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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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meiner Geschichte. »Doch, Ramses«, antwortete ich. »Ganz im Gegenteil. Das heißt … jetzt mach dir keine Gedanken mehr und schlaf ein.«
    Natürlich tat er das nicht, und nachdem Emerson so weit gegangen war, wie er konnte, ohne Ramses’ Aufmerksamkeit zu erregen, mußte er von mir ablassen. Lange nachdem mir sein regelmäßiger Atem verraten hatte, daß er in Morpheus’ Armen schlummerte, lag ich wach. Ich blickte zum dunklen Zeltdach hinauf und stellte mir dieselbe Frage, die Ramses vorhin beschäftigt hatte. War wirklich alles unternommen worden? Doch nur die Zeit würde es erweisen.
     
    Die Karawane sollte bei Sonnenaufgang aufbrechen, aber im Orient geschieht nichts nach Plan. Es war schon fast Mittag, als Reggie endlich sein Kamel bestieg. Es erhob sich auf die unbeholfene Art, die diesen Tieren eigen ist. Reggie klammerte sich schwankend mit beiden Händen an den Sattelknauf. Emerson, der neben mir stand, stieß einen Seufzer aus. »Er wird hinunterfallen, ehe er auch nur einen Kilometer weit gekommen ist.«
    »Psst«, zischte ich. »Entmutige ihn nicht.«
    Wenigstens befand sich das Kamel in gutem Zustand. Es gehörte zur wertvollen Rasse der weißen Rennmeharis, die bei den Beduinen sehr beliebt ist. Wie Emerson es geschafft hatte, den Besitzer zur Herausgabe des Tiers zu bewegen, wagte ich nicht zu fragen. Die übrigen Kamele waren die besten unter denen, die in meiner Obhut standen. Die Militärbehörden hatten sich rundheraus geweigert, uns Tiere aus ihren Beständen leihweise zur Verfügung zu stellen. Doch nachdem sich die Wirksamkeit meiner medizinischen Behandlung bei den Scheichs am Ort herumgesprochen hatte, hatten sie mir ihre Tiere zur Pflege übergeben. Mit astronomischen Summen hatte man sie überzeugen können, die Wüstenschiffe an Reggie zu vermieten. Vier der Kamele waren mit Lebensmitteln und Wasser beladen. Letzteres war besonders lebensnotwendig und wurde in Schläuchen aus Ziegenhaut transportiert, von denen jeder etwas über acht Liter faßte. Reggie wurde von vier Dienern begleitet. Drei stammten aus der Gegend, der vierte hieß Daoud und war einer von Reggies nubischen Bediensteten – ein äußerst abstoßender Bursche mit einem wallenden, schmutzigen, schwarzen Bart; außerdem schielte er auf einem Auge. Doch da er seinem Herrn treu ergeben war, verzieh ich ihm sein Äußeres. Die anderen Diener hatten sich strikt geweigert, Reggie zu begleiten.
    Vorsichtig nahm Reggie eine Hand vom Sattel und zog den Hut. Das Sonnenlicht ließ seine Züge markant erscheinen und sein mit Pomade geglättetes Haar glänzen. »Leben Sie wohl, Mrs. Emerson – Professor – Ramses, mein junger Freund. Falls wir uns nicht mehr wiedersehen …«
    Ich stieß einen Entsetzensschrei aus. »So etwas dürfen Sie nicht einmal denken, Reggie! Verlieren Sie den Mut nicht und glauben Sie an die Macht, die die Tapferen schützt. Ich werde Sie in meine Gebete einschließen …«
    »Als ob ihm das etwas nützen würde«, knurrte Emerson. »Vergessen Sie Ihr Versprechen nicht, Forthright. Falls die verflixte Karte korrekt ist, sollten Sie am Ende des dritten Tages beim ersten Orientierungspunkt – den Zwillingstürmen – ankommen. Wenn Sie wollen, können Sie noch einen weiteren Tag anhängen, Wasser und Lebensmittel reichen für mindestens zehn Tage. Doch dann müssen Sie umkehren. Finden Sie den ersten Orientierungspunkt nicht, beweist das, daß man der Karte nicht trauen kann. Und wenn Sie ihn finden – ganz unwahrscheinlich, aber nur für den Fall –, schicken Sie uns sofort einen Boten.«
    »Ja, Herr Professor«, antwortete Reggie. »Wir sind das einige Male durchgegangen. Ich habe Ihnen mein Wort gegeben, und selbst falls ich es brechen wollte – was ich nie täte –, bin ich hoffentlich vernünftig genug, um die Gefahr …«
    »Er war zu lange bei uns«, meinte Emerson zu mir. »Er klingt schon fast wie Ramses. Nun gut, Forthright. Wenn sie schon unbedingt losmüssen, warum zum Teufel gehen Sie dann nicht?«
    Diese Worte zerstörten die dramatische Abschiedsstimmung, und Reggies ägyptischer Diener verdarb die Atmosphäre noch mehr: Er stieß ein jaulendes Gejammer aus wie ein Klageweib bei einem Begräbnis, als sein Herr davonritt. Emerson mußte ihn schütteln, damit er aufhörte. Die Sonne stand hoch über unseren Köpfen, so daß die davonreitenden Gestalten keine Schatten warfen. Langsam wurden sie kleiner und kleiner, bis sie in einem Nebel aus flirrender Hitze und wehendem Sand

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