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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Spielchen könnten sich als recht unangenehm entpuppen.«
    Die körperliche Bewegung und die frische Luft taten uns gut, obwohl das Wetter nicht sehr gesundheitsfördernd war. Ein Sandnebel verhüllte die Sonne, was allerdings nicht zur Folge hatte, daß es kühler wurde. Als wir unser Ziel erreichten, war ich außer Atem – vor gespannter Erwartung und Erschöpfung. Wir standen vor den großen Toren des Palastes, in dem ich die Königin besucht hatte.
    Ihre hellen und offenen Gemächer hatten sich inmitten von Höfen und hübschen Gärten befunden. Heute jedoch kamen wir nicht einmal in ihre Nähe, sondern marschierten schnurstracks durch immer finsterer werdende Räume in den hinteren Teil des Palastes, der in die Klippen gehauen war. Seine Wirkung war recht beeindruckend, und die Schatten verliehen ihm eine düster-majestätische Atmosphäre, die ihrem Zweck angemessen schien. Ganz offensichtlich handelte es sich um die mit Statuen, Wandbehängen und Gemälden ausgestatteten Prunkgemächer des regierenden Monarchen. Jedoch fehlten die friedlichen Darstellungen von Vögeln, blühenden Blumen und laufenden Tieren, wie Emerson und ich sie in den Palästen von Amarna ausgegraben hatten. Alle Abbildungen zeugten von der Herrschaft und den kriegerischen Erfolgen des Königs. Die eisenbeschlagenen Räder seines Wagens zermahlten die von seinen Pfeilen niedergestreckten Feinde; mit erhobenem Knüppel schlug er einem knienden Gefangenen den Schädel ein.
    Schließlich erreichten wir einen Raum, der größer war als alle, die wir bisher hier gesehen hatten. Dutzende von Fackeln und Lampen waren nötig, um allein seine Mitte zu beleuchten. Außerhalb des Lichtkegels sah die Decke aus wie ein dunkler Baldachin, und die Seitenwände versanken in Finsternis. Auf einem Podest vor uns stand ein vergoldeter Stuhl. Seine Füße hatten die Form von Löwenpranken; Löwenköpfe bildeten das Vorderteil der Armlehnen. Der Stuhl war leer bis auf einen Gegenstand, der auf der kissenbedeckten Sitzfläche ruhte. Er war glatt, rund und weiß und in einen Rahmen aus versteiften, blutroten Schilfgräsern eingelassen – die alte Doppelkrone, die die Vereinigung der beiden Länder Ober- und Unterägypten symbolisierte. In dieser abgelegenen Oase jedoch erinnerte sie nur noch an längst verflossene ruhmreiche Zeiten.
    Der Saal war voller Menschen. Reglos wie Statuen standen sie da, aber ihre Augen funkelten mir aus der Dunkelheit entgegen, und ich erkannte, daß es sich um Vertreter aller Klassen dieser seltsamen Gesellschaft handelte. Reihe um Reihe bewaffneter Soldaten, Höflinge und Adlige, Männer und Frauen in prächtigen Gewändern. Sogar ein Grüppchen rekkit war anwesend; sie drängten sich in einer eigenen Einfriedung und wurden streng bewacht.
    Am Fuße der Stufen, die zum Thron hinaufführten, stand im rechten Winkel zum Podest ein weiterer Stuhl, ebenfalls geschnitzt, aber weniger prunkvoll. Ihm gegenüber befanden sich drei schmucklose Holzstühle mit Sitzflächen aus geflochtenem Schilf. Zu diesen wurden wir geführt.
    »Offenbar sollen wir nur zusehen und nicht selbst tätig werden«, bemerkte Emerson. Obwohl er nicht lauter sprach als sonst, hallte seine Stimme vielfach von den Wänden wider. Die Augen, die uns beobachteten, blitzten auf, als hätten sie sich für einen Moment alle in unsere Richtung gedreht.
    Nachdem wir Platz genommen hatten, geschah lange Zeit nichts. Ich vertrieb mir die Zeit, indem ich den Raum und seine Ausstattung betrachtete. Es gibt eine gute Methode, seine Augen der Dunkelheit anzupassen: Man richtet den Blick auf die finsterste Stelle und vermeidet, die Lampen anzusehen. Allmählich nahm ich Einzelheiten wahr, die mir zuvor entgangen waren. Der Raum wurde etwa im Verhältnis zwei zu drei von einer längs verlaufenden Reihe niedriger Säulen geteilt. Ich nahm an, daß sich hinter mir eine weitere Säulenreihe befand. Hinter dem Thron entdeckte ich eine Tür, die ich nur als ein noch dunkleres Rechteck ausmachen konnte. Zur Rechten dieser Tür tat sich eine andere, größere Öffnung auf …
    Ein kalter Schauder durchfuhr mich. Es handelte sich bei dieser Öffnung nicht um eine Tür, sondern um eine tiefe und breite Nische, und es war etwas darin. Was, um Himmels willen, mochte es sein? Obwohl es nicht aus leblosem Stein bestand, ragte es hoch empor wie ein behauener Felsen. Es war lebendig; ich spürte die Bewegung mehr, als daß ich sie sah. Ich hörte etwas – war es das Echo meines eigenen,

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