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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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stimmen mit denen überein, die von Lepsius dem König Nastasen zugeschrieben wurden.«
    Ich konnte nicht mehr an mich halten. Ich sprang auf und stieß ein lautes »Hurra!« aus.
    Emersons Reaktion bestand in einer Schimpfkanonade. (Offenbar hatte ich durch meine plötzliche Bewegung eine ziemliche Menge Sand in den Graben geschleudert.) Die Männer tanzten jubelnd herum. Ich wandte mich an Kemit, der wie immer abseits stand und das Tohuwabohu mit spöttischem Lächeln beobachtete.
    »Bitte, Kemit, holen Sie das dünne Papier und die Zauberstäbchen zum Zeichnen«, wies ich ihn an. »Und eine Lampe.«
    Kemit sah mich aus großen, dunklen Augen an. »Nastasen«, wiederholte er.
    Er sprach es zwar anders aus, aber ich verstand ihn. »Ja, ist das nicht aufregend? Das ist die erste Pyramide, die wir einem Besitzer zuordnen können – die erste, die jemals genauer bestimmt worden ist.«
    Kemit murmelte etwas in seiner Sprache. Ich glaubte ein Wort aus Ramses’ Vokabelliste zu erkennen. Es bedeutete »Omen« oder »Vorzeichen«.
    »Das hoffe ich«, meinte ich lächelnd, »ich hoffe, es ist ein Vorzeichen für weitere solche Entdeckungen. Beeilen Sie sich, Kemit, der Sand ist locker, und ich möchte nicht, daß der Professor länger als nötig dort unten bleibt.«
    Nun, es gelang uns, den Stein freizulegen und die Inschrift festzuhalten. Es handelte sich, wie Emerson vermutet hatte, um den Titel von König Nastasen Ka’ankhre, einem der letzten Könige der meroitischen Dynastie. Eine Stele aus dem Besitz dieses Königs hatte Lepsius für das Berliner Museum mitgenommen. Laut Inschrift behauptete Nastasen, der Gott Amon selbst habe ihm die Krone verliehen; weiterhin schilderte er verschiedene Feldzüge gegen einen Eroberer aus dem Norden, bei dem es sich um den Perserkönig Kambyses gehandelt haben könnte.
    Diese wirklich aufregende Entdeckung beschäftigte uns einige Tage lang, doch schließlich konnte mich nicht einmal die Hoffnung auf weitere Funde von meiner Sorge um den armen Reggie ablenken. Emerson war am sechsten Tag nach dem Aufbruch des jungen Mannes auf die Gesteinsplatte gestoßen. An diesem Abend hatten wir frühestens mit seiner Rückkehr rechnen können, falls sich die Karte als Fälschung erwiesen und er, wie versprochen, aufgegeben hatte.
    Doch es wurde dunkel, ohne daß wir ihn zu Gesicht bekamen. Als ich am Abend nicht auf ihn zu sprechen kam, legte selbst Ramses ein taktvolles Schweigen an den Tag, das ich ihm nie zugetraut hätte. Schließlich, so sagte ich mir, war es der früheste Zeitpunkt, an dem wir ihn zurückerwarten durften. Und sein Bote hätte aus allen möglichen Gründen aufgehalten werden können.
    Aber als zwei weitere Tage ohne eine Nachricht von ihm verstrichen, fürchtete ich das Schlimmste. Emerson tat zwar so, als kümmere ihn das alles nicht; hin und wieder jedoch, wenn er sich unbeobachtet glaubte, schwand der maskenhaft unbeteiligte Ausdruck aus seinem gebräunten Gesicht, und er wirkte so besorgt, wie ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte.
    Am Abend des achten Tages verließ ich das Lager; ich fühlte mich in die Wüste hinausgezogen wie von einem Magnet. Im Westen leuchtete der Himmel grell kupferfarben und violett; die letzten Sonnenstrahlen waren noch am Horizont zu sehen, als zögerten sie, das Land der Lebenden der finsteren Nacht zu überlassen. Das Funkeln des Sonnenuntergangs war dem wehenden Sand zu verdanken. Ich dachte an die heftigen Stürme, die Männer und Kamele innerhalb einer Stunde verschütten konnten. Das Schlimmste war, daß wir vielleicht nie erfahren würden, was aus ihnen geworden war. Eine Rettungsexpedition wäre närrisch gewesen. Wenn die Karawane nur einen Kilometer vom Wege abgekommen war, hätte sie sich ebensogut auf der anderen Seite des Erdballs befinden können.
    Die Farben des Sonnenuntergangs verblaßten – nicht nur, weil die Sonne unterging, sondern weil Tränen meinen Blick verschleierten. Ich ließ ihnen freien Lauf, um meinen Schmerz zu lindern.
    Plötzlich spürte ich, daß jemand in meiner Nähe war; nicht, weil ich ein Geräusch oder eine Bewegung wahrgenommen hätte, sondern aus einem sechsten Sinn heraus, der mich den Kopf wenden ließ. Kemit stand hinter mir.
    »Sie weinen, Herrin«, sagte er. »Ist es wegen des feuerhaarigen jungen Mannes?«
    »Seinetwegen und wegen der tapferen Männer, die vielleicht mit ihm zugrunde gegangen sind«, antwortete ich.
    »Dann sparen Sie sich die Tränen, Herrin. Sie sind in Sicherheit.«
    »In

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