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Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod

Titel: Amelia Peabody 07: Die Schlange, das Krokodil und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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war. Um seine Unschuld und die des Dorfes insgesamt zu beteuern, rief er sämtliche Heiligen des Islam an, angefangen beim Propheten. Ich versicherte ihm, daß wir im Unterschied zu gewissen tyrannischen Staatsorganen nicht ein ganzes Dorf für die Missetat eines einzelnen Mannes bestrafen würden. Dann machte ich ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen konnte.
    Erst als wir die Uferböschung zum Landungssteg hinabkletterten, fand Cyrus die Sprache wieder. »Tot oder lebendig? Eine Belohnung auszusetzen, ist eine hervorragende Idee, Amelia, aber mußten Sie denn sagen, daß …«
    »Das war nur arabisches Wortgeklingel«, versicherte ich ihm. »In dieser Form klang es nachdrücklicher.«
    »In der Tat. ›Seinen Kopf in einem Korb‹ ist eine ziemlich drastische Formulierung.«
    »Ich habe betont, daß ich ihn lieber lebend will. Aber ich gebe mich mit allem zufrieden.«
    Cyrus schüttelte den Kopf und machte sich auf den Weg zu seiner Kabine; ich sah nach Emerson. Er schlief tief und fest wie erwartet, weil ich eine Prise Laudanum in seine Wasserflasche geschüttet hatte. In dieser Hinsicht beruhigt, ging ich in meine Kabine, nicht um mich auszuruhen, wie ich Cyrus versprochen hatte, sondern um meine nächsten Schritte zu planen.
    Als die erschöpften Arbeiter von der Ausgrabung zurückkamen, hatte ich meine Strategie ausgearbeitet. Der schwierigste Teil bestand in der Frage, wen ich ins Vertrauen ziehen sollte und in welchem Maß. Von Emerson konnte ich nicht die geringste Unterstützung erwarten. Allerdings hoffte ich, ihn auf die eine oder andere Weise dazu bewegen zu können, seine Absichten, was die Ausgrabung betraf, offenzulegen. Da Cyrus, wie ich befürchtete, seine gutgemeinte, wenngleich alberne Idee, mich zu schützen, noch nicht gänzlich aufgegeben hatte, würde ich Mittel und Wege finden müssen, mich seiner Aufmerksamkeit zu entziehen, wenn sie mir nicht in den Kram paßte. Männer sind zuweilen eine schreckliche Plage. Das Leben wäre um so vieles leichter, wenn Frauen keine Zugeständnisse an ihre kleinen Absonderlichkeiten machen müßten.
    Leichter, jedoch bei weitem nicht so interessant. Der Anblick meines nun bartlosen Gatten, der mich über den Eßtisch hinweg finster ansah, jagte mir einen wohligen Schauder durch den Körper und erinnerte mich daran, daß keine Anstrengung zu groß war, um ihn vor Gefahr zu schützen. Zu meinem Bedauern hatte ich das Grübchen in Emersons Kinn, das er verabscheute und das mir so gut gefällt, zukleben müssen; auch sein Nasenrücken und seine Oberlippe waren durch Heftpflaster verunziert. Doch sein markanter Kiefer war nun endlich wieder sichtbar. Die herrliche Form der – leider nur – einen Wange bot sich meinem liebevollen Blick dar.
    Gerade, als ich ihm das Kompliment machen wollte, wie sehr sich sein Aussehen verbessert habe, kam Cyrus herein und entschuldigte sich mit verlegenem Gesicht für seine Unpünktlichkeit. Ich ließ meine Serviette fallen.
    »Cyrus! Sie haben sich den Bart abrasiert!«
    »Eine Geste der Solidarität«, sagte der Amerikaner und sah dabei Emerson an.
    »Die hätten Sie sich sparen können«, sagte Emerson. »Sie hätten standhaft bleiben sollen, Vandergelt. Sie sehen lächerlich aus.«
    »Ganz und gar nicht«, sagte ich, während ich die Wirkung begutachtete. »Mir gefällt es, Cyrus. Sie haben ein schönes, wohlgeformtes Kinn. Wirklich, jetzt sehen Sie um zehn Jahre jünger aus.«
    Emerson wechselte sofort das Thema und verlangte von René einen Bericht über die Arbeit am Nachmittag.
    »Sie hatten recht, Professor«, sagte René. »Das zweite Gebäude scheint von genau der gleichen Größe zu sein wie das Nachbarhaus, fünf Meter breit und zehn Meter lang. Auch der Grundriß ist derselbe – es gibt insgesamt vier Räume. In dem einen Raum, wo wir einen Herd mit einem rauchgeschwärzten Stück Putz darüber fanden, ist ein Teil der Decke eingestürzt. Sie besteht aus einem Geflecht, das mit Lehm bedeckt ist …«
    »Das Dach, nicht die Decke«, fauchte Emerson. »Die Häuser waren einstöckig. Treppen führten hinaus aufs Dach, das offen war, aber als zusätzlicher Wohn- und Lagerraum genutzt wurde. Charles – was ist mit dem anderen Haus?«
    Erneut hatte sich Emersons Vermutung als richtig erwiesen. Das Gebäude war größer und im Grundriß weniger schlicht als die kleineren Häuser; die Einfriedungsmauer diente nach Süden und Osten als Seitenwand. Nach weiteren Erörterungen verkündete Emerson: »Es gibt keinen Zweifel

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