Sie ihr glauben und mich zurücklassen könnten!«
    »Warte, liebes Kind!« rief ich aus. »Die Fragen, die nur unsere Neugier befriedigen sollen, müssen selbstverständlich warten, aber es gibt noch andere, die von größter Wichtigkeit sind. Wie sollen wir mit dir in Verbindung treten? Wem können wir trauen? Offenbar ist diese Stadt ein Intrigantennest.«
    »Sie haben recht, Mrs. Emerson.« Mentarit berührte sie an der Schulter und flüsterte ihr etwas ins Ohr, worauf sie nickte. »Ja, wir müssen uns beeilen. Keine Sorge, Sie werden auf diese Fragen und auch auf die anderen eine Antwort erhalten, und zwar von dem Menschen, der Sie zu Ihrem Haus begleiten wird.«
    »Mentarit?«
    »Nein, sie muß mit mir zurückkehren. Aber Sie kennen Ihren Führer – er ist der Freund, von dem ich gesprochen habe, mein bester Freund.« Als sie sich umwandte, trat aus einem Gang hinter ihr ein Mann. Er trug den kurzen, grobgewebten Rock des gewöhnlichen Volkes; eine Kapuze oder Maske aus demselben Stoff bedeckte den oberen Teil seines Gesichts. Füße, Brust und Arme waren nackt und ungeschmückt und verrieten nichts über seinen Rang. Allerdings erkannte ich ihn, ehe er sich die Kapuze aus der Stirn schob.
    »Prinz Tarek«, sagte ich. »Also seid Ihr der Freund der rekkit .Das habe ich mir gedacht.«
    »Eure Augen sind scharf wie die eines Adlers, Herrin«, erwiderte Tarek mit einem Lächeln. »Ich kam in der Dunkelheit zu Euch, denn ich wußte, Ihr würdet Euren Diener auch maskiert und im Gewand eines einfachen Mannes erkennen. Nun müssen wir uns beeilen. Und du, kleine Schwester …«
    Sie umarmte ihn heftig. Es war die unschuldige Umarmung eines Kindes; ihr schimmernder Blondschopf reichte ihm kaum bis an die Schulter. »Sei vorsichtig, Bruder. Ich werde bereit sein, wenn du mich rufst.«
    Und mit einem letzten strahlenden Lächeln hüllte sie sich wieder in ihre Schleier und verschwand durch die Tür, durch die Tarek gekommen war. Mentarit und das andere Mädchen folgten ihr.

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